Todesschlaeger - Ein Golferkrimi
Gefühl, dass das ganze Leben nur eine sinnlose, vorübergehende Episode war.
»Wie lange könnte der Mann schon tot sein, Knochensäge?«, fragte er, um schnell wieder von seinen trüben Gedanken loszukommen.
»Mindestens eine Stunde, aber auf keinen Fall länger als zwei Stunden, Hinkebein. Das Blut ist noch nicht ganz trocken gewesen und die Leichenstarre ist noch nicht einmal im Ansatz eingetreten.«
»Kann der Schlag mit dem Golfschläger die Todesursache gewesen sein?«, dröhnte Genkos Stimme an sein Ohr.
»Darauf kannst du einen lassen«, erwiderte der Mediziner, meckernd lachend, »aber ganz genau kann das erst nach der Obduktion gesagt werden. Spätestens morgen Mittag habt ihr das Resultat. Von mir aus könnt Ihr jetzt den Toten durchsuchen und ihn dann abtransportieren lassen, oder hast du noch ’ne Frage, Michael?«
Der Hauptkommissar hatte mehrere, wollte aber keine stellen. Durch sein Gehirn jagten Bilder aus der Vergangenheit und ein tiefer Groll stieg wieder einmal in ihm hoch. Einem Golfschläger hatte er sein zerschmettertes Knie zu verdanken. Seit dieser Zeit konnte er es nicht mehr voll funktionsfähig benutzen und er war sehr wetterfühlig geworden … und hier lag nun ebenfalls ein Opfer eines solchen Sportgerätes. Also schüttelte er nur stumm seinen kräftigen Kopf und wies zwei Beamte brummend an:
»Tragt ihn vorsichtig heraus und zertrampelt mir nicht unnötig irgendwelche Spuren. Legt ihn dorthin!«
Er zeigte mit ausgestrecktem, linkem Arm auf eine Stelle auf dem Fairway, wohin sie den Toten legen sollten, und nickte dem Arzt zum Abschied kurz zu.
Sorgfältig durchsuchten er und Genko die Kleidung des Mordopfers und entdeckten eine Brieftasche, ein Schlüsselbund und einen Fahrzeugschlüssel. Michael Schlosser nahm diese Gegenstände und steckte sie in einen kleinen, durchsichtigen Plastikbeutel. Anschließend nahmen sie die Ausrüstung des Toten, ein graues Tragebag mit nur wenigen Schlägern, die sie im Gras neben dem Bunker gefunden hatten, unter die Lupe. Danach wurde der Tote in einen Zinksarg gelegt und abtransportiert.
Nachdem Michael Schlosser nichts gefunden hatte, was ihn der Aufklärung der Tat näher gebracht hätte, wandte er sich Martin Suller zu, der ein wenig in den Hintergrund getreten war, und fragte ihn:
»Haben Sie inzwischen den Toten erkannt?«
Den Kopf leicht wiegend, antwortete dieser, jedes Wort betonend, seinem Blick ausweichend:
»Äh … Irgendwie ja, aber ich weiß nicht genau in welchem Zusammenhang. Mein Namens- und Personengedächtnis ist leider saumäßig. Trotzdem kenne ich ihn – nur woher?«
»Laut Ausweis heißt er Herrmann Wetzlar. Sagt Ihnen das etwas?«
Stumm schüttelte sein Gegenüber den Kopf und musterte scheinbar gründlichst seine weißen Golfschuhe.
Dankend verabschiedete sich Michael Schlosser von Martin Suller, gab ihm seine Visitenkarte und bat ihn, gemeinsam mit seinem Sohn am kommenden Vormittag in seinem Büro vorbeizukommen, um alles zu Protokoll zu geben. Dieser nickte nur stumm, nahm seine Ausrüstung und verließ den Tatort Richtung Clubhaus.
Seine Stirn in Falten legend, blickte Michael Schlosser dem hastig Davoneilenden hinterher.
Vor dem Clubhaus lief Alexander, blass und Fingernägel kauend, immerzu auf engstem Raum hin und her und hielt nach seinem Vater Ausschau:
»Weiß die Polizei schon, wer der Tote ist, Papa?«, wollte er, kaum dass dieser am Clubhaus eingetroffen war, wissen.
»Ja! Sie haben seinen Ausweis gefunden und wissen nun, dass es sich um Herrmann Wetzlar handelt.«
»Oh Schitt!«, entfuhr es Alexander.
Er wollte in diesem Moment auf keinen Fall mit den Kriminalisten sprechen. Nicht jetzt. Er wollte weg.
»Mir reicht’s für heute! Lass uns lieber nach Hause fahren, Papa.«
Er nahm, ohne eine Antwort abzuwarten, sein Golfgepäck und machte sich auf den Weg zum Auto. Sein Vater würde schon hinterherkommen.
Nachdenklich ließ Hauptkommissar Schlosser, auf dem Weg zum Clubhaus, die Bilder der vergangenen Ereignisse vor seinem inneren Auge Revue passieren. Der Tote, ein dunkelhaariger Mann, der laut Ausweis 54 Jahre alt sein musste, einen schlanken Körperbau aufwies und von seinem Gesichtsschnitt als gut aussehend einzustufen war, wurde eindeutig gewaltsam zu Tode gebracht. Trotzdem blieb ihm der Tathergang ein absolutes Rätsel. Hatte jemand dem Mann den Schläger so präzise an den Kopf geworfen, dass er wie ein Wurfbeil stecken blieb? Handelte es sich um einen Selbstmord?
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