TodesReich/Todesengel (German Edition)
„Gut
gemacht“, sagte Brockmann lächelnd und klopfte Weitzeger auf die Schulter. Sie
haben’s denen ordentlich gezeigt. Offensichtlich war der Umgang mit der Presse
für Brockmann ein Kampf. Kowalski indes wusste noch nicht, ob er sich freuen
oder ärgern sollte. Er hatte das Wort „Tod“ bewusst nicht in den Mund genommen,
er wollte nicht unnötig Öl ins Feuer gießen. Auf der anderen Seite hatte
Weitzegers Ansprache seinen Zweck erfüllt. Die Presseleute waren zufrieden
gewesen. Er beschloss es dabei zu belassen. Ein Lob für den jungen Kollegen?
Beileibe nicht.
Es
gingen im Laufe des Vormittags zahlreiche Hinweise ein. Eltern die ihre Schüler
am besagten Tag von der Realschule abgeholt hatten und das Mädchen auf dem
Pausenhof sahen, Autofahrer, die sie auf ihrem Weg zur Schule gesehen hatten,
sogar eine alte Frau, die das junge Mädchen am Montagmorgen auf Sylt gesehen
haben wollte. Es half alles nichts. Alle Hinweise bezogen sich auf die Zeit bis
zum Unterrichtsschluss und ihren anschließenden Gang über den Pausenhof. Ein
Imbisswirt aus der Innenstadt rief an und sagte, dass das besagte Mädchen
regelmäßig zu ihm zum Döneressen kam, das letzte Mal vergangen Freitag. Sie
notierten die Adresse und beschlossen dort hinzufahren. Einfach nur um zu
erfahren, ob sie sich hin und wieder in Gesellschaft Anderer befand.
Sie
erreichten den Imbiss zur Mittagszeit. Es war überraschend wenig los. Erst
gegen Abend würde sich das Lokal wieder füllen. Die Leute bestellten die Ware
vor allem im Vorübergehen am Straßenverkauf.
„Guten
Tag“, begrüßte sie der junge Türke, mit deutlichem Akzent. Was möchten sie
bitte?“
Kowalski
zog seinen Ausweis.
„Ah
ja, wir haben telefoniert“, sagte der junge Mann.
„Wollen
sie etwas trinken?“, er deutete auf die Zapfanlage.
„Nein
Danke“, lehnte der Kommissar ab, obwohl er gerne ein Bier gehabt hätte. Aber
das kam nicht gut. Außerdem wollte er nicht riskieren, das Morgen in der Presse
stand: „Leitender Kommissar im Fall Nadja betrinkt sich während der
Dienstzeit.“
Sie
setzten sich an einen Ecktisch und Kommissar Kowalski begann mit den Fragen.
„Wie oft
kommt Nadja Stegner hierher?“
„Einmal
die Woche. Mindestens.“
„In
Begleitung, oder alleine.“
„Immer
in Begleitung. Mit Freundinnen.“
„Auch
in männlicher Begleitung?“
„Nein,
nie.“
„Sind
die Mädchen, mit denen sie hier war älter oder jünger als sie?“
Der
Türke dachte kurz nach.
„Gleich
alt würde ich sagen.“
„War
sie schon mal mit jemandem hier, der deutlich älter war als sie?“
„Nein“,
schüttelte der Imbisswirt den Kopf.
„Danke“,
sagte Kommissar Kowalski.
„Das
war auch nichts“, resümierte Kowalski, als sie wieder auf der Straße standen.
„Was
auch immer sie oder jemand anders veranlasst hat. Es war gründlich gewesen.“
In den
nächsten Tagen gingen noch zahlreiche Hinweise ein. Ab dem dritten Tag wurde
der Informationsfluss spärlicher, nach einer Woche meldete sich kaum noch
jemand. Kommissar Kowalski wusste, dass sie gegen die Zeit arbeiteten. Hinweise
durch die Bevölkerung waren nach mehr als einer Woche unwahrscheinlich. Die
Leute wussten ja oft nicht, was sie am Vortag gegessen hatten. Wie sollten sie sich
da an eine kleine, scheinbar unwichtige Begegnung erinnern und Kowalski konnte
es ihnen nicht verdenken. Man konnte ja nicht immer mit den Augen eines
paranoiden durch die Gegend laufen. Wenn jemand ernsthaft glaubte Zeuge eines
Verbrechens geworden zu sein, wandte er sich doch ohnehin sofort an die
Polizei, oder?
Am Mittwochmittag
kam Steffen mit einer Akte ins Kommissariat.
„Schon
gehört? In Moers wird ein Junge vermisst.“ Er näherte sich dem Schreibtisch von
Kowalski und lehnte sich dagegen.
Wird immer
frecher, dachte Kowalski. Er war als junger Polizist seinem Vorgesetzten
Kommissar auf Knien hinterher gerutscht, hatte jeden Mist für ihn erledigt und
nie widersprochen, selbst wenn sein Chef den größten Bockmist machte.
„16
Jahre“, fuhr Weitzeger fort. „Zuletzt gesehen am vergangenen Freitag.“
Kowalski
zuckte mit den Schultern. „Glaub nicht, dass das was mit unserem Fall zu tun
hat.“
„So?
Warum nicht? Sie glauben, es handelt sich um ein Sexualverbrechen.“
Kowalski
verdrehte die Augen. „Weitzeger. Ein 15jähriges Mädchen verschwindet.
Willkommen in der Realität. Dabei handelt es sich meistens um ein
Sexualverbrechen.“
„Und
warum glauben sie, dass
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