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Todesqual

Titel: Todesqual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ellis Karin Dufner
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einen nervösen, ja, sogar gereizten Eindruck. Wie Nikki wusste, wollte er beweisen, wie tüchtig er war, in der Hoffnung, dass man ihn noch brauchen würde, wenn die beiden Unternehmen schließlich zu einem einzigen Konzern verschmolzen.
    Langsam kehrte sie in die Wirklichkeit zurück.
    Als sie über den Rand der Bettdecke spähte, stellte sie fest, dass er seine Hose auf den Stuhl warf und die Boxershorts auszog. Da er zum Abstreifen der Socken den Kopf senkte, konnte sie endlich einen Blick auf die Uhr erhaschen. Es war noch früh. Erst halb zwei Uhr. Bei seinem Anruf um zehn hatte er gesagt, sie würden sich erst morgen sehen. In der
Dunkelheit konnte sie sein Gesicht nicht erkennen, hatte aber den Eindruck, dass er lächelte. Vielleicht wollte er sich ja eine freie Nacht gönnen. Oder die Buchprüfung war endlich abgeschlossen, sodass ihr Leben und ihre Ehe wieder ihnen gehörten.
    Nikki setzte zum Sprechen an, befürchtete aber, durch ihren Tonfall ihr Geheimnis zu verraten. Sie wollte damit weiterschlafen und es noch ein oder zwei Nächte oder sogar länger auskosten, bis genau der richtige Zeitpunkt da war. Sie ahnte, dass es nicht leicht werden würde. Denn sie wusste, dass James sich nicht so sehr darüber freuen würde wie sie. In der vergangenen Woche hatte sie, um schon einmal vorzufühlen, ein paarmal Andeutungen fallen gelassen, doch das Ergebnis war immer ein schrecklicher Streit gewesen. Eine ganz besonders hässliche und lange Auseinandersetzung endete mit dem unangenehmen Ergebnis, dass er sie einen Tag lang anschwieg. Warum begriff er einfach nicht, wie wichtig es ihr war?
    Der dämliche Hund bellte schon wieder. Diesmal lauter und schriller.
    Sie spürte, dass James in der Dunkelheit auf sie zukam. Er zog ihr das zweite Kopfkissen weg und schlüpfte auf ihrer Seite des Bettes unter die Decke. Dannn küsste er sie, ungewöhnlich leidenschaftlich und heftig, auf die Lippen. Als er sich an ihr rieb, wurde ihr klar, dass er mit ihr schlafen wollte. Lächelnd seufzte sie und erwiderte seinen Kuss, während ihr schon wieder die Augen zufielen. Sie wünschte, sie hätte die dumme Tablette nicht genommen.
    Er streichelte ihr Kinn mit dem Finger. An seiner Haut roch sie die Seife, die sie in seiner Firma auf den Toiletten benutzten. Der Hauch von Kakaobutter erinnerte sie an Sonnencreme und die Tage, die sie, Seite an Seite, am Strand im heißen Sand gefaulenzt hatten. In einer kühlen Aprilnacht wirkte der Duft irgendwie unpassend.

    Er wälzte sich über ihr Bein und fand die Mitte. Als er in sie eindrang, schlang sie die Arme um ihn und hielt sich fest, so gut sie konnte. Sie dämmerte wieder weg. Schlief ein. Bewahrte ihr Geheimnis in ihren Träumen. Sie war froh, dass er heute früher nach Hause gekommen war, froh über ihr Beisammensein. So sollte es sein.
    James und Nikki Brant zusammen.
    Komisch, aber sie hatte seinen Wagen gar nicht in der Auffahrt gehört. Auch nicht die Eingangstür, die beim Öffnen stets ein ohrenbetäubendes Quietschen von sich gab.

2
    L ena Gamble legte das Kreuzworträtsel auf den Tisch und griff nach dem Kaffeebecher. Als sie einen Schluck von dem dampfenden Kaffee nahm, schmeckte das kochend heiße Getränk so kräftig und aromatisch, wie man es sich nur wünschen konnte. Starbucks’ Hausmischung, gekauft im Supermarkt in Beachwood, und zwar für den dreifachen Preis der anderen Marken. Doch Lena fand, dass der Kaffee das viele Geld wert war. Er war das einzige Geschenk, das sie sich selbst machte. Jeden Morgen brühte sie ihn sich Tasse für Tasse auf, und zwar mit Teekessel und Filtertüte wie ein Junkie, der sich mit rot glühendem Löffel den Stoff portioniert.
    Lena saß am Pool, versuchte wach zu werden und wartete darauf, dass die Sonne über Los Angeles aufging. Ihr Haus stand auf der Kuppe eines Hügels oberhalb von Hollywood, östlich des Cahuenga-Passes und westlich vom Beachwood Canyon. Die Aussicht hier oben war ein Traum. Lena konnte die Wolken beobachten, die auf Augenhöhe vom gut zwanzig Kilometer entfernten Meer heranzogen. Die Westside war noch in trübes Grau gehüllt. Im Osten hatte die Sonne den Dunstschleier über dem Meer bereits weggebrannt. Der Library
Tower, das höchste Gebäude westlich von Chicago, schimmerte feurig orangerot und schien vor dem klaren blauen Himmel zu vibrieren.
    Eine Viertelstunde lang würde sich eine Postkartenstimmung über die Stadt senken, wie sie sich die Touristen während ihres Urlaubs im Paradies erträumten.

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