Todesspur
ist bei Bewusstsein, die Sauerstofftherapie hat angeschlagen, ihre Blutwerte sind wieder einigermaßen okay, und … oh … schon gut, Sie müssen mich wirklich nicht dafür küssen!«
Fernando lässt den Arzt wieder los, Tränen laufen ihm über die Wangen. »Danke! Ich danke Ihnen!«
»Sie können jetzt kurz zu ihr, aber wirklich nur ganz kurz. Sie soll sich nicht anstrengen und nach Möglichkeit … nicht sprechen.« Die letzten Worte verhallen ungehört, Fernando rennt bereits auf die Tür zur Intensivstation zu und jauchzt dabei laut auf. Der Arzt schaut ihm kopfschüttelnd nach, dann hält er eine Schwester an, die gerade vorbeikommt. »Werfen Sie den Verrückten da bitte in zwei Minuten von der Station.«
»Jule, sie kommt durch! Ich war gerade bei ihr. Sie kann noch nicht gut reden, und so ein Drachen von einer Schwester hat mich gleich wieder rausgeworfen, aber sie wird es unbeschadet überstehen, das ist doch die Hauptsache! Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin!«
Auch Jule ist glücklich, das zu hören. Sie hat Pedra inzwischen sehr ins Herz geschlossen, und das nicht nur wegen ihrer Kochkünste.
»Wo bist du?«, will Fernando wissen.
»Ich bin auf dem Weg zu Stella. Wir müssen sie in Schutzhaft nehmen, solange dieser Tiefenbach noch frei herumläuft. Völxen hat ihn zur Fahndung ausschreiben lassen.«
»Warte auf mich, ich komme mit!«
»Ich werde schon alleine mit ihr fertig. Geh du lieber zur Dienststelle, die Typen von der Internen werden schon auf dich warten.«
»Die können mich mal«, hört Jule ihn murmeln, dann hat er aufgelegt.
Oda hat sich einen Kaffee geholt und einen Zigarillo angesteckt. Wozu hat man schließlich ein eigenes Büro? Das Gespräch mit Luis hängt ihr noch nach. Der arme Junge. Auch wenn er getötet hat, so war es doch irgendwie Notwehr. Hoffentlich findet er einen verständnisvollen Richter und Menschen, die ihm darüber hinweghelfen. Jemand klopft an die Tür. Kann man denn hier nicht mal in Ruhe eine qualmen? »Ja«, brummt Oda genervt.
Frau Cebulla schaut herein und wedelt demonstrativ den Rauch beiseite.
»Ist ja schon gut. Sie dürfen mich ruhig bei Völxen verraten.«
»Fernando hat angerufen, seiner Mutter geht es besser.«
Oda schließt die Augen und stößt einen tiefen Seufzer aus. »Danke.«
»Und da ist ein Besuch für Sie«, verkündet Frau Cebulla mit einem ungewöhnlich süffisanten Lächeln.
»Wenn es Tiefenbachs Anwalt ist, bin ich beschäftigt.«
»Kommen Sie, Sie ist allein«, sagt Frau Cebulla zu jemandem hinter sich, und dabei kichert die Mittfünfzigerin wie ein Teenager.
Zu Odas großer Überraschung ist es Tian Tang, der ins Zimmer tritt und hüstelt. Oda kann nicht verhindern, dass ihr Herzschlag bei seinem Anblick ein klein wenig schneller wird. Jedes Mal, wenn sie ihn sieht, denkt sie: Das ist der schönste Mann, den ich je hatte.
»Erwischt«, lächelt Oda verlegen und drückt den bis zur Hälfte gerauchten Zigarillo aus. »Was machst du hier?«
Er war noch nie in der PD . Will er mal sehen, wo sie arbeitet? Nicht gerade der günstigste Tag dafür. Oda achtet stets auf die strikte Trennung zwischen Beruf und Privatleben, das weiß er, und sein unangekündigtes Auftauchen hier ist eigentlich gar nicht seine Art.
»Es geht um meine Patientin Gwen Fischer.«
Oda erschrickt. »Was ist mir ihr? Hat sie sich was angetan?«
»Wie kommst du darauf?«, entgegnet Tian.
»Vielleicht, weil hier das Dezernat für Todesermittlungen ist«, erinnert ihn Oda.
»Nein, sie hat sich nichts angetan. Sie war vorhin bei mir und wollte meinen Rat in einer heiklen Angelegenheit. Aber ich weiß nicht, was ich ihr raten soll. Also dachte ich, ich frage dich.«
Das wird ja immer geheimnisvoller. »Jetzt sag schon, was los ist.«
»Hat dieser Computer ein DVD -Laufwerk?«
Oda zeigt es ihm, und Tian Tang zieht eine DVD aus der Tasche seines Trenchcoats.
Stumm und mit wachsendem Entsetzen betrachtet Oda die Aufnahme. Es ist die, von der Luis gesprochen hat. Sie läuft sechs Minuten, es sind kurze Einstellungen mit wechselnden Perspektiven. In Wirklichkeit dauerte die dreifache Vergewaltigung sicherlich länger. Gwen wirkt dabei tatsächlich fast leblos, wie sediert. K.o.-Tropfen, vermutet Oda. Das Video wurde im Probenraum angefertigt, sie erkennt das rote Samtsofa wieder, und ab und zu sieht man etwas von der Einrichtung. Schwer atmend nimmt Oda die DVD wieder aus dem Laufwerk. »Erinnert sie sich daran?«
»Vage. Sie sagt, sie
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