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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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eine Kevlarweste und fühlte sich so schutzlos wie ein Huhn auf dem Präsentierteller.
    Worauf zum Teufel wartet er?
    Ein Blitz zuckte. Unmittelbar danach grollte Donner, sodass der Boden des Turms bebte. Sabine lief eine Gänsehaut über die Arme. Im selben Moment stieß Sneijder die Tür auf und glitt in den Raum. Mechanisch folgte sie ihm. Der Raum war schmal und lang gezogen. Die Taschenlampe zuckte im Uhrzeigersinn in jeden
Winkel. Spiralförmig leuchtete Sneijder das Zimmer aus. Stühle, Schränke und Tische standen darin. An den Wänden klebten Plakate.
    »Schauen Sie in den Schrank, und sichern Sie die Tür!«, befahl er und lief zum anderen Ende, wo ein weißes Laken von der Decke hing.
    Die Schränke waren leer, im Gang befand sich niemand. Sie blickte zu Sneijder. Er hatte das Laken abgenommen. An der Decke baumelte eine erloschene Petroleumlampe. Darunter stand eine Werkbank aus Holz mit losen Lederriemen. Sie kam näher.
    Sneijder blickte kurz auf. »Ist jemand im Gang?«
    Sie schüttelte den Kopf. In einer Blechschüssel auf einem Beistelltisch lag altertümliches chirurgisches Besteck. Sneijder legte die Hand auf die Lampe.
    »Noch warm … Vorsicht!«
    Sabine hielt inne. Unter dem Tisch glänzten zwei frische Blutlachen. »Mein Gott …«
    Sneijder leuchtete hinein. Darin schwammen zwei abgetrennte Daumen. Er kniete nieder und tauchte den Finger ins Blut. »Ist höchstens fünf Minuten her«, flüsterte er.
    In diesem Moment krachte die Tür hinter ihnen zu. Von außen klimperte der Schlüssel im Schloss. Der Riegel schob sich zweimal ins Mauerwerk.

43
    Sabine blinzelte zu Sneijder. Am liebsten hätte sie sich selbst geohrfeigt. »Ich habe es verbockt, tut mir leid. Ich bin eine miese Partnerin.«
    Sneijder lief mit gezogener Waffe zur Tür. »Merken Sie sich eines: Es gibt keine schlechten Partner – nur unerfahrene! Vielleicht hätte Carl Sie draußen getötet.« Er legte mit der Waffe an. »Stellen Sie sich hinter mich!«
    Er schoss dreimal auf das Schloss. Dann riss er die Tür auf. Der Gang lag im Dunkeln. Sneijder leuchtete die Wände ab, dann presste er sich an den Türstock und senkte den Lichtstrahl in den schmalen Korridor.
    »Er ist runtergelaufen.« Sneijder deutete auf ihre Hosentasche, in der sein iPhone steckte. »Verständigen Sie das BKA Wien. Wir brauchen Straßensperren im Radius von einem Kilometer rund um dieses Gebäude und eine Ambulanz für den Fall, dass wir Helen Berger lebend finden. Ich gehe runter.«
    Er setzte sich in Bewegung, doch Sabine hielt ihn zurück. »Warten Sie!«
    Sie wusste selbst nicht, warum sie das tat, doch ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass Sneijder die falsche Entscheidung getroffen hatte. Sein fragender Blick verriet Ungeduld.
    »Wenn im ersten Akt eines Theaterstücks ein Gewehr auf der Bühne hängt, wird später damit geschossen«, zitierte sie einen Satz von ihm.
    Sneijder betrachtete sie, als wäre sie vollkommen übergeschnappt.
    »Das Buch«, flüsterte sie. »Nach dem Daumenlutscher gibt es nur noch zwei Struwwelpeter-Geschichten. Hans-Guck-in-die-Luft und der fliegende Robert.«

    Unwillkürlich blickte Sneijder zur Holzdecke. »Sie meinen, er ist oben? Auf dem Dach?«
    »Seit zwei Monaten hält er sich penibel an die Regieanweisungen dieses Buches. Warum sollte er das jetzt ändern?«
    »Clever, Eichkätzchen.« Er ließ den Lichtstrahl über die Decke gleiten. An einem Schild neben der Dachluke verharrte er.
    Zutritt nur für Befugte!
    Die Verankerung des Schlosses war aus dem Holzbalken gebrochen. Neben der Luke hing eine Leiter an der Wand. Sneijder steckte die Waffe ins Holster, klemmte die Taschenlampe zwischen die Zähne und stieg die Sprossen hinauf. Die Luke ließ sich leicht öffnen. Sein Oberkörper verschwand in der Dunkelheit. Sabine kletterte hinterher und gelangte in eine enge Dachkammer. Holzbalken, Fräsmaschinen, Teerpappe und Nägel lagen herum. Es roch nach feuchten Sägespänen. Inmitten der Baustelle führte eine Wendeltreppe weiter nach oben, die an den Stiegenaufgang eines Kirchturms erinnerte. Sneijder eilte voraus, darauf bedacht, nicht mit den Metallplättchen seiner Sohlen zu klappern.
    Als Sabine zwei dumpfe Schüsse hörte, ließ sie sich unwillkürlich zu Boden fallen. Sneijder krümmte sich vor ihr zusammen.
    Rasch zog er die Waffe und wandte sich zu ihr um. »Alles in Ordnung?«
    Sie nickte.
    »Die Schüsse kamen von draußen.« Er deutete zum Ende der Treppe. Dort lag eine Brandschutztür. »Weiter!«
    Er

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