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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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vielleicht glaubst, er sieht ganz sicher so aus, aber es ist nicht so.«
    Â»Wie geht das?«, verlangte ich zu wissen, unwillig, etwas zu glauben, von dem die Logik mir sagte, dass es unmöglich wahr sein konnte. »Wie kann Duncan … und Kenn nicht?«
    Â»Richard, haben wir wirklich Zeit für diesen Scheiß?«
    Â»Ich habe seine Mutter geliebt«, sagte Richard. »Als es drauf ankam, konnte ich ihr nicht wehtun. Ich habe ihr geholfen zu fliehen. Sie lebt seit vierzig Jahren in Neuseeland.«
    Â»Und Kenn weiß nichts davon?«
    Richard schüttelte den Kopf. »Er kennt seine Mutter. Ich habe ihnen vor ein paar Jahren dabei geholfen, Verbindung miteinander
aufzunehmen. Wirklich, er ist keiner von uns. In vielerlei Hinsicht ist das ein großer Jammer. Er ist ein außergewöhnlicher Mann, hochbegabt, was hätte er alles vollbringen können, wenn … Nun ja, es hat keinen Sinn, über all das nachzudenken. Natürlich ist es meine Schuld. Ich habe mich hinreißen lassen. Das wird nicht wieder vorkommen.«
    Ich konnte sehen, wie Gair ungeduldig wurde.
    Â»Weißt du, du solltest eigentlich niemals ein Teil von all dem werden«, fuhr Richard fort. »Elspeth und ich haben dich gern. Wir wissen, dass Duncan dich liebt.« Sein Blick löste sich von mir und schien sich nach innen zu richten. »In einem Jahr hättest du ein Neugeborenes adoptieren können, vielleicht sogar Duncans Baby. Dir sollte nichts geschehen.«
    Â»Im Gegensatz zu der Mutter des armen Kindes, natürlich. Bin ich ihr heute Nacht begegnet? Welche sollte es denn sein? Odel oder Freya?«
    Â»Das führt doch zu nichts …«
    Â»Ich wünschte, Sie würden das Ding weglegen«, sagte Gair und trat einen Schritt vor.
    Â»Und ich wünschte, Sie würden sich die Pulsadern aufschneiden und über Bord springen.«
    Eine plötzliche Bewegung, ein Geräusch – das keiner von uns verursacht hatte. Richard und ich drehten uns gleichzeitig zur Backbordkabine um. Gair stürzte sich auf uns. Zu spät riss ich das Bolzenschussgerät hoch, gerade als sein ganzes Gewicht auf mich herunterkrachte. Ich drückte ab, fühlte, wie der Bolzen traf, und dann wurde mir das Gerät aus der Hand geschlagen, als wir beide zu Boden gingen.
    Einen Augenblick lag ich wie betäubt auf dem Kabinenboden, Gair über mir, drückte mich nieder.
    Â»Sei vorsichtig mit ihr, um Himmels willen«, sagte Richard. »Wir wollen doch das Baby nicht verlieren.«
    Â»Richard, würdest du dich bitte um das Boot kümmern? Weiß der Himmel, wo wir gerade sind.«
    Ich hörte, wie Richard sich bewegte, dann wurde der Maschinenlärm
lauter, und wir wendeten scharf nach Backbord. Ich hörte das Knistern des Bootfunkgeräts, hörte, wie er hineinsprach, wie er versuchte, Verbindung zu einem anderen Boot aufzunehmen.
    Gair trug einen zerknitterten grauen Anzug, zweifellos derselbe, den er angehabt hatte, als er festgenommen, befragt und des Mordes beschuldigt wurde. Wahrscheinlich hatte man ihm nicht gestattet, sich umzuziehen, ehe er die Nacht in der Zelle verbrachte. Bestimmt hatte er ihn auch am Morgen getragen, als er das den Puls in den Extremitäten dämpfende Sedativum schluckte, als er vorgab, sich zu erhängen, und davongekarrt wurde – nicht in die Leichenhalle, natürlich, sondern nach Tronal. Ein dunkler Fleck an seiner rechten Schulter breitete sich allmählich aus, doch falls er Schmerzen hatte, zeigte er es nicht.
    Ich glaube, mir gingen in diesem Moment tausend verschiedene Möglichkeiten durch den Kopf, ihn anzuflehen. Jeglicher Schneid war mir abhandengekommen. Ich wollte nicht mehr kämpfen. Ich wollte nur ein bisschen länger leben.
    Möglicherweise kam ich sogar dazu, den Mund aufzumachen, die ersten Worte zu formen, doch ich hatte keine Gelegenheit, sie auszusprechen. Denn Gairs Blick löste sich von mir und suchte den Boden ab, bis er das Bolzenschussgerät fand. Sein Gewicht verlagerte sich, als er sich hochstemmte und danach griff. Dann lehnte er sich wieder über mich, drückte das Gerät an meinen linken Oberschenkel und sah mir in die Augen. Er lächelte, als er abdrückte und meine Welt in weißglühendem Schmerz zerbarst.

39
    Ich konnte nichts sehen, konnte nichts hören, konnte nicht atmen. Wieder machte das Boot einen Schlenker.
    Â»â€¦ zum Teufel machst du denn?«, hörte

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