Todesspiele
daher hatte sie sich ein Taxi zum Flughafen genommen. »Ich kann Sie hinfahren«, sagte der Taxifahrer. »Steigen Sie wieder ein.«
Fröstelnd gehorchte sie. »Danke.«
»Schon okay.« Der Fahrer schwieg während der kurzen Fahrt zu den Mietwagenfirmen. Aber als er anhielt, stieß er einen lauten Seufzer aus. »Lady, es geht mich ja nichts an, aber ich denke, Sie haben ein Recht darauf, Bescheid zu wissen. Wir werden verfolgt, seit wir das Hotel verlassen haben.«
Ärger stieg in ihr auf. Schon wieder ein Reporter? »Was für ein Wagen?«
»Schwarze Limousine. Getönte Scheiben.«
»Na, toll«, sagte sie gepresst, und er sah sie im Rückspiegel an.
»Ich dachte nur ... dass Sie vielleicht vor jemandem weglaufen.«
Ja. Vor mir. »Wer immer da drinsitzt, ist bestimmt nicht gefährlich. Wahrscheinlich ein Reporter.« Er musterte sie mit verengten Augen, als er das Geld nahm. »Sind Sie eine Berühmtheit?«
»Nein. Danke, dass Sie es mir gesagt haben. Das war sehr nett.«
»Ich habe eine Tochter in Ihrem Alter. Sie ist beruflich ständig unterwegs, und oft mache ich mir Sorgen.« Susannah schenkte ihm ein Lächeln. »Dann kann sie sich glücklich schätzen. Passen Sie auf sie auf.« Als er davonfuhr, drehte sie sich um. Sie sah den schwarzen Wagen, dessen Fahrer zwar Abstand hielt, sich aber keine Mühe machte, unauffällig zu sein. Sie wandte sich dem Eingang der Mietwagenfirma zu, als sich der Wagen langsam in Bewegung setzte. Sie blieb wieder stehen, der Wagen diesmal nicht. Langsam, fast lautlos, rollte er an ihr vorbei, und Susannah konnte den kalten Schauder nicht unterdrücken.
Das Nummerschild lautete Georgia, DRC-119. Sie speicherte es ab und wandte sich erneut um, als es plötzlich Klick in ihrem Verstand machte. Mit wild pochendem Herzen wirbelte sie herum. Doch die Limousine war verschwunden.
DRC. Darcy. Es mochte ein simpler Zufall sein. Nur die Zahl war ein Zufall zu viel. Eins-neunzehn. Vor sechs Jahren hatte sie Darcy am 19. Januar gefunden. Zusammengeschlagen, blutig und sehr, sehr tot. Und vor dreizehn Jahren war sie am neunzehnten Januar in ihrem Geheimversteck erwacht. Nach Whiskey stinkend, vergewaltigt und zu Tode verängstigt.
Charles lächelte. Jetzt hatte er endlich ihre Aufmerksamkeit gewonnen. Susannah war schon immer eine kleine Hochnäsige gewesen, abgeklärt und souverän. Zumindest dachte das jeder. Nur er hatte es besser gewusst. Dass es in Susannah Vartanian eine dunkle Seite gab, hatte er ebenfalls immer gewusst. Er konnte es spüren. Es war ein Blick. Ein Duft. Eine Aura. Er hatte versucht, sie zu verlocken, aber sie hatte sich widersetzt. Zumindest glaubte sie das. Aber er wusste es besser.
Er wusste alles über die kleine Susannah Vartanian. Alles. Und käme heraus, was er wusste, wäre die Welt schockiert. Ja, ja, das böse, böse Mädchen. Bald würde er sie haben. Aber zuerst wollte er ein wenig mit ihr spielen. Er wartete, bis sie mit ihrem Mietwagen aus der Garage kam. Ein gediegenes, vernünftiges Auto. Das brave Vartanian-Mädchen fuhr nichts Schickes. Er scherte hinter ihr ein und folgte ihr bis Wal-Mart. Nun, sie hatte am vergangenen Morgen impulsiv New York verlassen und war ohne Gepäck gekommen. Es war sicher klug, ein wenig einzukaufen.
Er ließ sie aussteigen und ein Stück gehen, bevor er zum zweiten Mal an ihr vorbeifuhr. Laut lachte er auf. Ihre Miene war köstlich.
Charles hatte vorgehabt, noch ein weiteres Jahr zu warten, bevor er sie mit dem Nummernschild quälte, denn dann wäre Darcys Dahinscheiden sieben Jahre her gewesen. Aber nun war Susannah hier und besonders verletzlich, und es wäre eine Schande gewesen, sich diesen Moment entgehen zu lassen. Sobald sie das Geschäft betreten hatte, parkte er. Er hatte keine Sorge, dass sie die Polizei rufen würde. Sie würde niemals erzählen, was am 19. Januar geschehen war, weder das eine noch das andere Mal. Er öffnete sein Elfenbeinkästchen und zog einen seiner größten Schätze hervor. Es war nur ein Foto, aber dennoch so viel mehr. Es war ein Augenblick in der Zeit, für immer festgehalten.
Eine jüngere Ausgabe seiner selbst lächelte ihm in Schwarzweiß entgegen. Er stand neben Pham. Pham war damals schon alt gewesen und hatte gewusst, dass der Tod sich näherte. Doch ich wusste zum Glück nicht, dass er so krank war. Ich habe einfach nur in den Tag gelebt. Pham hatte immer dafür plädiert, zu genießen, was man hatte, aber er hatte auch Geduld gepredigt. Der geduldige Vogel frühstückt
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