Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
erzeugte fast eine Rückkopplung auf dem Walkie-Talkie. Ein Schuss krachte, dann ein zweiter.
Dann verstummte die Übertragung. Jo und Autumn starrten das Funkgerät an.
»Ich glaube, Von wurde von einem Querschläger getroffen«, flüsterte Jo.
Autumns Blick wurde hart. »Ich hab ihm versprochen, dass ihn die Ratten holen. Seine Panik hat ihn am Ende umgebracht.«
Plötzlich bewegte sich unten etwas. Autumn spähte hinab zur Mine. Jo zog den Kopf ein und zerrte das Mädchen unter den bröckelnden Rand der Rinne. Sie drückte den Finger auf die Lippen.
War es Haugen? Oder Sabine? Sie mussten irgendwo hier im Wald sein, ganz in der Nähe. Sie konnte hören, wie Steine den Hang hinunterrutschten, als wären sie von jemandem losgetreten worden, der ein Stück tiefer über die Bergwand lief.
Sie und Autumn mussten fliehen, aber nicht, wenn sie sich durch das bloße Aufstehen verraten konnten. Vorsichtig zog Jo ihr Telefon heraus. Sie klickte sich durch das Menü, bis sie die Klingeltonoptionen fand. Sie wählte Wecker . Dann presste sie das Handy an das Walkie-Talkie, drückte den Übertragungsknopf und löste das Weckerläuten aus.
Das Geräusch aus dem Telefon, das sie mit der Hand bedeckte, war kaum zu hören. Aber das Walkie-Talkie sandte ein starkes Signal. Es klang wie eine Hupe.
Durch die Bäume hinter der zerklüfteten Rinnenkante über ihnen drang das Geräusch plärrend verstärkt und verzerrt durch die billige Elektronik aus einem anderen Walkie-Talkie.
Und es war nur einen Meter entfernt.
Jo standen die Haare zu Berge. Gehetzt blickte sie sich um. Im selben Moment tauchte Sabine auf und griff nach ihr.
Jo sprang zurück, doch Sabine erwischte sie an den Haaren, und sie stürzten zusammen in die Rinne. Ächzend rollten sie durch den Dreck, und noch während sie sich überschlug, bemerkte Jo die Pistole in Sabines Hand. Sie schlitterten über nasse Felsen zum Rand der ausgewaschenen Böschung und knallten schließlich gegen einen umgestürzten Baumstamm. Jo landete auf dem Rücken, und Sabine, die auf ihr lag, hob die Pistole.
Plötzlich sauste über Jos Kopf mit gewaltigem Schwung eine Spitzhacke herab. Mit einem dumpfen Knacken traf sie Sabine voll ins Gesicht.
Sie kippte zur Seite und rutschte zwei Meter tief über die Böschung auf moosbewachsene Felsen.
Jo fuhr herum. Mit der Hacke in der Hand sprang Gabe über den Baum zu Sabine hinunter.
Jo stemmte sich auf die Knie und blickte über den Stamm. »Ist sie tot?«
Er hob Sabines Kopf an den Haaren hoch. Ihre Augen waren leer, aber sie atmete. Gabe ließ ihren Kopf fallen, ohne sich darum zu kümmern, dass er auf Fels prallte. Jo hatte ihn noch nie so erbarmungslos handeln sehen. Und wahrscheinlich auch noch nie so sehr geliebt.
Hastig schaute er sich nach der Pistole um. »Ist zwischen die Felsen gefallen. Da, in den Spalt – verdammt.«
Er kniete sich hin, um sie irgendwie herauszuangeln. Jo und Autumn kletterten hinunter, um ihm zu helfen. »Der Spalt ist eineinhalb Meter tief«, sagte Jo. »Wir kommen nicht ran.«
Er stand auf. »Dann verschwinden wir hier.«
Sabine stöhnte. Jo nahm ihr das Walkie-Talkie ab und wälzte sie auf den Bauch. Dann streifte sie ihr den Rucksack von den Schultern und öffnete ihn.
Volltreffer. Seile.
»Gabe, geh du schon mal los. Ich fessle sie.« Als er zögerte, setzte sie hinzu: »Nein, dieser Schlampe traue ich nicht über den Weg, solange sie auch nur einen Finger rühren kann.«
Er nickte und hetzte den Berg hinauf zu Lark und Noah.
Jo zog einen dünnen Strick und eine Rolle Isolierband her aus. Das Band warf sie Autumn zu. »Kneble sie.«
Autumn wickelte das Band fünfmal um Sabines Kopf, riss es mit den Zähnen ab und klatschte mit den Handflächen auf den Mund der Frau, damit das Band klebte. Inzwischen fesselte Jo Sabine an Händen und Füßen. Verschnürt wie ein Paket ließen sie sie liegen und kletterten hinter Gabe den Hang hinauf.
In der kalten Luft und dem goldenen Sonnenlicht herrschte beste Sicht. In den nächsten Minuten würde sich alles entscheiden. Sie mussten ihr weiteres Vorgehen abstimmen.
»Autumn, hör mir jetzt gut zu. Wir sollten uns vielleicht trennen.«
»Wie meinst du das?«
»Ich muss Gabe helfen, Noah über den Steg zu transportieren. Dann holen wir Peyton. Das wird einige Zeit dauern. Wenn Haugen mich und Gabe abfängt, musst du abhauen. Auf dem langen Weg kannst du es schaffen.«
»Ich soll euch allein lassen?«
»Es geht nicht anders. Wenn Haugen dich sieht,
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