Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
machen.“
Spaßig war anders , dachte Theresa, als sie um 6 Uhr aus dem Bett stieg. Und zu allem Überfluss hatte der sympathische Wettermann aus dem Radio für diesen Samstag Regenschauer angesagt.
Aber sie wollte bei ihrer Tochter nicht wieder – wie so oft in letzter Zeit – als Spielverderber dastehen, und Charlotte hatte natürlich recht: Sich in Selbstmitleid zu suhlen, hatte noch keinem etwas genutzt.
Sie schaute aus dem Fenster in die Dunkelheit und hoffte darauf, dass sich ihre depressive Stimmung legen würde.
Die ganze letzte Woche hatte sie damit verbracht, die Sachen ihres verstorbenen Mannes zu sortieren. Sie wollte nichts behalten. Zu groß waren die Verletzungen an ihrer Seele, die er ihr sogar noch nach seinem Ableben zugefügt hatte. Ein großer Teil seiner Besitztümer landete im Müllcontainer, hauptsächlich Papierkram, Zeitschriften und die Kleidung, die nicht mehr tragbar war. Seine Bücher, seine CDs und seine persönlichen Gegenstände packte sie in Umzugskisten.
Verschwinde einfach aus meinem Leben, du Verräter. Ich werde dir keine Träne nachweinen . Freilich wusste sie, dass sie sich selbst belog. Sie hatte schon viele Tränen vergossen und viele Nächte wachgelegen, in denen sie darüber nachdachte, wie es denn nun weitergehen sollte.
Der Trödelmarkt fand auf dem großen Parkplatz der Felsbreche vor der Sporthalle statt. Freitags war hier Markttag, auch der ansässige Schützenverein feierte mit einer kleinen beschaulichen Kirmes jährlich das Schützenfest. Der Trödelmarkt, über die Stadtgrenze hinweg bekannt, lockte besonders bei schönem Wetter viele Besucher an.
Es herrschte schon emsiges Treiben auf dem Platz, als Theresa eintraf. Ein munteres Durcheinander und lautes Stimmengewirr begrüßten sie.
Viele Trödler kannten sich schon seit vielen Jahren, trafen immer wieder auf verschiedenen Märkten aufeinander.
Wie eine große Familie , dachte sie.
Sie parkte ihr Auto neben dem Stand, den man ihnen zugewiesen hatte, und stieg müde aus.
Charlotte bemühte sich gerade, den Tapeziertisch aufzubauen. Sie sah hübsch und ausgeschlafen aus, denn im Gegensatz zu ihrer Mutter war sie eine Frühaufsteherin. Braune glatte Haare umrahmten ein rundes offenes Gesicht. Charlotte war immer fröhlich, obwohl auch sie schon viel in ihrem kurzen Leben mitmachen musste.
„Hi Mamsell, da bist du ja endlich. Komm, wir müssen uns beeilen. Hast du den Pavillon dabei? Für heute Nachmittag haben sie Regen angesagt. Sebi hätte das auch für uns machen können, aber der hat ja keinen Bock auf so etwas.“ Charlotte hegte keinerlei Illusionen ihrem Bruder gegenüber. In ihren Augen war er faul, labil und egoistisch. Doch er war ihr Bruder und sie liebte ihn.
„Nein, er lag noch im Bett, als ich ging, und er wollte zum Mittag noch im Fitness-Studio trainieren gehen. Also wie immer keine Zeit. Du weißt doch, Schatz, selbst ist die Frau, das wird ab jetzt mein neues Motto sein.“ Theresa versuchte zu lächeln, aber ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Ach Mum, sei nicht traurig. Wir machen uns heute einen schönen Tag, nur wir beide, und mit dem Geld, das wir hier verdienen, gehen wir am Abend schick zu Leonardo und genehmigen uns eine kalorienreiche, fette Pizza und eine leckere Flasche Chianti.“ Charlotte nahm Theresa behutsam in den Arm und streichelte ihren Rücken. „Nicht weinen, Mama, weine nicht. Alles wird gut. Ich bin ja da.“
Theresa wischte sich die Tränen ab, gab ihrer Tochter einen Kuss auf die Wange und begann ohne einen weiteren Kommentar, die Kisten aus dem Auto zu laden. Sie schämte sich für ihre Schwäche.
Der Pavillon war schnell aufgebaut. Sie hatte ihn unzählige Male für irgendwelche Grillpartys, die ihr Mann für Geschäftsfreunde gegeben hatte, aufbauen müssen, das kam ihnen heute zugute.
Am Stand links von ihnen räumte ein junges Pärchen seine Waren aus und Charlotte registrierte mit Freude die modischen Second Hand-Klamotten. Rechts von ihnen legte ein alter Mann Bierkrüge, Schallplatten, alte Comic-Heftchen und Briefmarkenalben aus, und als sich die Sonne wider Erwarten zeigte, wurde es schlagartig wärmer.
„Ich gehe uns Frühstück holen, ich habe einen Mordshunger!“, rief Charlotte ihr wenig später zu und verschwand in der Menge.
Der alte Mann schaute ihr nach.
„Das ist ein verdammt nettes Mädel, bestimmt Ihre Tochter. Sie ist genauso hübsch wie ihre Mama.“ Das zahnlose Lächeln im Gesicht des Alten wirkte freundlich und
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