Todesläufer: Thriller (German Edition)
fassten, so dass er kaum noch den Boden berührte, und gleich darauf war er durch eine Seitentür verschwunden. Nicht einmal eine Minute später befand er sich zusammen mit einem Leibwächter und Salz in dem Radschützenpanzer, der ihn und seine Familie hergebracht hatte.
»Mr. President, ich …«
»Halten Sie verdammt noch mal den Mund, Addy! Ich will jetzt nichts hören.«
In der unerhörten Heftigkeit seiner Reaktion lag noch ein letzter Funke Hoffnung. Er mochte dem Tode zwar nahe sein, aber noch war es nicht aus mit ihm.
»Wohin fahren wir?«, erkundigte er sich mit einem Mal ganz sachlich.
»Ich habe überall herumtelefoniert. Das einzige öffentliche Krankenhaus, das Sie sofort aufnehmen kann, ist das Beth Israel an der First Avenue.«
»Das kenne ich … ich bin in der Gegend aufgewachsen.«
»Ich weiß, Mr. President. Ehrlich gesagt, war das nicht ausschlaggebend. Es gibt eine ganze Reihe von Kliniken, die deutlich näher liegen, aber im Hinblick auf Ihre Reform des Gesundheitswesens erschien mir eine Privatklinik für Sie nicht angebracht zu sein.«
»Das haben Sie richtig gemacht.«
»Ich erfülle lediglich meine Pflicht.«
»Tut mir leid, Adrian … ich hätte mich nicht so gehen lassen sollen, schon gar nicht Ihnen gegenüber.«
»Ich verstehe.«
Stanley Cooper schien fix und fertig zu sein. Seine improvisierte Ansprache hatte ihn die letzten Kräfte gekostet. Als er sein Sectera herausnahm, sah er, dass jemand immer wieder angerufen hatte, während er die Worte gesprochen hatte, die ihm so schwergefallen waren wie nichts zuvor in seinem Leben, den Heiratsantrag nicht ausgenommen. Sam Pollack hatte ihn zu erreichen versucht. Ein blinkendes Icon zeigte, dass er auf die Mailbox gesprochen hatte. Es sah beinahe fröhlich aus.
20 UHR 25 – NEW YORK – ZWISCHEN DEM GERSHWIN-HOTEL UND DEM SITZ DES FBI
Die Stadt im Auto zu durchqueren war kaum weniger unheimlich als zu Fuß. Der entscheidende Unterschied bestand darin, dass die Orte, an denen Geschäfte geplündert worden waren, und die dabei hinterlassenen Verwüstungen noch schneller aufeinanderfolgten.
Dreimal mussten sie den Wagen an Bombentrichtern von gut einem Meter Durchmesser abbremsen, um die herum menschliche Überreste anzeigten, dass dort vermutlich ein Läufer explodiert war. Zumindest waren dabei keine Mitmenschen gefährdet worden. Waren sie vor Ermattung gestürzt, während des Gehens eingenickt oder einem der Heckenschützen, die in diesem Drama offenbar eine Art hyperrealistisches Videospiel sahen, zum Opfer gefallen?
Sam dachte mit Unbehagen an den bevorstehenden Anruf. Aber er wollte Bentons Jähzorn lieber am Telefon statt von Angesicht zu Angesicht über sich ergehen lassen, wenn er ihm gestand, dass sie Nadir Zerdaouis Angebot, als Berater zu fungieren, angenommen hatten. Ihm graute vor dem Augenblick, in dem Benton begriff, dass das menschliche Band zwischen ihnen zerrissen war, bevor sie es noch richtig geknüpft hatten.
»Das ist aber noch nicht alles«, fügte er hinzu, nachdem er den ersten Teil der jüngsten Ermittlungsergebnisse zusammengefasst hatte. »Im Badezimmer der Zerdaouis lag eine Leiche.«
»Was für eine Leiche?«
»Die von Aaron Bernstein. Dem Anwalt der Verschwörungstheoretiker.«
»Das soll wohl ein Scherz sein?«, fragte Benton düster.
»Ich nehme an, dass die sich gegenseitig an die Gurgel gegangen sind. Sie hätten den Mann sehen sollen …«
Benton brüllte noch früher los, als Sam angenommen hatte: »Gott verdammt noch mal, Pollack. Von wegen gegenseitig … Bernstein war unser Agent. Wir hatten ihn in die Gruppe eingeschleust.«
Hätte Sam in diesem Augenblick am Steuer gesessen, hätte er mit Sicherheit einen Unfall gebaut.
Bernstein … ein Maulwurf?!
»Warum haben Sie uns das nicht vorher gesagt?«
»Weil eine verdeckte Ermittlung nur dann sinnvoll ist, wenn möglichst wenige davon wissen – deshalb! Lernt man das bei der New Yorker Polizei nicht?«
»Seit wann haben Sie den Verein im Visier?«, fragte er, ohne auf die Spitze des anderen einzugehen.
»Seit über drei Monaten … Verdammt, ich kann nicht glauben, dass die ihn kaltgemacht haben!«
»Was hat Sie dazu veranlasst, speziell Zerdaoui überwachen zu lassen?«
»Eine Reihe von Aufsätzen aus den letzten zwei Jahren, die er in bestimmten Zeitschriften veröffentlicht hat. Genaue Angaben über die Techniken der Hisbollah im Libanon und in Israel beim Einsatz von Selbstmordattentätern, die nichts von ihrem traurigen
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