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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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bei Bewusstsein, fühlte sich der Knochen neben meinem Auge nicht sehr gut an. Das Auge selbst schien schief zu sitzen.
    »Genau das wollte Lawrence. Ich sollte dich nicht einfach erschießen. Nicht einfach abstechen, sondern dich totschlagen. Er wollte, dass du es fühlst. Er wollte, dass ein Held, ein wahrhaft guter Mensch, fühlt, was er gefühlt hat, als er wie ein Nichts auf dem Boden lag. Also gib nicht mir die Schuld, Bennett. Ich führe nur einen Auftrag aus.«
    Mit dem nächsten Schlag brach er mir das Kinn. Ich hatte das Gefühl, mein ganzes Gesicht, mein gesamtes Ich werde wie ein Puzzlespiel auseinandergerissen.
    Voller Blut und fast ohnmächtig konnte ich kaum atmen. Wie ein zerbombtes Schiff würde ich tief auf den Boden des Meeres sinken. Doch plötzlich …
    »Keine Bewegung!«
    Ich wusste nicht, wessen Stimme das war. Zuerst dachte ich, es könnte die von Gott sein. Bis ich den vertrauten Klang und die Kraft dahinter erkannte.
    Es war der Ton, den man uns auf der Polizeiakademie beigebracht hatte, um uns Autorität zu verleihen. Es war die Stimme eines Polizisten. Eine einzelne Polizistenstimme, die in dem Durcheinander in meinem Kopf für so etwas wie Hoffnung sorgte. Es war der schönste Klang, den ich je gehört hatte.
    »Hey, hey, immer mit der Ruhe. Wir haben nur eine kleine Auseinandersetzung«, sagte Apt, der von mir abließ und seine Hände hob.
    Dann hörte ich es wieder.
    »Keine Bewegung!«
    Diesmal klang die Stimme anders. Die gleiche Autorität dahinter, doch von jemand anderem. Unglaublich. Noch ein Polizist! Die ganze Kavallerie?
    »Keine Bewegung, Arschloch!«, rief eine Frau einen Moment später.
    »Du hast sie gehört. Hände hoch!«, rief wieder jemand anderes.
    »Runter auf den Boden!«
    Jetzt ertönte ein ganzer Chor von Stimmen. Sie stammten von meinen Nachbarn. Ein Regiment aus Polizisten im Urlaub, die zu meiner Rettung gekommen waren.
    »Auf die Knie, Wichser!«
    Was dann passierte, nahm ich nur noch verschwommen wahr. Apt schrie, anschließend hörte ich ein knackendes Geräusch. Oder vielmehr mehrere. Es knackte und knallte wie bei einem Feuerwerk. Ich drehte den Kopf nach unten in den Sand wie ein Strauß, der die Schnauze voll hatte von allem, und verlor das Bewusstsein.
    »Okay, okay. Los, los, wir heben ihn hoch.«
    Erschrocken wachte ich auf, immer noch mit dem Gesicht nach unten, doch der Boden bewegte sich. Ich spürte etwa zwanzig Hände, die mich über den Sand trugen. Das Gesicht direkt neben meinem gehörte zu Billy Ginty, meinem Nachbarn, einem Kriminalpolizisten aus Brooklyn. Auch einen anderen Kollegen aus meinem Viertel sah ich, Edgar Perez von der berittenen Polizei. Er hatte ein behindertes Kind. Und ein großer, stämmiger Mistkerl im Trikot der Mets war da. Flaherty. Er hielt mich sanft wie ein Baby, sein Gesicht rot von der Anstrengung.
    Meine Freunde und Nachbarn, alles Helden, versuchten mein Leben zu retten.
    Plötzlich blieben wir irgendwo stehen. Ich wollte Flaherty danken, mich entschuldigen, doch er ließ mich nicht reden.
    »Jetzt nicht abhauen«, warnte er mich. »Gleich kommt ein Hubschrauber und nimmt dich zu einem Ausflug mit, du Glückspilz.«
    »Mike, Mike«, hörte ich Mary Catherine von weit her.
    Irgendwo in der Nähe weinte Ricky. Gott sei Dank war ihm nichts passiert.
    »Sagt ihm, es ist alles gut. Mir geht’s gut«, nuschelte ich. Beinahe musste ich mich übergeben, als ich Blut schluckte. Es schmeckte salzig und dick wie metallhaltiger Klebstoff.
    »Hör auf, Mike. Nicht reden«, wies Mary Catherine mich an.
    Mein Telefon klingelte.
    »Hier, ich hab’s. Es ist für mich«, gurgelte ich, als ich danach tastete.
    Mary Catherine zog es aus meiner Tasche und warf es fort. Meine Augen fixierten es, wo es im Sand geisterhaft blau aufblinkte und nicht aufhören wollte zu klingeln.
    Dann sah ich zu Mary Catherine auf. Ich erinnerte mich, wie zauberhaft sie an jenem Abend ausgesehen hatte, als sie ins Wasser getaucht war. Ich wünschte, wir könnten es in diesem Moment beide tun. Hand in Hand den Strand entlanggehen und unter die Wellen tauchen, wo Ruhe, Dunkelheit und Frieden herrschte.
     

E PILOG
     
     

105
    Ich sitze am Fenster im Schlafzimmer meiner Wohnung.
    Ein seltsames, nickelfarbenes Licht erfüllt die Straßen. Die Straßen sind leer. Keine Autos, keine Menschen. Das schimmernde Licht zwinkert mir aus endlosen Reihen leerer Fenster zu. Rechts erstreckt sich der Hudson River, doch das Wasser fließt nicht. Alles ist regungslos

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