Todesqual: Thriller
fuhren gerade davon und hatten die Eingangstür offen gelassen. Lena lauschte in die Stille hinein, war aber zu unruhig, um stehen zu bleiben. Sie gingen die Treppe hinauf in den ersten Stock, wo sie dem Lichteinfall ins Schlafzimmer folgten, das an der Vorderseite des Hauses lag. Lena betrachtete die Doppelbetten, bemerkte eine Bibel auf dem Nachttisch, schenkte ihr jedoch keine weitere Beachtung. Stattdessen riss sie die Tür des Wandschranks auf. Als Novak im Badezimmer Licht machte, ließ sie den Blick über Waschbecken und Ablage gleiten.
»Für Haarbürste oder Kamm hat er vermutlich nicht viel Verwendung«, meinte Novak. »Aber wir müssten hier genug fürs Labor finden.«
Mehr als genug, dachte sie. Sie bemerkte zwei Rasierer, zwei Tuben Zahnpasta, zwei Zahnbürsten und zwei leere Ampullen einer Substanz namens Ganabol neben zwei benutzten Spritzen. Alles war doppelt vorhanden. Bei einem Mann ohne Freunde, den die Kellnerin »Mr. Doppelportion« genannt hatte.
Sie gingen hinaus und den Flur entlang, bis dieser eine Kurve beschrieb. Die Tür an seinem Ende war mit einem Riegel und einem Vorhängeschloss gesichert. Lena tastete an der Wand nach dem Lichtschalter und betätigte ihn. Als sie näher herantrat, hörte sie Novaks raschen Atem und auch ihren eigenen. Sie waren in Martin Fellows’ Haus. In Romeos Haus. Und starrten voller Schrecken auf eine verschlossene Tür.
Im nächsten Moment rief jemand ihren Namen. Laut. Ängstlich. Sie brauchten eine Weile, bis ihnen klar war, dass es sich um Lieutenant Barrera handelte.
»Haben Sie den Durchsuchungsbefehl?«, erwiderte Novak.
»Ich habe ihn«, entgegnete Barrera. »Wo sind Sie?«
»Hier oben.«
Novak biss die Zähne zusammen und brach die Tür mit einem kräftigen Tritt auf. Die Detectives machten einen Schritt vorwärts und blieben dann wie angewurzelt stehen. Als Lenas Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, wurde ihr klar, dass Fellows die Tür nicht abgeschlossen hatte, um andere am Betreten des Raums zu hindern. Ihm kam es eher darauf an, etwas darin zu bewahren.
Barrera stand hinter ihnen und schnappte nach Luft. »Um Himmels willen!«
Alles im Raum war von einer anderthalb Zentimeter dicken Staubschicht bedeckt. Die Fenster waren so schmutzig, dass sie wie überstrichen aussahen, das Sonnenlicht aussperrten und den Raum so in ständige Dunkelheit hüllten. Lena fiel auf, dass die altmodischen Möbel nicht mit dem Stil des übrigen Hauses übereinstimmten. Sie passten auch nicht zur Tapete, die eindeutig in ein Kinderzimmer gehörte. Sie kam zu dem Schluss, dass Fellows wahrscheinlich in diesem Zimmer aufgewachsen war und die Möbel ausgetauscht hatte.
»Was ist in diesen beiden Schachteln?«, fragte Barrera.
Lena drehte sich zum Bett um. Auf dem Kopfkissen lagen zwei Schachteln, etwa so groß wie Schuhkartons. Sie waren in braunes Papier verpackt und sahen aus, als seien sie mit der Post gebracht, jedoch nie geöffnet worden.
Lena zog Handschuhe an und näherte sich dem Bett. Auf dem Boden lag der Staub so dicht, dass sie Fußspuren hinterließ, als ginge sie auf dem Mond. Als sie das erste Päckchen zur Hand nahm und es abstaubte, entstand eine dichte Wolke vor ihrem Gesicht. Sie studierte Poststempel, Adresse und Absender. Beide Päckchen waren an Martin Fellows adressiert und kamen vom Krematorium in Hollywood.
»Was ist das?«, wollte Barrera wissen. »Was ist da drin?«
Lena las die Namen auf den Aufklebern und rechnete die Daten nach. »Seine Großeltern.«
»Seine was?«
»Seine Großeltern. Ihre Asche wurde vor einundzwanzig Jahren an diese Adresse geschickt.«
Ein Schauder lief ihr den Rücken hinunter. Dann kam ein Lichtblitz. Das Ungeheuer nahm immer konkretere Gestalt an. Sie warf Novak, der neben Barrera an der Tür stand, einen Blick zu. Dann hörte sie Schritte auf der Treppe. Die Spurensicherung war da.
»Er ist bei seinen Großeltern aufgewachsen«, sagte Novak. »Hier hat er seine Kindheit verbracht.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Barrera.
Als Lena ihrem Partner in die Augen sah, leuchteten sie hell und lebhaft, und auf einmal war alles sonnenklar.
»Von allem zwei«, meinte Novak. »Er hat ein zweites Haus.«
59
E s hatte nur eine Stunde gedauert, den Inhalt des Badezimmers sicherzustellen. Nun wurde er in einem schwarzweißen Streifenwagen in Windeseile den Freeway 10 hinunter ins Labor gebracht.
Barrera blieb noch, verbrachte aber die meiste Zeit am Telefon. Während Lena Fellows’
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