Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
Vom Netzwerk:
an und suchte in meiner Tasche nach meinem Handy. Mein Gehirn funktionierte noch immer gut genug, um zu begreifen, dass ich nicht die Einzige war, die in Gefahr schwebte, und es nicht nur ein einziger potenzieller Mörder war, dessentwegen Dana und ich uns Sorgen machen mussten. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr schien es sogar weniger darum zu gehen, wer da mit drinsteckte, als darum, wer nicht daran beteiligt war.
    Etwas sehr Merkwürdiges hatte sich zugetragen, als Melissa im Krankenhaus aufgenommen worden war. Ganz gleich, ob Kenn Gifford behauptete, er sei damals in Neuseeland gewesen, er war immer noch der leitende Chefarzt der Klinik. Er musste beteiligt gewesen sein, doch er konnte nicht allein gehandelt haben. Die Inselpolizisten hatten so getan, als würden sie ermitteln: Von Anfang an hatte Andy Dunn sich alle erdenkliche Mühe gegeben, den Mord herunterzuspielen, ihn aus den Medien herauszuhalten, Dana in die falsche Richtung laufen zu lassen. Stephen Gair hatte seine Frau sterben sehen, hatte dafür gesorgt, dass sie eingeäschert wurde, nur um drei Jahre später ihren Leichnam auf einem Tisch in der Pathologie zu identifizieren. Und wie ich gerade herausgefunden hatte, hatte irgendjemand auf Unst den Mast der Jolle angesägt und an meiner Schwimmweste herummanipuliert. Wie viele von denen gab es eigentlich?
    Aber nicht Dana. Dana war ebenso hartnäckig und entschlossen gewesen wie ich. Wenn jemand mich aus dem Weg haben
wollte, befand sie sich ebenfalls im Fadenkreuz, und ich musste sie warnen. Das Problem war nur, ich hatte mein Handy nicht dabei. Das hatte ich im Haus meiner Schwiegereltern liegen gelassen.
    Mir ging auf, dass ich seit gestern Vormittag nicht mehr mit ihr gesprochen hatte. Gestern Abend hatte ich vergeblich versucht, sie zu erreichen, und heute Morgen auch. Da hatte ich mir deswegen noch keine Gedanken gemacht, jetzt jedoch beunruhigte es mich.
    Zurück auf der Hauptinsel, fuhr ich nach Mossbank, einer kleinen Stadt an der Ostküste, wo mir noch fünfzehn Minuten Zeit blieben, bis der letzte Bus des Tages fuhr. Während ich Elspeths Rad zusammenklappte und es im Gepäcknetz verstaute, erhaschte ich durch das Rückfenster des Busses einen Blick auf ein Polizeiauto. Es parkte keine zwanzig Meter entfernt, und soweit ich sehen konnte, beobachtete der Fahrer sehr genau, wie die letzten Fahrgäste den Bus bestiegen.
    Der Bus fuhr los. Während der ersten anderthalb Kilometer drehte ich mich alle paar Minuten um, doch von dem Polizeiauto war nichts zu sehen. Nach einer Weile entspannte ich mich allmählich und fühlte mich zumindest vorübergehend sicher. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass selbst ein zu allem entschlossener Meuchelmörder über ein Dutzend Einheimische in einem öffentlichen Bus herfallen würde, nur um mich zu erwischen. Ich konnte mich eine Stunde ausruhen und ein Sandwich essen. Als wir in Lerwick eintrafen, hatte ich die Grundzüge eines Plans im Kopf.
    Erstens, Dana finden. Ich musste ihr erzählen, was ich herausgefunden hatte, seit ich nach Unst gefahren war, und sie warnen. Zweitens, von den Inseln verschwinden. Kurz nach Hause fahren, Kleidung und wichtige Papiere zusammensuchen, dann zum Flughafen abdüsen. Wenn nötig, die Nacht dort verbringen, aber auf jeden Fall die erste Maschine nach London nehmen und von dort aus mit dem Zug zu Mum und Dad. Drittens, mich kompetent in Sachen berufliche Möglichkeiten beraten lassen. Wenn ich
das Franklin Stone Hospital jetzt verließ – und mich auf übermäßigen Stress berief –, wie standen dann meine Chancen, jemals wieder einen anständigen Job zu bekommen? Viertens … eigentlich hatte ich kein Viertens parat. Mir einen guten Scheidungsanwalt suchen, vielleicht?
    Kurz nach vier hielten wir am Busbahnhof von Lerwick. Ich stieg aus und klappte das Fahrrad auseinander. Und da war das Polizeiauto wieder, hinter einem anderen Bus versteckt. Nicht zu ändern. Ich sprang aufs Rad und machte mich auf den Weg zu Danas Haus. Viel Hoffnung hatte ich nicht, sie dort anzutreffen, doch mit ein bisschen Glück würde mein Auto noch immer in der Nähe stehen.
    Als ich den Parkplatz oberhalb von Danas Haus erreichte, tat mir der Nacken weh, weil ich mich unzählige Male umgedreht hatte, um einen Blick auf die Straße hinter mir zu werfen. Allmählich wurde mir die Brust eng, und mein Kopf fühlte

Weitere Kostenlose Bücher