Todesspiele
gewünscht, dass es so einfach gewesen wäre.
Er hätte sich gewünscht, dass eine beherzte Tat vor dreizehn Jahren die Existenz des Kartons mit den Fotos, der jetzt in seinem Kofferraum lag, ausgelöscht hätte. Er wusste jedoch genau, dass Arthur Vartanian seinen Sohn wie immer freibekommen und wieder mit nach Hause genommen hätte. Und Simon hätte seine Schwester dafür umgebracht. Dessen war sich Luke sicher. Susannah hatte damals keine Wahl gehabt, und sie hatte nicht wissen können, dass Simon an der Vergewaltigung vieler anderer beteiligt gewesen war.
Und nun, da sie es wusste, verhielt sie sich auf eine Art, die ihm allergrößten Respekt abnötigte. Sie war zutiefst verletzt, voller Wut, und sie hatte Angst. Aber sie hatte das Richtige getan.
»Sie trifft keine Schuld«, sagte er ruhig.
Sie presste die Kiefer zusammen. »Vielen Dank, Agent Papadopoulos, aber Sie müssen mich nicht aufbauen.«
»Sie meinen, dass ich Sie nicht verstehe«, erwiderte er sanft, obwohl er sie am liebsten angeknurrt hätte.
»Ich bin sicher, dass Sie glauben, mich zu verstehen. Sie meinen es gut, aber -«
Verdammt, er glaubte es nicht nur, er wusste es. Sein brodelnder Zorn drohte überzukochen. »Vor vier Tagen fand ich drei tote Kinder«, unterbrach er sie. Die Worte waren heraus, bevor er wusste, dass er sie aussprechen wollte. »Neun, zehn und zwölf Jahre alt. Ich war zu spät, nicht einmal einen ganzen Tag.«
Sie atmete kontrolliert ein und wieder aus. Ihr Körper schien zur Ruhe zu kommen, ihr Zorn jedoch anzusteigen. »Wie sind sie gestorben?«, fragte sie verdächtig ruhig.
»Kopfschuss.« Und er sah noch immer ihre kleinen Gesichter, sobald er die Augen schloss. »Aber bevor man sie getötet hat, hat man sie vor einer Webcam missbraucht. Jahrelang«, spuckte er aus. »Für Geld. Damit Perverse auf der ganzen Welt es sehen konnten.«
»Diese Schweine.« Ihre Stimme zitterte. »Das muss scheußlich für Sie gewesen sein.«
»Für sie war es viel scheußlicher«, murmelte er, und sie gab einen zustimmenden Laut von sich. »Ich nehme an, ich sollte Ihnen jetzt sagen, dass Sie daran keine Schuld tragen. Denn offensichtlich denken Sie, Sie täten es.«
Seine Hände packten das Steuer so fest, dass es weh tat. »Offensichtlich.«
Ein paar Augenblicke verstrichen, dann sagte sie: »Sie sind also einer von denen.«
Er spürte, dass sie ihn musterte, und das machte ihn nervös. »Einer von welchen?«
»Einer von den Ermittlern, die gegen Kinderpornografie im Netz vorgehen. Ich habe schon im Büro der Staatsanwaltschaft mit einigen zu tun gehabt. Ich frage mich immer wieder, wie Sie das schaffen.«
Sein Kiefer verspannte sich. »Manchmal schaffe ich es nicht.«
»Aber an den meisten Tagen tun Sie, was Sie müssen. Und jeden Tag stirbt ein klein wenig mehr von Ihnen.« Und damit hatte sie seine seelische Verfassung recht gut auf den Punkt gebracht. »Ja. So ähnlich.« »Dann sind Sie wohl einer von den Guten. Und haben keine Schuld.«
Er räusperte sich. »Danke.«
Aus dem Augenwinkel sah er, dass sie ihn noch immer betrachtete. Ein wenig Farbe war in ihr Gesicht zurückgekehrt, und er wusste, dass sie nun über etwas anderes nachgrübelte. Zwar wollte er nicht über dieses Thema reden und wäre froh gewesen, wenn er den Mund gehalten hätte, aber andererseits hatte er damit erreicht, dass sie abgelenkt war, und dafür war ihm jedes Thema recht. »Aber ich muss zugeben, dass ich verwirrt bin«, fuhr sie fort. »Ich dachte, Daniel und Sie wären bei der Mordkommission.«
»Daniel ja. Ich bin bei der Internettruppe. Seit über einem Jahr schon.«
»Das ist verdammt lang, wenn man sich mit solchen Dingen abgeben muss. Ich kenne Männer, die zehn Jahre lang bei der Sitte gewesen sind und es keine vier Wochen bei der Abteilung Kinderpornografie ausgehalten haben.« »Wie Sie schon sagten, tun wir, was wir tun müssen. Ich bin zwar Daniels Freund, aber nicht sein Partner. Ich helfe nur ausnahmsweise. Nachdem ich am Dienstag die Kinder entdeckt hatte, brauchte ich eine Auszeit und bat um eine andere Aufgabe. Und Daniel konnte auf der Jagd nach diesem Kerl, der die Frauen aus Dutton ermordet hat, jede Hilfe gebrauchen. Es ist schon seltsam - überall stößt man auf Simon. Simon ist in diesem Fall wie ein roter Faden. Der Mörder wollte, dass wir Simons Club aufdecken. Simons Fotos finden. Und den Schlüssel.« »Der Schlüssel zum Banksafe, der leider leer war, obwohl Sie hofften, die Fotos darin zu finden.« Auch das
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