Todesjagd
den er gekommen war, sah er sie. Nicht in einem der Gänge, sondern oben auf einem Containerstapel, der hier hinten nur aus zwei Metallbehältern bestand. Von dort aus konnte man leicht über den Zaun springen.
Er kletterte mit Hilfe seines gesunden Arms ebenfalls hinauf.
Als er oben war, entdeckte er Jenny am anderen Ende. Sie war kurz davor, zu springen.
»Tu’s nicht!«, sagte Quinn.
Er zielte mit der SIG auf sie, doch sie sah ihn nur an, lachte und sprang.
Quinn fluchte leise vor sich hin und lief über die Container zu der Stelle, wo Jenny gewesen war. Endlich hörte es auf zu regnen, aber in der Ferne hörte man noch immer ein Grollen. Quinn bemerkte es kaum, er war völlig auf Jenny konzentriert.
Er brauchte nur kurz, um die andere Seite des Zauns zu überprüfen, fand einen geeigneten Platz und stieß sich ab.
Der Boden war weich, locker und nass. Trotzdem spürte er einen deutlichen Schmerz in seiner Schulter. Er biss die Zähne zusammen und rappelte sich auf.
Jenny war nirgendwo zu sehen, aber durch den Regen konnte man auf dem weichen sandigen Boden ihre Fußspuren leicht erkennen. Sie führten durch das Grün nach Süden.
Quinn folgte ihnen, vorsichtig und wachsam. Das dumpfe Grollen, das er vorher gehört hatte, wurde immer lauter, je weiter er in das Dickicht vordrang. Dann hörte das Buschwerk plötzlich auf, und er stieß auf die Ursache dieses grollenden Geräuschs. Nur durch einen schmalen Sandstreifen getrennt, breitete sich vor ihm die Meerenge von Singapur aus.
Auf dem Wasser tummelten sich Dutzende von Schiffen, hauptsächlich Containerschiffe. Und dahinter konnte er Indonesien erkennen. Dort regnete es nicht. Nur blauer Himmel.
Quinn blickte zu beiden Seiten den leeren Strand entlang. Die Sonnenanbeter waren vor dem Regen geflüchtet.
Doch der Strand war nicht ganz menschenleer. Jenny stand mit dem Rücken zum Wasser und sah in Quinns Richtung. Ihre Arme hingen schlaff herunter. Sie hatte keine Waffe mehr in der Hand.
Quinn ging langsam auf sie zu, während er mit seiner Waffe auf ihren Oberkörper zielte.
Ungefähr drei Meter von ihr entfernt blieb er stehen.
Sie starrten sich an.
Schließlich fragte Quinn:
»Hast du ihn jemals geliebt?«
»Was für eine dumme Frage«, sagte sie. »Du bist ein Profi oder tust wenigstens so. Was glaubst du?«
»Ich denke, du hast ihn von Anfang an nur benutzt und ihn überredet, dir einen Job bei Guerrero zu verschaffen. Alles war Teil eines Plans, den sich deine Freunde von LP ausgedacht haben.«
Sie lächelte, antwortete jedoch nicht.
Hinter sich hörte er Schritte auf dem nassen Sand, sah sich aber nicht um.
»Du hast also allen nur was vorgegaukelt. Oder stehst du im Mitgliederverzeichnis?«
»Wir haben kein Interesse an Leuten wie dir.« In ihrer Stimme war eine Spur von Überlegenheit. »Aber wenn du interessiert bist, könnte ich ein gutes Wort für dich einlegen.«
»Ich glaube, ich habe im Moment genug zu tun.«
Die Schritte hinter Quinn hielten plötzlich inne.
»Wer ist deine Kontaktperson?«
Es war Tasha.
Quinn spürte, dass sie neben ihm stehen blieb, während er weiter seinen Blick starr auf Jenny gerichtet hielt.
»Tut mir leid. Keine Ahnung, wovon du sprichst«, sagte Jenny.
»Bei LP, wem musst du Bericht erstatten?«, fragte Tasha.
Die Frage rief nur ein Lachen hervor.
»Gibt es noch andere außer dir?«
Noch immer keine Antwort.
Tasha machte einen Schritt vorwärts. Aus dem Augenwinkel sah Quinn Blut auf ihrem Gesicht.
»Das Einzige, was dir jetzt noch helfen kann, ist, mit uns zu reden.«
»Ach, tatsächlich? Ich schätze, dass ich wohl keinerlei Hilfe zu erwarten habe.«
»Glaub ja nicht, dass einer deiner Freunde dich hier rausholen kann. Du wirst schon noch mit uns reden.«
Doch Jennys Lächeln nach zu urteilen, glaubte Quinn, dass Tasha sich irrte.
Er fragte:
»Warum hast du, wenn du Guerrero töten wolltest, D. C. vor ihm verlassen, anstatt mit ihm nach Singapur zu gehen?«
Sie machte einen Schritt auf ihn zu.
»Nein«, sagte er und trat ein Stück zurück. »Du bleibst schön da, wo du bist.«
Sie lachte vor sich hin und sah Tasha an.
»Frag sie.«
»Wir waren dir zu nah auf den Fersen«, sagte Tasha. »Du hast gewusst, wir würden dich kriegen, bevor du eine Gelegenheit dazu hättest. Also ist dir nichts anderes übriggeblieben, als unterzutauchen.«
»So ähnlich war’s, ja«, sagte Jenny.
»Und Markoff?«, fragte Quinn.
»Mein wunderbarer Freund hatte angefangen, mich zu
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