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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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weggezogen. Der hätte bloß wieder gesagt: ›Wehr dich, geh in Karate‹, oder so ’nen Scheiß.«
    Oda sieht Julian Tiefenbach vor sich: ein Macher, ein Kämpfer, dem wahrscheinlich jegliches Verständnis für seinen völlig anders gestrickten Sohn fehlt. Bestimmt hat Luis recht, Tiefenbach wäre seinem Sohn mit ein paar Machophrasen gekommen, die das Problem nur verschlimmert hätten.
    Luis sucht Odas Blick, als wolle er sich vergewissern, dass sie ihm glaubt. Dann sagt er: »Olaf war ja nicht immer so. Manchmal hat er mich ein paar Wochen ganz in Ruhe gelassen oder war sogar richtig nett zu mir.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung.«
    Ein lupenreiner Tyrann, der Güte und Grausamkeit über seinen Leibeigenen ausschüttet, je nach Gusto. Oda hat Mühe, ihre Erschütterung zu verbergen. Ähnliches bekommt man sonst von jahrelang misshandelten Ehefrauen zu hören oder von Kindern, deren Eltern psychotisch oder schwere Trinker sind.
    »Wie ging es weiter, als dein Vater am Sonntagabend nach Hause kam?«
    »Da war ich schon in meinem Zimmer und habe geschlafen.«
    »Konntest du denn schlafen?«, wundert sich Oda.
    »Meine Mutter hat mir eine Tablette gegeben. Sie hat gesagt, ich darf am nächsten Tag nicht übermüdet aussehen. Am Morgen hat sie mich geweckt und mein Vater hat mich in die Schule gefahren.«
    Und ihn instruiert, was er der Polizei sagen soll, fügt Oda in Gedanken hinzu.
    »Luis, weißt du, was dein Vater mit Olafs Handy gemacht hat?«
    Der Junge schüttelt den Kopf.
    »Und das Beil? Ist es noch da?«
    »Nein. Mein Vater hat ein neues gekauft.«

32 
    Julian Tiefenbach klappt den Deckel seines Laptops zu. Stellas Adresse herauszubekommen und sie auf Google Map zu finden, hat ihn keine zwei Minuten gekostet. Danach ist ihm einiges klar. Der tote Zuhälter, der in der Presse als Niko R. bezeichnet wurde, heißt Riepke. Er, und vermutlich auch diese Nutte, wohnen in der Nähe der Stelle, an der er Olafs Leiche entsorgt hat. Diese Ortswahl war ein Fehler! Hätte er sie nur in die Leine geworfen, dann wäre er jetzt nicht in dieser absurden Situation, innerhalb von zwei Tagen zwei Morde begehen zu müssen. Auf der Fahrt zu Stellas Adresse versucht er, Olivia anzurufen. Er möchte sicher sein, dass zu Hause alles okay ist, doch es meldet sich immer nur die Mailbox, und an den Festnetzapparat geht auch keiner ran. Ein ungutes Gefühl setzt sich irgendwo tief in seiner Magengrube fest. Er überlegt fieberhaft. Als ihn diese Stella zu Hause angerufen hat, erschien jedes Mal Unbekannt auf dem Display seines Apparats. Demnach hat sie entweder von einem öffentlichen Telefon aus angerufen oder ihre Nummer unterdrückt. Im letzten Fall müsste er sich eine gute Erklärung für die Polizei einfallen lassen, denn die würde natürlich die Telefonverbindungen checken, sobald man ihre Leiche findet. Schlecht wäre das, ganz schlecht. Aber vielleicht reicht es ja, ihr einen solchen Schrecken einzujagen, dass sie nie wieder versuchen wird, ihn zu erpressen oder zur Polizei zu gehen? Er kennt einige sehr effektive Methoden, die nachhaltig wirken, und der Tod ihres Zuhälters sollte ihr eigentlich Warnung genug gewesen sein. Andererseits wäre ihr Wissen ein ständiger Risikofaktor, mit dem seine Familie leben müsste. Nein, er ist für klare Schnitte, und sollte die Polizei ihn jemals kriegen, ist es fast egal, ob für einen Mord oder für zwei. Aber um das zu verhindern, sollte er es raffinierter anstellen als mit ihrem Macker. Vor allen Dingen muss er dafür sorgen, dass man ihre Leiche nicht findet. Wie lange würde es wohl dauern, bis jemand sie vermisst, jetzt, wo ihr Freund tot ist? Bestimmt ein paar Tage, wenn nicht Wochen. Lange genug, um aus diesem Land zu verschwinden. Kanada, Neuseeland oder Australien. Das war immer schon sein heimlicher Traum. Vielleicht ist diese ganze unselige Geschichte ein Wink des Schicksals, eine Chance, ganz neu anzufangen. Er muss es nur noch Olivia beibringen, aber sie wird es einsehen, nach allem, was geschehen ist. Bis jetzt hat sie sich ja auch tapfer gehalten. Und letzten Endes ist auch sie nicht ganz unschuldig daran, dass es so gekommen ist. Hätte sie nicht besser auf Luis achten können, anstatt zum Tai Chi zu gehen? Es ist zum Verrücktwerden, warum geht sie nicht ans Telefon, verdammt? Sie muss doch zu Hause sein, Luis kommt doch bald aus der Schule! Rennt sie etwa wieder in der Eilenriede herum und hält Zwiesprache mit Bäumen?
    Er parkt vor einem Supermarkt und geht zu Fuß

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