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Todesspiel

Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.Scott Reiss
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mehreren Ländern Orte in Rot eingekreist waren. Auf einem Regalbrett standen zwei Pappkartons, die beschriftet waren mit »Mexiko 2002-2007«, »Kolumbien 2002-2008«. Lateinamerikanische Länder, aber nicht Brasilien. Daneben ein Karton mit der Aufschrift »Kalender 2001-2008«.
    Rubens stockte der Atem.
    Auf Knien riss er das Klebeband ab, das den Deckel hielt. Dann nahm er einen ledergebundenen Kalender aus dem Karton, der so ähnlich aussah wie der auf dem Schreibtisch. Er schlug ihn beim Monat September auf und blätterte bis zu dem Tag, an dem Rosa gestorben war. Allein das Datum zu lesen, drehte ihm den Magen um. Er fühlte sich nach Rio Branco zurückversetzt, roch den Gestank von Abwasser, Dschungel, Abgasen und Verwesung. Sah Rosa schlafend im Bett liegen. Tränen verschleierten ihm die Sicht.
    Evans’ Handschrift war sauber und flüssig. Er hatte geschrieben: »Europäer/Gouverneur/Bonanza/Nestor/ Radar.«
    Schon wieder dieser Name, dachte Rubens. Nestor.
    Er erstarrte. Hatte er von unten ein Geräusch gehört? Er lauschte angestrengt.
    Nichts.
    Er blätterte weiter in dem Kalender, las den Namen Hammel und »Malaria-Tabletten nicht vergessen«. Auf vielen Seiten, die sich auf New York bezogen – mindestens einmal pro Monat –  fand sich derselbe Eintrag: »47. Stock, nachmittags bei N. PPM.«
    Er legte den Kalender zurück. Er wünschte, er hätte mehr Zeit zur Verfügung. Dann entdeckte er einen Karton mit der Aufschrift »Brasilien«.
    In diesem Karton befanden sich Computerausdrucke von Berichten, die Evans’ Unterschrift trugen und offenbar von ihm verfasst worden waren. Aber es war nicht zu erkennen, an wen die Berichte gegangen waren.
    »Drogenbarone dringen ins Grenzgebiet von Amazonien vor …«
    »Allianz zwischen Terroristen und Drogenkartell in Amazonien möglich …«
    Rubens runzelte die Stirn. Als Polizist in Brasilien hatte er nie etwas von Terroristen gehört. Und die Frau des Gouverneurs war der Meinung gewesen, dass keine Drogen im Spiel waren. Rubens war im Dschungel aufgewachsen, und ein Teil seiner Angehörigen lebte immer noch dort. Kautschukzapfer und Indianer im Dschungel wussten über alles Bescheid, was sich in der Gegend abspielte. Fremde fielen dort auf. Sie brauchten Lebensmittel. Manchmal wurden sie krank. Der Dschungel verschluckte Fremde. Da zog man nicht einfach ein wie in eine Wohnung in New York.
    Dann kam eine zusammengefaltete Blaupause zum Vorschein. Rubens breitete sie auf dem Boden aus. »Teil zwei«, las er. Was zum Teufel war das für eine Zeichnung? Es sah aus wie eine lange, hohe, gewundene Mauer. War es wichtig? War es ein Beweis? Er wünschte, er könnte einen ganzen Monat hier verbringen.
    Schnapp dir den Laptop und mach, dass du wegkommst. Nein. Lass dir noch ein paar Minuten Zeit zum Nachdenken. Wahrscheinlich kriegst du nicht noch mal die Gelegenheit, hier reinzukommen.
    Er atmete ein paarmal tief durch, um seine Fassung wiederzugewinnen. Es war vier Uhr. Draußen vor dem Fenster schob eine Kinderfrau – Philippina – ein Kleinkind in einem Kinderwagen an ein paar russischen Bauarbeitern vorbei, die eine Stadtvilla renovierten. Ein chinesischer Pizzalieferant radelte an der Praxis eines indischen Gastroenterologen im Nebengebäude vorbei.
    Moment, dachte Rubens, trat noch einmal an den Aktenschrank und tastete unter und hinter die Hängeakten. Dort fand er die Fotos. 20 mal 28 cm große Farbfotos einer Baustelle im Dschungel. Auf dem »Standort M, Brasilien« waren Männer mit Schutzhelmen zu sehen, die mit Bulldozern Bäume entwurzelten. Brasilianische Soldaten schützten das Gelände. Auf »Standort L, Peru« luden indianische Arbeiter hölzerne Kisten aus einem Flugzeug. Mit zusammengekniffenen Augen konnte Rubens auf den Kisten ein Logo erkennen, das Kreuz in dem Spatenblatt, das er in Brasilien auf Evans’ Papieren gesehen hatte.
    Mit seiner winzigen Kamera lichtete Rubens die Fotos ab. Er hatte keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte.
    Dann verließ er das Arbeitszimmer und durchsuchte das Schlafzimmer.
    In Evans’ Nachttisch fand er eine Pistole, eine Sig
    Sauer 9 mm, die neben zwei Magazinen lag. Er rührte sie nicht an.
    Die Versuchung wäre zu groß, sie zu benutzen.
    In der Nachttischschublade fand er außerdem Magentropfen, eine Lesebrille, zwei gespitzte Bleistifte, eine halb leere Tube Hämorrhoidensalbe.
    Widerwillig brach er die Durchsuchung ab und ging zurück ins Arbeitszimmer, um den Laptop zu holen. Als er ihn vom

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