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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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kannte.
    Â»Genau«, bekräftigte Dunn. »Wir haben einen forensischen Pathologen angefordert. Vielleicht können wir sie ja hierbehalten. Wär gut für den Tourismus.«
    Â»Sir …«, meldete Tulloch sich zu Wort.
    Â»Ich glaube nicht…«, begann Renney.
    Â»Ach, um Himmels willen!«, fauchte ich. »Sie stammt nicht aus der vorrömischen Eisenzeit.«
    Dunn wandte sich zu mir um, als wäre ihm eben erst wieder eingefallen, dass ich da war. »Bei allem Respekt –«, fing er an.
    Â»Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre«, unterbrach ich ihn. »Aber soweit ich weiß, haben sich die Frauen in der Eisenzeit nicht die Fußnägel lackiert.«
    Dunn sah aus, als hätte ich ihn geohrfeigt. Tullochs Mund zuckte kurz, ehe sie ihn wieder geradezog. Gifford versteifte sich, doch ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Renney schien einfach nur erleichtert zu sein.
    Â»Genau das habe ich Ihnen zu sagen versucht. Das ist kein archäologischer Fund. Auf keinen Fall. Torf ist verwirrend, Sie haben recht, er besitzt bemerkenswerte konservierende Eigenschaften, aber sie hat Spuren von Nagellack auf den Finger- und Fußnägeln. Und außerdem ein paar sehr moderne Zahnfüllungen.«
    Neben mir hörte ich Gifford tief seufzen.
    Â»Okay, was können Sie uns sagen, Stephen?«, fragte er.

    Dr. Renney schlug die einzige Akte auf, die auf seinem Schreibtisch lag. Er blickte hoch. Ich überlegte, ob er sich wohl unbehaglich dabei fühlte, zu uns hinaufzustarren, doch als so kleiner Mann war er das wahrscheinlich gewöhnt.
    Â»Ihnen ist doch klar, dass der Leichnam erst vor drei Stunden hier angeliefert wurde. Dieser Bericht ist noch im Anfangsstadium.«
    Â»Natürlich.« Gifford klang ungeduldig. »Was haben Sie bis jetzt?«
    Ich sah, wie Dunn Gifford einen scharfen Blick zuwarf; technisch gesehen hatte die Polizei hierbei das Sagen, aber das Krankenhaus fiel in Giffords Verantwortung. Ich fragte mich, ob wir Zeuge eines Kampfes der Titanen werden würden.
    Stephen Renney räusperte sich. »Was wir hier haben«, begann er, »sind die sterblichen Überreste einer Frau zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig. Der Torf hat ihre Haut verfärbt, aber ich habe mir ihr Gesicht, ihre Knochenstruktur und den Schädel genau angesehen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie weiß war. Außerdem bin ich mir so sicher wie nur überhaupt möglich, dass sie keines natürlichen Todes gestorben ist.«
    Also, das war die Untertreibung des Jahrhunderts.
    Â»Wie dann?«, wollte Gifford wissen. Ich drehte mich zu ihm um; ich wollte sehen, wie er die Neuigkeit aufnahm.
    Dr. Renney räusperte sich abermals. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er mir einen raschen Blick zuwarf.
    Â»Das Opfer ist an einer massiven Blutung gestorben, als man ihm das Herz aus dem Leib geschnitten hat.«
    Giffords Kopf fuhr hoch; sein Gesicht wurde fahl. »Grundgütiger!«, stieß er hervor.
    Die beiden Polizisten zeigten keinerlei Reaktion. Genau wie ich hatten sie die Leiche bereits gesehen. Nachdem er das Schlimmste hinter sich hatte, schien Renney ein wenig lockerer zu werden. »Eine Serie von Schnitten, insgesamt ungefähr zehn, vielleicht auch zwölf, mit einem sehr scharfen Gegenstand«, erläuterte er. »Ich würde sagen, ein chirurgisches Instrument oder vielleicht ein Schlachtermesser.«

    Â»Durch den Brustkorb?«, fragte Gifford. Es war die Frage eines Arztes. Mir fiel kein chirurgisches Instrument ein, mit dem man Rippen und Brustbein glatt durchtrennen konnte. Ihm offenbar auch nicht, wenn man danach urteilte, wie sich seine Augenbrauen zusammengezogen hatten.
    Renney schüttelte den Kopf. »Der Brustkorb ist vorher geöffnet worden«, sagte er. »Mit einem stumpfen Gegenstand gewaltsam aufgestemmt worden, würde ich sagen.«
    Ganz hinten in meinem Mund sammelte sich Speichel. Der orangefarbene Stuhl vor mir sah allmählich sehr einladend aus.
    Â»Könnte das Herz wiederverwendet worden sein?«, erkundigte sich Dana Tulloch. »Könnte es sein, dass sie getötet worden ist, weil irgendjemand das Herz brauchte?«
    Ich betrachtete DS Tulloch und folgte ihrem Gedankengang. Man hörte hin und wieder von solchen Dingen: davon, dass Menschen entführt und ihnen gegen ihren Willen Organe entnommen wurden; von heimlichen, finsteren Operationen, organisiert und

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