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Todesträume am Montparnasse - Ein Fall für Kommissar LaBréa

Titel: Todesträume am Montparnasse - Ein Fall für Kommissar LaBréa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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verkaufen, der da oben wohnt?« LaBréa deutete mit dem Kopf Richtung Treppenaufgang.
    Der Junge biss sich auf die Lippen. LaBréa merkte, dass er zögerte.
    »Du kannst es uns ruhig sagen, denn der Mann, der dort wohnte, ist tot. Also - du wolltest doch zu ihm, oder?«
    »Ja.« Die Stimme des Zwölfjährigen klang hell und hatte noch keinerlei Anzeichen von Stimmbruch. »Ich habe Steph zwei- bis dreimal in der Woche beliefert. Gestern früh das letzte Mal.«

    »Und heute wolltest du ihm wieder was verkaufen.«
    Ein heftiges Kopfnicken war die Antwort.
    »Du hast das Siegel an der Tür aufgebrochen und kamst hier rein. Bist du auch oben gewesen?«
    »Ja. Und Steph war nicht da. Alles sah so komisch aus. Die Matratze war weg. Ich dachte, jetzt ist er abgehauen.«
    »Du hast also nicht gewusst, dass dein Kunde nicht mehr lebt?«, hakte Franck nach.
    »Nee. Sonst wäre ich ja wohl nicht hergekommen!«
    »Du nennst den Mann ›Steph‹«, schaltete sich LaBréa wieder ein. »Das ist doch bestimmt die Abkürzung von ›Stéphane‹. Kennst du auch den Nachnamen des Mannes?«
    »Nee.«
    »Wie lange hast du ihn schon beliefert?«
    »Seit einem Monat oder so. Ich bin neu im Geschäft.« Er sprach nicht ohne Stolz, und LaBréa meinte sogar, ein kurzes Grinsen auf dem Gesicht des Jungen zu entdecken.
    »Und vorher hast du ihn nicht gekannt?«
    »Nee.«
    »Weißt du, ob ihn außer dir noch andere beliefert haben?«
    »Glaube ich nicht. Das hätte Giraffe mir gesagt.«
    »Wer ist ›Giraffe‹?«
    »Der Typ, für den ich arbeite.« Entschlossen reckte der Junge den Kopf in die Höhe. »Aber mehr sag ich
Ihnen nicht. Der macht jeden kalt, der ihn verpfeift. Giraffe ist sowieso nur ein Tarnname.«
    »Kennst du irgendwelche Leute, die Steph mal besucht haben? Freunde oder Kumpel?«
    »Nee, da kenne ich niemanden. Keine Ahnung, ob der überhaupt mal Besuch gekriegt hat.«
    »Er war ja kein Franzose, dieser Steph«, sagte Franck. »Hat er dir mal erzählt, woher er kam? Kam er aus Russland? Er hatte doch einen starken Akzent.«
    »Die meisten Leute hier im Viertel haben einen starken Akzent. Über so was haben wir nie gesprochen. Ich hab ihm den Stoff geliefert, und er hat bezahlt.«
    »Woher hatte er denn das Geld? Hat er irgendwo gearbeitet?«
    »Von einem Job hat er nie was erzählt. Er sagte, er hätte einen Freund, der ihn unterstützt. Im Moment wäre der im Knast, würde aber bald rauskommen.«
    »Und Frauen? Hatte Steph mal Besuch von Frauen?«
    »Sie meinen von Nutten? Keine Ahnung. Vielleicht. Manchmal hatte er so Heftchen, die er mir gezeigt hat.«
    »Pornohefte?«
    »Ja. Ziemlich eklige Sachen. Hat mich aber nicht interessiert. Kann ich jetzt gehen?«
    »Einen Moment noch, Ben. Dieser Giraffe, dein Boss, wusste der, dass Steph hier über der Maschinenhalle wohnte?«

    »Klar wusste er das. Er weiß immer, wo unsere Stammkunden wohnen. Schon für den Fall, dass die Leute mal nicht zahlen wollen oder sonst irgendwelche Schwierigkeiten machen.«
    »Du musst uns sagen, wie der richtige Name von diesem Giraffe lautet und wo wir ihn finden können.«
    »Nur über meine Leiche, Mann!«
    Franck wurde unwirsch. »Was heißt, nur über deine Leiche? Wir können dich auch mitnehmen und der Fürsorge übergeben!«
    »Das wäre mir egal. Aus mir kriegen Sie nichts raus.«
    »Steph, der ja offenbar ein guter Kunde von dir war, ist ermordet worden. Wir brauchen die Namen von allen, die ihn gekannt haben.«
    »Gestern hat Steph noch gelebt, da war ich noch hier. Und Giraffe kann überhaupt nichts mit der Ermordung zu tun haben, denn der ist seit einer Woche gar nicht in Paris.«
    »Wo ist er denn?«
    »Was weiß ich? Er hat nur gesagt, dass er zehn Tage weg muss. Das war gestern vor einer Woche. Und dass Cul de Tigre ihn solange vertritt. Von dem habe ich dann auch meinen Stoff gekriegt.«
    »Und wer ist ›Cul de Tigre‹?«
    Der Junge sah LaBréa trotzig an und antwortete nicht. LaBréa erkannte, dass weitere Fragen zwecklos waren. Der junge Drogendealer kannte die Gesetze der Branche und würde keine Einzelheiten preisgeben.
    »Du kannst gehen, Ben.« LaBréa zeigte mit dem Daumen zur Eingangstür. »Los, verschwinde. Und lass dir bloß nicht einfallen, das Polizeisiegel ein zweites Mal aufzubrechen!«
    Ben lief davon. »Bestimmt nicht«, rief er nach einigen Schritten. »Tote Kunden beliefere ich nämlich nicht!« Gleich darauf fiel die schwere Eisentür zu. Durch die blinden Scheiben der Fabrikhalle, die auf den Hof führten, sah

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