Todesqual: Thriller
getippt und war dazwischen immer wieder nach oben in die Kriminaltechnik gelaufen, um einen Blick auf den Monitor zu werfen. Leider waren die Vernehmungszimmer – anders als man es aus Film und Fernsehen kennt – nicht mit Beobachtungsräumen oder verspiegelten Glasscheiben ausgestattet. Bei geschlossener Tür konnte man die Vernehmung nur mithilfe der Kamera und des Mikrofons verfolgen, die im Rauchmelder an der Decke versteckt waren.
»Was ist mit der DNA?«, fragte Novak.
»Aus seinem Kamm wurden Haare sichergestellt. Außerdem hat Tito ihm heute Morgen einen Kaffee geholt und anschließend den Becher behalten. Die Proben waren im Labor, ehe wir aus Pasadena zurückkamen. Ich habe noch mal angerufen, um auf Nummer sicher zu gehen. Barrera hat denen bei Piper Tech kräftig Dampf gemacht. Montagnachmittag müssten die Ergebnisse da sein.«
Novak schien sich über Barreras Unterstützung zu freuen. Das Labor war völlig überlastet und personell unterbesetzt, sodass es normalerweise Monate, nicht etwa Tage dauerte, bis man wusste, woran man war. Lena erinnerte sich an einen Fall, in dem sie während ihrer Zeit in Hollywood ermittelt hatte. Damals hatte sie eine Blutprobe zur Analyse eingeschickt, die Resultate jedoch erst ein Jahr nach der Verurteilung des Verdächtigen erhalten.
»Hast du ihn im Computer überprüft?«, fragte Novak.
»Zwei Festnahmen wegen Alkohols am Steuer als Student. Seitdem nichts mehr.«
Novak hielt inne und blickte zwischen seiner Tochter und Lena hin und her. »Ich bin gleich zurück.«
Er ging davon und ließ Lena mit dem Mädchen allein. Sicher wollte er zu den Monitoren im dritten Stock. Unter gewöhnlichen Umständen hätte Lena nichts dagegen gehabt, eine Pause einzulegen und Kristin Händchen zu halten. Allerdings hatte sie eine lange Nacht vor sich und musste dringend etwas essen, um bei Kräften zu bleiben. Sánchez und Rhodes vernahmen Brant nun schon seit über einer Stunde. Bald würden Lena und Novak übernehmen müssen. Danach würden die Teams sich so lange abwechseln, bis Brant entweder einknickte oder einen Anwalt verlangte. Lena wusste, dass Novak sie und Kristin gern zusammen sah. Er fand es wichtig, dass seine Tochter normale Menschen kennenlernte.
Heute jedoch empfand sie seinen Wunsch als Zumutung, denn eigentlich hatte sie geplant, den vorläufigen Bericht der Kriminaltechnik zu lesen und sich Gedanken darüber zu machen, wie sich die Indizien auslegen ließen. Trotz des weichen Bodens waren im Garten unterhalb des offenen Schlafzimmerfensters keine Spuren gefunden worden. Eine Untersuchung des Parkplatzes im Rustic Canyon Park hatte nichts erbracht. Es gab keinerlei Hinweise darauf, wo der Täter den Tatort betreten und ihn wieder verlassen hatte. Soweit Lena es bis jetzt beurteilen konnte, deckten sich die kriminaltechnischen Resultate mit ihren eigenen Vermutungen: Entweder war der Mörder wie ein Vampir durch das Schlafzimmerfenster geflogen – oder er hatte sich mit seinem eigenen Schlüssel Zutritt zum Haus verschafft.
Lena riss den Beutel mit dem Plastikbesteck auf und machte sich über das Steak her. Das Mädchen beobachtete sie.
»Es sieht angebrannt aus«, sagte Kristin.
»Nur von außen. Ich mag es so.«
Lena aß den ersten Bissen. Das Fleisch war so zart, dass sie kaum zu kauen brauchte. Während sie den Salat kostete, lehnte Kristin sich an den Schreibtisch ihres Vaters. Ihre Bewegungen wirkten unbeholfen, und ihr Verstand arbeitete sichtlich, so als wolle sie etwas sagen, dabei aber nach einer bestimmten Reihenfolge vorgehen.
»Dad sagt, ihr wärt beschäftigt und deshalb könnte ich nicht lange bleiben.«
»Hört sich für mich typisch nach deinem Dad an.«
Das Mädchen lächelte, allerdings verlegen. Lena hatte den Eindruck, dass Kristin sie abschätzend musterte. Sie hatte Novaks blaue Augen und sein hellblondes Haar geerbt, doch damit war die Ähnlichkeit mit ihrem Vater auch schon zu Ende. Ihr kantiges Gesicht war apart, jedoch unschuldig im Ausdruck. Bei ihren wenigen Begegnungen hatte Lena den Eindruck gewonnen, dass Kristin zwar die Wissbegier und Klugheit ihres Vaters besaß, jedoch noch nicht die Zeit gehabt hatte, sie zu schärfen. Wenn sie ihre Probleme mit Alkohol und Drogen überwand, endlich die Scheidung ihrer Eltern verarbeitete und es unbeschadet bis zum dreißigsten Geburtstag schaffte, hatte sie vielleicht eine Chance.
Das Mädchen ließ den Blick durch den Raum schweifen und drehte sich dann um. Sie waren noch immer
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