Todesspiele
in der Asservatenkammer landen würde, sobald die Spurensicherung und die Detectives und die Staatsanwaltschaft den Inhalt wieder und wieder begutachtet hatten. Hunderte von Bildern, widerwärtig, obszön und sehr, sehr real. Sie werden es sehen. Und alle werden es wissen.
Der Wagen bog um eine Kurve, und das Haus war fort, der Bann gebrochen. Susannah lehnte sich im Sitz zurück und holte tief Luft. Es war endlich vorbei. O nein. Für Susannah war es nur der Anfang und auch für Daniel und seinen Partner keinesfalls das Ende. Daniel und Luke suchten einen Mörder, der in der vergangenen Woche fünf Frauen aus Dutton umgebracht hatte. Einen Mörder, der seine Opfer dazu benutzte, die Obrigkeit auf die Spur von reichen Mistkerlen zu führen, die vor dreizehn Jahren Duttons Schülerinnen Schlimmes angetan hatten. Einen Mann, der aus persönlichen Gründen wollte, dass die Verbrechen dieser Truppe nach vielen Jahren öffentlich gemacht wurden. Einen Mann, der diese Truppe fast genauso hasste wie Susannah. Fast. Denn niemand konnte sie so sehr hassen wie Susannah. Es sei denn, es handelte sich um eines der anderen zwölf noch lebenden Opfer. Bald werden die anderen Opfer es wissen. Bald werden alle es wissen.
Daniels Partner und besten Freund eingeschlossen. Er beobachtete sie noch immer. Seine Augen waren dunkel, fast schwarz, und es kam ihr vor, als sähe Agent Papadopoulos mehr, als er sehen sollte.
Nun, heute hatte er natürlich wirklich etwas zu sehen bekommen. Und das würden andere auch. Bald ... Ihr Magen krampfte sich zusammen, und sie musste sich darauf konzentrieren, sich nicht zu übergeben. Bald würde man im ganzen Land an Kaffeemaschinen und Wasserspendern zusammenstehen und über ihr scheußlichstes Erlebnis tratschen.
Sie hatte in ihrem Leben bereits genügend Klatsch gehört, um genau zu wissen, wie so etwas lief. Hast du schon gehört? Dazu ein aufgesetzt schockierter Blick. Von dieser Gruppe Männer in Dutton, Georgia, die als Jugendliche vor dreizehn Jahren unzählige Mädchen unter Drogen gesetzt und vergewaltigt haben? Einer von ihnen hat sogar ein Mädchen umgebracht! Und dann haben sie Fotos von den Vergewaltigungen gemacht. Stell dir das nur mal vor -ist das nicht schrecklich?
Ja, schrecklich. Und sie würden betroffene Miene aufsetzen, die Köpfe schütteln und sich insgeheim wünschen, dass diese Fotos irgendwie ins Internet gelangten, so dass sie vielleicht »zufällig« einmal darauf stoßen könnten. Dutton, würde dann jemand anderes nachdenklich murmeln. Ist das nicht das Kaff, in dem erst vor einer Woche mehrere Frauen ermordet worden sind? Aber ja, würde ein anderer bestätigen. Und außerdem ist es Simon Vartanians Heimatstadt. Er war einer von den Vergewaltigern - er hat die Fotos vor dreizehn Jahren gemacht. Und er ist derjenige, auf dessen Konto die vielen schrecklich zugerichteten Toten in Philadelphia gehen. Ich habe gehört, dass ein Detective aus Philly ihn schließlich erschossen hat.
Siebzehn Menschen tot. Ihre Eltern eingeschlossen. Zahllose Leben vernichtet. Und ich hätte das alles verhindern können. Aber ich habe nichts getan. Mein Gott. Wieso habe ich nichts getan? Äußerlich blieb sie gefasst und kontrolliert, doch innerlich wiegte sie sich wie ein kleines, entsetztes Kind.
»Das muss sehr schwierig gewesen sein«, murmelte Papadopoulos.
Seine tiefe Stimme riss sie zurück ins Jetzt, und sie blinzelte, als sie sich scharf in Erinnerung rief, wer sie inzwischen war: eine Erwachsene. Eine anerkannte Anwältin. Auf der Seite des Gesetzes. Oh, na klar.
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, konzentrierte sich dann aber wieder auf den Seitenspiegel. Schwierig war als Bezeichnung für das, was sie eben getan hatte, viel zu zahm. »Ja«, gab sie zurück. »Schwierig.« »Geht's Ihnen gut?«, fragte er wieder. Nein, überhaupt nicht, wollte sie ihn anschnauzen, tat es aber nicht. »Ja, danke.« Sie wusste, dass man ihr äußerlich nichts anmerken konnte. Sie war geschickt darin, den Schein zu wahren, wie es sich für die Tochter des Richters Arthur Vartanian gehörte. Was sie nicht durch die Gene geerbt hatte, das hatte sie sich bei ihrem Vater abgeguckt, der ohne Bedenken das Leben einer Lüge perfektioniert hatte.
»Sie haben das Richtige getan, Susannah«, sagte Papadopoulos leise.
Aber klar doch. Nur dreizehn Jahre zu spät. »Ich weiß.« »Mit den Beweisen, die wir heute durch Sie bekommen haben, werden wir in der Lage sein, drei der Vergewaltiger
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