Todesopfer
noch die Ãberwachungsvideos überprüft werden, um zu bestätigen,
dass du es warst. Nicht dass einer von uns irgendwelche Zweifel gehabt hätte. Du warst sehr tapfer, Liebes.«
Ich stemmte mich hoch und sprang in die Kajüte hinunter. Richard trat einen Schritt zurück. Wieder huschte sein Blick zu der Tür hinter mir, doch ich wollte mich nicht ablenken lassen.
»Okay, lassen wir das mit dem âºLiebesâ¹ mal; wir beide haben uns nie nahegestanden, und wahrscheinlich werden wir das auch in Zukunft nicht, wenn man bedenkt, wo du landen wirst. Ich denke, die Ãrztekammer wird vielleicht ein paar Fragen zu den Dienstleistungen stellen wollen, die du da in deiner Klinik anbietest. Nachdem die Polizei mit dir fertig ist.«
Richard versteifte sich. »Bitte maÃe dir nicht an, mir Vorträge zu halten. Diese Babys wären ohne uns vor der Geburt gestorben  â wären vor der Geburt ermordet worden. Durch uns haben sie ein schönes Leben, mit Eltern, die sie haben wollen und lieben.«
Mir verschlug es beinahe die Sprache. »Das ist vollkommen illegal.«
»Das Gesetz ist eine Riesenschweinerei, Tora. Das Gesetz erlaubt uns, einem Säugling bis zum Augenblick der Geburt Kaliumchlorid ins Herz zu spritzen. Bis zur vierundzwanzigsten Woche dürfen wir das einzig und allein deshalb tun, weil der Mutter die Schwangerschaft lästig ist. Aber wenn ein vierundzwanzig Wochen altes Kind geboren wird, müssen wir alles dafür tun, um es am Leben zu erhalten. Wo ist der Sinn in all dem?«
»Wir machen die Gesetze nicht«, erwiderte ich und wusste, dass das dürftig klang. »Und wir nutzen seine Schwächen ganz bestimmt nicht für kommerzielle â«
»Hast du eine Ahnung, wie viele Schwangerschaftsabbrüche jedes Jahr danebengehen, wenn die Babys lebendig rauskommen, oft schwerstbehindert?«, entgegnete Richard zornig. »Ich habe das nämlich im Lauf meines Lebens mehrmals erlebt; Babys, deren Mütter sie schon vor der Geburt im Stich gelassen hatten. Was für ein Leben werden diese Kinder haben? Ganz bestimmt ist unser Verfahren doch besser als das.«
»Du handelst mit Menschen«, fauchte ich ihn an.
»Wir helfen Frauen in einer schwierigen Lage. Wir bieten kinderlosen Paaren Hoffnung für die Zukunft. Und wir retten Dutzende von Säuglingen, die sonst aus sozialer Berechnung ermordet werden würden. Wir sind Lebensretter.«
Ich konnte es nicht fassen, dass er allen Ernstes versuchte, moralisch aufs hohe Ross zu steigen. »Und Dana? Hast du vor, ihr Leben zu retten?«
Er schien ein wenig in sich zusammenzuschrumpfen. »Leider nein. Das liegt nicht in meinen Händen. Wie ich höre, war sie eine bemerkenswerte junge Frau. Es tut mir leid, dass sie da hineingeraten ist.« Dann richtete er sich wieder auf. »Obwohl, ehrlich gesagt, wenn irgendjemand für Ms. Tullochs Tod verantwortlich ist, dann du. Wenn du nicht so wild darauf gewesen wärst, dich in die polizeiliche Ermittlung einzumischen, hätte sie niemals genug herausgefunden, um ihr Leben zu gefährden.«
»Nicht in deinen Händen, du abartiger ScheiÃkerl? Es sind doch deine Hände, die Ballast an ihr festmachen und sie über Bord schmeiÃen werden.«
Richard schüttelte den Kopf, als hätte er es mit einem uneinsichtigen Kind zu tun. Allmählich fragte ich mich, ob er verrückt war. Oder ob ich verrückt war.
»Das ist so typisch für dich, Tora. Wenn du in einem Streit mit Logik nicht weiterkommst, versuchst du es mit Beschimpfungen. Ist es da ein Wunder, dass wir uns niemals nahegestanden haben?«
»Halt den Mund! Das hier ist keine Familientherapiesitzung. Ich fasse es nicht, dass du mir hier was von Leben retten predigst. Du hast letzten Sonntag versucht, mich umzubringen. Du hast an meinem Boot und an meiner Schwimmweste rumgepfuscht.«
»Davon wusste ich nichts.«
»Hör auf, mich anzulügen. Du bist im Begriff, mich umzubringen, da ist es ja wohl das Mindeste, was du tun kannst, die Wahrheit zu sagen.«
»Er lügt nicht. Ich habe den Mast angesägt.«
Ich fuhr herum. Stephen Gair stand in der Tür der Backbordkabine. Sein Gesicht war zerknittert, ein wenig gerötet. Mein Blick schoss zu seinen FüÃen hinunter. Schwarze Schuhe.
»GroÃer Gott«, knurrte er. »Was muss man eigentlich tun, um hier ein bisschen pennen zu können?«
38
Ich
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