Todesläufer: Thriller (German Edition)
größer sein können.
Sam hielt das Telefon weit von sich, um seinem Trommelfell das Gebrüll zu ersparen, das im nächsten Augenblick losbrechen würde. Daher überraschte ihn Bentons leises Pfeifen, das auf diese Entfernung kaum zu hören war.
»Ich hoffe, Ihnen ist klar, was das bedeutet! Sie haben sich mit einem Mann eingelassen, den drei Regierungsbehörden verdächtigen!«
»Ich weiß … Aber immerhin ermöglicht es uns, die Zahl der Verdächtigen auf eine einzige Person zu reduzieren: Zahra Zerdaoui.«
»Wenn die mit der Sache etwas zu tun hätte, würde ich das ja wohl wissen. Meinen Sie nicht auch?«
»Wieso, haben Sie auch mit ihr geschlafen?«, zog Sam ihn auf.
»Nein, das war Aarons Aufgabe. Er hat dabei aber nichts aus ihr herausholen können.«
»Dann war er in der Rolle des Liebhabers wohl besser als in der des Agenten …«
Bentons kalte Wut schien förmlich durch die Leitung zu kriechen. Er schnappte nach Luft.
»Bevor ich ihn per Haftbefehl suchen lasse … gibt es noch mehr, was Sie vergessen haben, mir zu sagen?«
O ja, da gab es so einiges, was er verschwiegen hatte. Etwa Nadirs Hinweise auf die Spur, die nach Israel führte. Ohne näher auf das Thema einzugehen, informierte er Benton rasch darüber, dass Liz vor dem Zwischenfall an der Lagerhalle um eine Durchsuchung in Haifa ersucht hatte, auf deren Ergebnisse sie so sehnlich warteten wie auf den Messias …
Als er merkte, dass Benton die Nachricht kommentarlos zur Kenntnis nahm, kam er rasch auf ein anderes Thema zu sprechen.
»Und haben Sie? Haben Sie schon etwas von Ihrem IARPA -Mann gehört?«
»Er ist unterwegs und dürfte bald hier eintreffen«, erwiderte Benton kalt.
Dann verlangte er, man solle Nadir Zerdaoui erneut zu ihm bringen, damit er ihn noch einmal vernehmen könne, diesmal allein. Andernfalls würde er jegliche Verantwortung für Verfahrensfehler ablehnen. Sam blieb nichts anderes übrig, als einzuwilligen.
»Es gibt da trotzdem etwas, was ich nicht auf sich beruhen lassen kann«, fuhr Benton etwas ruhiger fort.
»Wovon reden Sie?«
»Wenn Liz nicht auf mich geschossen und es Zahra Zerdaoui damit nicht ermöglicht hätte, sich der von mir gewünschten Kontrolle zu entziehen, hätten wir jetzt nicht diesen ganzen Schlamassel. Dann säße die Frau hinter Schloss und Riegel, und mein Agent wäre noch am Leben. Sie können die Dinge drehen und wenden, wie Sie wollen, Sam … da hat Ihre kleine Freundin gewaltigen Mist gebaut..«
»Und was wollen Sie jetzt tun?«
»Das weiß ich im Augenblick noch nicht …«
Falsch . Er wusste es ganz genau. Dass Liz möglicherweise im Sterben lag, würde ihn nicht daran hindern, sich Genugtuung zu verschaffen. Das war sonnenklar.
Sam biss sich auf die Lippe.
Freundin . Er hatte gegen diese Bezeichnung nicht aufbegehrt, gab sie doch tatsächlich wieder, was sie für ihn bedeutete. Es fühlte sich nicht mehr so merkwürdig an. Als hätte diese Ermittlung ihre Beziehung stärker gefestigt als ihre frühere Liebelei.
21 UHR 00 – NEW YORK – SITZ DES FBI
Gleich nach seinem Eintreffen am Federal Plaza hatte man Nadir Zerdaoui in den Verhörraum geführt, denselben, in dem er zuvor schon Bentons Aggressionen ausgesetzt gewesen war. Der FBI -Beamte hatte darauf bestanden, dass dem Mann während der Überstellung von der Third Avenue Handfesseln angelegt wurden, die man ihm auch jetzt nicht abgenommen hatte, obwohl die Sicherheitsvorkehrungen am Sitz des FBI eine Flucht von vornherein ausschlossen.
»Kennengelernt haben wir uns vor etwas mehr als zwei Jahren auf einem Flug von Algier nach Paris. Danach ist alles sehr schnell gegangen. Sechs Monate später haben wir im Rathaus des XVIII . Pariser Arrondissements geheiratet.«
Bentons Enthüllungen schienen Zerdaoui sehr betroffen gemacht zu haben. Der FBI -Mann hatte ihn rücksichtlos mit den nackten Tatsachen konfrontiert. Mit der Authentifizierungskarte, mit Fotos, die Bernstein in seinem Blut zeigten. Keine Einzelheit wurde ihm erspart. Der Lügendetektor bestätigte in Echtzeit, dass seine spontanen Reaktionen auf die tiefe seelische Erschütterung aufrichtig waren.
»Hat Sie der Altersunterschied zwischen Ihnen beiden nicht stutzig gemacht?«
»Es sind doch kaum zehn Jahre …«
»Trotzdem. Eine junge Algerierin macht sich auf einem Flug nach Paris an einen Franzosen heran, dessen Familie ebenfalls aus dem Maghreb stammt … Riecht das nicht ein bisschen arg kitschig nach Liebe auf den ersten Blick?«
Zerdaoui
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