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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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»Geht um die Versicherung, nich’ wahr?«
    Ich hob den Kopf und sah ihn an. »Bitte?«
    Er schaute sich nach der breiten Doppeltür um, als hoffte er, dass Hilfe käme. »Woll’n Sie’s der Versicherung melden?«

    Â»Ich denke schon«, antwortete ich. »Warum?«
    Â»Da sollt’n Sie lieber mal mit McGill reden«, meinte er und wandte sich zum Gehen.
    Â»Moment«, rief ich ihm nach. »Wo ist denn das Problem mit der Versicherung?«
    Er hielt inne, schien einen Entschluss zu fassen, und kam zurück.
    Â»Die Sache is’ die«, erklärte er, ohne mich anzusehen. »Die Sache is’ die, ich würd’s nich’ tun. Davon hatten wir in letzter Zeit ’ne Menge. Bootsunfälle. Die schicken immer jemand. Die stell’n Nachforschungen an, versteh’n Sie, die vonner Versicherung. Finden raus, was wirklich passiert is’.«
    Â»Wie meinen Sie das?«, fragte ich. »Der Mast ist gebrochen.«
    Daraufhin bedachte er mich mit jenem halb mitleidigen, halb belustigten Blick, den wir alle aufsetzen, wenn wir wissen, dass jemand uns etwas vorlügt. Und dass derjenige weiß, dass wir es wissen. Und wir wissen, dass er weiß, dass wir es wissen.
    Nur wusste ich gar nichts.
    Ich ging zu dem Boot hinüber. Es lag mit der Unterseite nach oben da, doch es war genug Platz, um es anzuheben – und genau das tat ich auch.
    Â»Hey!«, brüllte der Junge.
    Ich stemmte mich gegen den Rand und drehte das Boot um. Jetzt konnte ich das Cockpit sehen. Nur ein zwanzig Zentimeter langer Stumpf befand sich an der Stelle, wo der Mast gewesen war. Der größte Teil der Takellage war ebenfalls weg, doch ein Teil des Großsegels hing noch an der Schot.
    Der Junge stand jetzt neben mir. Er deutete auf den Maststumpf. »Wenn Sie das als Versicherungsschaden melden, enden Sie vor Gericht«, sagte er. »Keiner wird glauben, dass das Ding abgebrochen is’. Der is’ angesägt wor’n, fast bis zur Hälfte.«

23
    Ich schaffte es in den Ort zurück und fuhr dann die B9084 entlang. Von dem, was ich gerade erfahren hatte, war mir übel. Unser Segelunfall war alles andere als ein Unfall gewesen und die Jolle absichtlich beschädigt worden. Mir fiel wieder ein, dass meine Schwimmweste sich nicht aufgeblasen hatte, und ich fühlte mich noch elender. Am Fähranleger von Belmont musste ich zehn qualvolle Minuten warten, bis die Fähre kam. Die ganze Zeit überlegte ich, ob ich das Richtige getan hatte. Ich musste weg von Unst, und dies war die einzige Möglichkeit, die ich kannte. Doch sie würden erraten, wohin ich geflohen war, und mich auf der anderen Seite am Fährhafen in Empfang nehmen.
    Die Fähre kam. Die vier Autos, die gewartet hatten, fuhren hinauf, und ich folgte ihnen. Dann kamen noch zwei Wagen, deren Insassen ich eingehend musterte. Niemand, den ich kannte. Während ein durchdringender Geruch nach Dieseltreibstoff die Luft erfüllte und das Dröhnen der Maschinen die meisten anderen Geräusche übertönte, begann es leicht zu regnen. Ich klappte den Jackenkragen hoch und beugte mich vornüber. Den Blick fest auf Yell gerichtet, wünschte ich mir mit aller Kraft, dass es näher käme, und fürchtete gleichzeitig den Augenblick unserer Ankunft.
    Â 
    Ich hatte auf dieser langen, stückweise zurückgelegten Rückfahrt zur Hauptinsel zu viel Zeit zum Nachdenken. Irgendjemand wollte meinen Tod. Ich brauchte nicht zu fragen, warum. Ich hatte etwas ans Tageslicht gebracht, was für alle Zeit hatte verborgen bleiben sollen. Hätte ich es dabei bewenden und die Polizei ihre Scheinermittlungen führen lassen, würde mir wahrscheinlich auch jetzt keine Gefahr drohen. Aber ich, verärgert über ihre
mangelnden Fortschritte und von einem Interesse getrieben, das rein persönlicher Natur war, hatte mich wieder und wieder eingemischt. Wer wäre ohne meine Nachforschungen in den zahnmedizinischen Krankenakten auf die Idee gekommen, einen verstümmelten Leichnam mit einer verstorbenen Krebspatientin in Verbindung zu bringen? Ohne Identität wäre das Verbrechen niemals aufgeklärt worden, doch dank meiner Wenigkeit hatte irgendjemand Grund, Angst zu haben. Und ich jetzt auch.
    Von dem Augenblick an, als ich die Werft verließ, bis zu meiner Ankunft auf der Hauptinsel drehten sich meine Gedanken nur um mich selbst. Dann dachte ich an Dana. Ich hielt das Fahrrad

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