Todesqual
erwähnten Vorfall auszuschließen. Ich denke, wir werden auf weitere häusliche Gewalt stoßen, wenn wir länger in seiner Vergangenheit graben. Sicher hat er seine Frau noch öfter misshandelt. Betrachten Sie seinen Herzschlag und seinen Blutdruck. Als ich fragte, ob er sie umgebracht hat, schießen die Werte über die Skala hinaus.«
Paladino konnte seinen Zorn nicht mehr zügeln. »Jetzt aber
Moment mal. Dieser Test wurde mit einem Computer durchgeführt, nicht mit einem richtigen Lügendetektor.«
»Er funktioniert digital«, erklärte Rodríguez, »und ist somit genauer als ein analoges Gerät.«
»Und wenn es Probleme mit der Software gibt?«
Als Lena Novak ansah, bemerkte sie, dass ein leichtes Lächeln um seine Lippen spielte. Paladino verhielt sich wieder einmal typisch und warf Nebelkerzen, als stünde er im Gerichtssaal.
»Dieses Gerät funktioniert ausgezeichnet«, erwiderte Rodríguez.
»Mag sein«, entgegnete der Anwalt. »Mag aber auch nicht sein. Ich kann das nicht beurteilen, denn ich bin schließlich kein Informatiker. Ich sehe lediglich Hinweise darauf, dass mein Mandant Herzschlag hat und atmet. Aber kann dieses Gerät erkennen, ob jemand lügt?«
Alle schwiegen.
Rodríguez’ Miene verfinsterte sich. »Die Antwort auf diese Frage kennen Sie selbst, Herr Anwalt.«
Paladino schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass die amerikanische Bürgerrechtsvereinigung dieses Ding als Voodoo-Zauber bezeichnet.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen, Herr Anwalt. Doch Ihr Mandant hat sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht an die Wahrheit gehalten, als er die Fragen beantwortete. Wenn Sie eine Kopie dieser Ergebnisse möchten, drucke ich Ihnen gerne eine aus.«
Paladino fletschte die Zähne zu einem Lächeln und trat dann beiseite, um auf die Uhr zu sehen. »Ich verzichte, Mr. Rodríguez. Falls niemand etwas dagegen hat, zeige ich meinem Mandanten jetzt den Ausgang.«
Den anderen den Rücken zugekehrt, wartete er einen Moment ab. Als keine Einwände kamen, trat er in den Flur hinaus. Lenas Blick glitt zu Brant, der immer noch im Raum
gegenüber am Schreibtisch saß. Sie versuchte zu verstehen, was in ihm vorging. Ihre Blicke trafen sich, und ihr wurde klar, dass Brant sie angestarrt hatte.
»Lass uns verschwinden«, sagte Paladino.
Brant wandte sich von Lena ab und sprang mit erleichterter Miene auf. Lena und die anderen beobachteten, wie Brant mit seinem Anwalt die Abteilung verließ und um die Ecke verschwand. Als Lena die Aufzugtür hörte, schaute sie erst Sánchez und Rhodes und dann ihren Partner an, der noch immer auf die Tür starrte.
»Jetzt ist er auf freiem Fuß«, meinte Novak.
17
D er Nebel vom Meer war so dicht und die Nacht so dunkel, dass Lena den Ozean nicht sehen konnte, als sie am West Channel rechts abbogen und auf die Hügel zusteuerten. Sánchez wohnte in Playa Del Rey am Strand und hatte sich erboten, Lena zurück zum Tatort zu fahren, wo noch immer ihr Auto stand. Laut Uhr auf dem Armaturenbrett war es Viertel nach zehn. Doch als sie durch die Windschutzscheibe in die schimmernde Nebelwand starrte, fühlte es sich viel später an.
Lena hatte einen Punkt erreicht, an dem Koffein nichts mehr ausrichten konnte. Da es dem restlichen Team ganz ähnlich ging, fragte sie sich, wie Sánchez nur mit der schmalen Straße zurechtkam. Er wirkte erschöpft und hatte seit zwanzig Minuten kein Wort mehr gesprochen. Genau genommen verhielt er sich schon den ganzen Tag recht still. Während sie auf Paladino gewartet hatten, war er einige Male mit seinem Mobiltelefon hinausgegangen.
Sánchez bog an der Oak Tree Road links ab und rollte über die Holzbrücke. Langsam und ohne hinzuschauen fuhr er am Mordhaus vorbei und stoppte dann hinter Lenas Wagen.
»Wird dir die Heimfahrt auch wirklich nicht zu viel, Tito?«
»Alles bestens, Lena. Und dir?«
»Ich bin fit«, erwiderte sie. »Aber du bist heute so still.«
»Probleme zu Hause«, meinte er nach kurzem Zögern.
»Schlimm?«
»Schlimm genug.«
Lena wusste, dass Sánchez seit drei Jahren zum zweiten Mal verheiratet war. Sie kannte seine Frau zwar nicht, hatte aber gehört, dass die beiden sich sehr nahestanden.
»Ich liebe meinen Beruf«, sagte er. »Und ich liebe meine Frau. Und der Gedanke, dass ich vielleicht nicht beides zugleich haben kann, macht mich manchmal sauer.«
»Sie mag es wohl nicht, wenn du Überstunden schiebst.«
Er lachte auf. »Vermutlich wäre sie mit einem Schreibtischtäter glücklicher. Aber sie wird sich
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