Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
Augen wandte sich Autumn ab und rannte weiter zum Ausgang. Zuletzt hörten sie noch, wie Von aus der Grube wild um sich schoss und die Kugeln gegen die Wände krachten.
Ü ber der Motorhaube des Mustangs schwebte diesiges Sonnenlicht. Durch die Windschutzscheibe verfolgte Evan, wie Tang vor dem Sattelschlepper auf und ab lief und den Zivilpolizisten, den Uniformierten und den Kriminaltechnikern, die zu dem Parkplatz geeilt waren, Anweisungen erteilte. Der Becher Kaffee in ihrer Hand wurde bereits kalt. Evan fuhr an dem Lastwagen vorbei und stellte den Wagen ab. Sie hatte Ferd nach Hause gebracht und war gleich zurückgeeilt. Sie konnte nur hoffen, dass Tang nicht die Minuten ihrer Abwesenheit zählen und daraus ihr Tempo berechnen würde.
Als sie ausstieg, klingelte Tangs Telefon. Aus der Ferne hörte Evan, wie sie sich meldete. »Ja?«
Dann hörte Tang eine Minute lang stumm zu. Evan zog sich der Magen zusammen.
Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, trabte Tang zu ihr. »Tuolumne. Sie haben einen Anruf von einer Frau bekommen, die sagt, sie hatte einen Unfall in dem Wald, wo Jo verschwunden ist.«
»War es Jo?«
»Könnte sein. Sie hat angegeben, dass ihr Freund und der vermisste Deputy bei ihr sind. Der Deputy ist verletzt, braucht einen Rettungstransport.«
»Und?«
»Der Rettungsdienst im County ist völlig überlastet. Sie haben einen Hubschrauber, aber der ist gerade im Einsatz, um eine Familie aus einem Kombi zu bergen, der in den Fluss gespült wurde. Auch die Straßen sind nicht passierbar. Die Rettungskräfte kommen einfach nicht durch.«
Evan fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Und was passiert jetzt?«
»Sie haben die Air National Guard gerufen. Die Rettungsspringer sind schon unterwegs.«
57
Jo und Autumn ließen Vons Schreie hinter sich und stürmten aus der Mine. Mühsam kämpften sie sich den ausgewa schenen, rutschigen Hang hinauf. Mit zitternden Händen klammerte sich Autumn an Wurzeln und Steinen fest, um sich hochzuziehen.
Das Walkie-Talkie knirschte, und Vons Stimme drang heraus. »Hilfe.«
Keine Antwort. Von versuchte es erneut. »Ich bin in der Mine, hab mir das Bein an einem Scheißspeer aufgespießt. Holt mich hier raus.«
Jo kletterte weiter. Niemand antwortete auf Vons Hilferufe.
»Hören sie ihn nicht?«, fragte Autumn.
»Kann schon sein.«
Stolpernd durchquerten sie eine Rinne und gelangten zu einem schmalen Hügelkamm in den Bäumen. Über ihnen ragten die Strommasten auf. Auf ihrer Seite, neben der Treppe hinauf zu dem Steg, der sich über die Schlucht spannte, kniete Lark bei Noah. Gabe war nirgends zu sehen.
Erneut schrie Von durch das Walkie-Talkie. »Lasst mich nicht hier sitzen. Ich bin aufgespießt wie ein Schwein. Holt mich raus.«
Dann meldete sich Haugen. »Klappe.«
Von brüllte zurück: »Ratner kommt zurück. Ihr müsst mich retten.«
»Von, halt den Mund und hör gut zu. Ratner kann dir nichts tun. Er ist weg.«
»Wie weg?«
»Ist mit einer Kugel im Rücken in einem Loch gelandet.«
Jo und Autumn tauschten Blicke. Ratner war tot. Über Jo schwappte eine Welle der Erleichterung hinweg.
»Wo ist Autumn?«, fragte Haugen.
»Holt ihr mich jetzt raus?«
»Ist dir Autumn entwischt?«
Von zögerte. »Nein. Aber sie wird mir davonlaufen, wenn ihr euch nicht beeilt und mich aus diesem Dreckloch be freit.«
Jos Erleichterung verflog. Von war ein jämmerlicher Lügner. Haugen musste klar sein, dass Autumn geflohen war – und dass sie noch nicht weit gekommen sein konnte.
Haugens Stimme wurde kühl. »Keine Sorge. Wir haben die Rettung organisiert. Die Polizei schickt einen Hub schrauber.«
»Ich kann dir bloß raten, dass du mich nicht anlügst, Dane.«
»Sie sind schon unterwegs. Die meinen, Sabine ist diese Beckett und sitzt hier mit dem vermissten Deputy fest. Wir holen dich gleich da raus.«
»Und dann?«
»Dann fliegen wir in dem Polizeihubschrauber nach Reno. Und von dort ins große Nirgendwo. Halt durch, mein Freund.«
»Wie sollen wir denn wegfliegen – mit Alaska Airlines? Ich hab einen Scheißstock im Bein. Soll ich vielleicht die Stewardess um einen Becher Eis bitten, um die Schlagaderblutung zu stillen?«
Sabine übernahm. »Das ist ein Rettungshubschrauber, der alles nötige medizinische Gerät an Bord hat. Und in Reno wartet ein Privatjet auf uns. Aber jetzt hör auf zu senden.«
»Wehe, das stimmt nicht. Wenn ihr mir hier Scheiß erzählt …« Erneut schrie er. »Scheiße, was … O Gott, Ratten …«
Sein Kreischen
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