Todesqual: Thriller
auch wenn man im Pink Canary nur Zutaten aus biologischem Anbau verwendete. Eine Weile hat er aus Angst vor der Vogelgrippe sogar Huhn gemieden, sodass nur noch Lamm und Schwein übrig geblieben waren. Also war seine Nahrungsversorgung eindeutig gefährdet, was das Leben für einen Bodybuilder ganz besonders schwierig machte. Seit er trainierte, hielt er eine ausgeklügelte Diät: vierzig Prozent Eiweiß, vierzig Prozent Kohlenhydrate und zwanzig Prozent Fett, meist aufgenommen in Form von zwei Esslöffeln Leinöl nach jeder Mahlzeit. Dass er sich Gedanken über verseuchte Nahrung machen musste, war ein zusätzliches Ärgernis.
Er beobachtete Harriet, die mit ihren sanften blauen Augen die Speisekarte studierte. Sie trug das Haar zurückgesteckt, wie er es mochte.
»Ich nehme wahrscheinlich einfach Huhn«, meinte er leise. »Sie haben diese Woche noch gar keine Rigatoni gehabt.«
»Ich dachte eigentlich an Aubergine.«
»Lasagne?«
Sie lächelte und unterdrückte ein Gähnen. »Auberginenlasagne mit Tomatensauce und einen Eistee.«
»Ich habe neulich gefragt, ob man auch halbe Portionen haben kann.«
»Schon gut. Was ich nicht aufkriege, nehme ich mit nach Hause. Es ist gestern spät geworden, und ich möchte früh schlafen gehen.«
Da hatte er es. Die Bestätigung, dass sie letzte Nacht mit Burell zusammen gewesen war. Er sah es in ihren Augen. Fellows drehte sich zu seinem Schreibtisch um und überlegte, ob er einen Eintrag in sein Notizbuch machen sollte, bevor er es vergaß.
»Haben Sie etwas, Martin?«
Er schüttelte den Kopf. »Alles bestens.«
Er würde es nicht vergessen, beschloss er. Das durfte er nicht.
»Alles bestens«, wiederholte er.
Nachdem sie ihm zehn Dollar gegeben hatte, ging er zur Tür. Bis vor zwei Monaten hätte er die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass Harriet ein gutes Mädchen war. Ruhig, schlicht, die Frau, von der er immer geträumt hatte. Bis vor zwei Monaten hätte sie sogar die Jungfrau Maria sein können, die zurückgekehrt war, um ihm den Weg zur Erlösung zu zeigen. Inzwischen war ihm klar, dass sich die Lage umgekehrt hatte, und dass er eine Methode finden musste, um sie zu retten.
Ohne die Empfangsdame eines Blickes zu würdigen, setzte er die Sonnenbrille auf, öffnete die Tür und eilte über den Parkplatz. Obwohl das Restaurant in Laufnähe war, musste er das Auto nehmen, weil die Sonne schien. Zehn Minuten später stand er in der Schlange, wartete auf seine Bestellung und beobachtete Finn durch das Fenster. Sein Freund war gerade eingetroffen, saß an ihrem Tisch im Schatten und las die Zeitung. Fellows drehte sich zu der alten Frau hinter der Theke um und bemühte sich um Geduld. Sie war klein und dicklich und erzählte gerade dem Kunden vor ihm einen ihrer schmutzigen Witze. Fellows hörte ihrem Geschwätz schon seit Monaten nicht mehr zu. Allerdings schienen die anderen Gäste an der Theke sie amüsant zu finden, denn er stellte fest, dass alle lachten. Als sein Essen endlich kam, ging er zur Kasse, bezahlte mit einem gezwungenen Lächeln, als hätte er den Scherz verstanden, und steckte die üblichen zehn Prozent in die Trinkgelddose. Dann eilte er mit seinem Tablett und zwei Flaschen Mineralwasser hinaus zu Finn.
»Tut mir leid, Martin, aber ich kann nicht lange bleiben. In der Arbeit geht es drunter und drüber.«
Fellows schwieg und versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Nachdem er beide Portionen Pollo Cacciatore auf den Tisch gestellt hatte, wischte er seine Gabel mit einer Papierserviette ab und fing an, den Salat zu essen.
»Du siehst müde aus«, meinte Finn. »Du hättest nach dem Training gestern sofort nach Hause fahren sollen. Aber stattdessen hast du einen Ausflug in die Hügel unternommen.«
Fellows rückte seine Sonnenbrille zurecht und betrachtete seinen Freund. »Ich bin nicht müde. Es liegt am Licht. Es ist so hell heute.«
»Die Sonne spiegelt sich in der Fensterscheibe da drüben. Willst du den Platz tauschen?«
Fellows blickte zu der Wohnung über dem Pink Canary hinüber. Das grelle Licht, das von der Scheibe zurückgeworfen wurde, schien ihn anzuleuchten wie ein Bühnenscheinwerfer.
»Schon gut«, meinte er. »Was ist mit heute Abend?«
»Alles paletti. Wir haben eine Verabredung.«
Erschaudernd vor Erregung, legte Fellows die Gabel weg. »Warum hast du das nicht gleich gesagt? Gestern Abend klang es, als wolltest du einen Rückzieher machen.«
»Nein, Martin. Niemand macht hier einen Rückzieher. Heute
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