TodesReich/Todesengel (German Edition)
wenn das Lokal von Seiten der Gesellschaft ordentlich
eingeräuchert wurde.
„Also
Herr Kommissar, wie werden wir weiter vorgehen?“
„Hör
auf mit dem „Herr Kommissar“.“
„Dann
eben Bernd.“
„Hey,
ich hab dir nicht erlaubt mich zu dudsen!“
„Dann
tun sie es doch jetzt. Außerdem habe ich sie ja gar nicht gedudst, sondern nur
ihren Vornamen genannt. Ich kann sie ja trotzdem weiter siedsen. Das machen
Scully und Mulder auch.“
Kowalski
hatte keine Ahnung wovon der Junge sprach.
„Wo
hast du überhaupt meinen Vornamen aufgeschnappt?“
Niemand
nannte ihn bei seinem Vornamen, außer seiner Mutter. Was wohl daran lag, dass
er außer zu seiner Mutter zu niemandem persönlichen Kontakt hatte.
„Ihr
IT-Steckbrief.“
„Mein
was?“
„Ihr
IT-Steckbrief. Das Controlling hat auf der Internetseite des Reviers eine
Personalseite angelegt, mit Namen und Passfoto aller Polizisten und Angestellten.
Damit die Öffentlichkeit ein persönlicheres Verhältnis zur Polizei bekommt.“
Ein
persönlicheres Verhältnis, das konnten sie bekommen wenn er ihnen die Arme auf
den Rücken verdrehte und sie in Handschellen nahm, dachte Kowalski. Aber von
den Internetsteckbriefen wusste er nichts. Ein Skandal! Man hatte also einfach
die Fotos aus ihrer Personalakte eingescannt und ins Internet gestellt. Soviel
zum Thema Datenschutz.
„Ich hab
mich vorab über die Abteilung informiert, in die ich kommen würde und hab dabei
gleich mal alle Namen und Ränge recherchiert.“
„Na
dann weißt du ja, dass ich dein Vorgesetzter bin, Herr Ermittler.“
„Na
geht doch!“
„Was?“
„Jetzt
haben sie mich ja doch gedudst.“
Sie
zahlten und gingen wieder ins Freie. Die Luft wirkte nach dem Smog in der
Kneipe so, als könnte sie frischer nicht sein, obwohl sie sich in der
Innenstadt befanden.
Kommissar
Kowalski kratzte sich umständlich am Kopf und beantwortete die noch offene
Frage:
„Wir
müssen uns an die Öffentlichkeit wenden. Ein Fahndungsfoto an die Presse geben,
Zeugenhotline einrichten. All’ so ‘n Scheiß.“
„Zeugenhotline?“
„Macht
man so. Bei unter 18jährigen hängt man ein Verschwinden an die ganz große
Glocke. Wenn nicht, hängt man uns an die ganz große Glocke.“
Sie
fuhren zurück ins Revier und veranlassten das Notwendige. Bereits in den
Abendnachrichten wurden ein Foto und eine kurze Personenbeschreibung, sowie der
Zeitpunkt und der vermutliche Ort des Verschwindens preisgegeben. Für den
kommenden Morgen war eine Pressekonferenz um 9.00 Uhr einberufen.
„Also
was haben wir“, fragte der Chef schon am vorigen Abend.
„Wir
haben nichts“, sagte Kowalski genervt. „Sonst würden wir uns ja nicht an die
Presse wenden.“
Brockmann
setzte einen entsetzten Gesichtsausdruck auf.
„Nichts?!
Was heißt nichts?! Es muss doch irgendwas geben!“
„Sie
war in der Schule, ist mit ihren Freundinnen über den Pausenhof gelaufen. Hat
alleine ihren Heimweg angetreten und das war’s. Keine Zeugen.“
Brockmann
stöhnte laut auf.
„Die
werden uns in der Luft zerreißen.“
„Wir
haben alles versucht“, rechtfertigte Kommissar Kowalski. „Jeden Schüler an
ihrer Schule einzeln befragt. Jeden Anwohner. Es gibt keinerlei Hinweis auf
ihren Verbleib.“
Brockmann
sinnierte einen Moment vor sich hin. Dann richtete er seinen Blick auf Steffen
Weitzeger, der etwas zurückversetzt neben dem Kommissar an einem Schreibtisch
stand.
„Weitzeger
wird bei der Pressekonferenz dabei sein.“
„Was...wieso?“,
stammelte Kowalski.
„Wieso?“,
fragte Brockmann scheinbar erstaunt.
„Weil
er an diesem Fall mitarbeitet, außerdem macht es einen guten Eindruck auf die
Presse, wenn ein junger Kollege dabei ist.“
Das
war ein Schlag in den Magen für Kowalski. Er hatte nie jemanden gebraucht. Kannte
jeden Redakteur der Stadt beim Namen. Er konnte die Öffentlichkeit spielend
bewältigen. Hatte jeder noch so spitzen Frage mit seiner Mäßigkeit den Wind aus
den Segeln genommen. Er brauchte keine Hilfe!
Weitzeger
trat neben ihn. Als hätte er seine Gedanken gelesen sagte er:
„Keine Angst. Ich stehle ihnen nicht die Show.“
Kowalski,
Brockmann und Weitzeger betraten nacheinander den Raum C03, der ebenerdig im
rechten Gebäudekomplex des Präsidiums lag und über einen gesonderten Eingang
erreicht werden konnte, damit der gewöhnliche Bürobetrieb nicht gestört wurde.
Der Raum war gut gefüllt. Die Presseleute waren zahlreich erschienen. Kowalski
sah Lisa Bürger vom
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