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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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Mein Kopf war voller wirrem Matsch, der mich daran hinderte, einen klaren Gedanken zu fassen.
    „Ich hab so einen Trailer gesehen“, brachte ich schließlich heraus. „Über ein Mädchen, das eine Gruppe Bergsteiger anführt.“
    „War das die, die an einer spiegelglatten Felswand raufklettert, um ein entführtes Kind zu retten?“
    „Ja, genau. Hast du den gesehen?“
    „Nein, aber den Trailer.“
    „Der könnte gut sein.“
    „Wann willst du den sehen?“
    „Vielleicht heute Abend.“
    „Kann ich mitkommen?“
    „Klar.“
    „Du hast also nicht vorgehabt, ihn mit jemand anderem anzuschauen?“
    Ich hab nicht vorgehabt, ihn überhaupt anzuschauen!
    „Nöö.“
    „Dann sehen wir uns heute Abend.“
    Jaa!
    „Okay“, sagte ich.

KAPITEL 23
    Als ich nach Hause kam, frühstückten Mama und Papa gerade. Mama hatte ihren schönen Seidenmorgenrock an, die Haare fielen ihr offen auf die Schultern.
    „Hallo, Wuff! Wie geht’s meinem lieben Hundu? Komm her zu Herrchen!“
    Wuffs Krallen kratzten über den Boden, während sie im Freudentaumel um Papa herumraste.
    „Na, Nisse, wie sieht’s aus?“
    Keine Spur mehr von Schmusestimme. Ich antwortete im selben Stil.
    „Der Scheinwerfer war also auch kaputt?“, spuckte ich aus. „Nicht bloß der Motor.“
    Das klang bestimmt eher wie eine Anklage als wie eine Frage. Vielleicht reagierte Papa deshalb so komisch.
    „Aber Spatz, wie kommst du denn auf die Idee?“
    Er hob die Kaffeetasse und zuckte betont gleichgültig mit den Schultern, wirkte dabei aber nervös. Der Kaffee schwappte über sein Käsebrot und er musste sich zur Tasse vorbeugen, um einen Schluck zu nehmen.
    Plötzlich wurde mir übel. Ich hatte auf eine natürliche Erklärung gehofft. Stattdessen log er und ich begriff nicht, warum.
    „Ich hab in der Garage ein Stück Glas gefunden, an dem Blut war!“
    Meine Stimme überschlug sich, ohne dass ich es verhindern konnte.
    Mama blickte von der aufgeschlagenen Zeitung hoch, als ich so laut wurde.
    „Wovon sprichst du?“
    „Von Papas kaputtem Scheinwerfer!“
    „Aber an deinem Auto war doch nichts kaputt, Janne?“, fragte Mama ruhig.
    „Doch, der Motor hat Ärger gemacht, aber das hab ich schon gedeichselt“, sagte Papa.
    Mama und Papa wechselten Blicke, die mich ausschlossen. Ich fühlte mich wie der letzte Idiot.
    „Hast du vor einer Woche nicht auch eine Beule am Auto gehabt?“, fuhr ich trotzig fort. „Genau als …“
    Ich konnte es nicht sagen.
    Aber Mama begriff, was ich meinte. Ihre Augen glühten.
    „Glaubst du, Papa hat Glöckchen überfahren? Du bist ja wohl nicht ganz bei Trost! Damals war er ja nicht einmal hier!“
    „Ich war weit weg von hier“, sagte Papa traurig.
    Aber er sah mich nicht an.
    Ich konnte mir nicht helfen, ich hatte plötzlich das unheimliche Gefühl, dass er log.
    „Jetzt vergessen wir das ganze Theater“, sagte Papa. „Hast du schon gefrühstückt?“
    Er zog den Stuhl neben sich heraus und klopfte darauf.
    „Mhm.“
    Am Wochenende genehmige ich mir nach dem Morgenspaziergang immer ein Extrabrot und eine Tasse heißen Kakao, aber jetzt gerade war ich zu sauer, um etwas herunterbringen zu können. Auf dem Weg durch die Diele erinnerte ich mich daran, dass ich den Glassplitter in den Mülleimer geworfen hatte. Mit ein bisschen Glück lag er immer noch dort.
    Ich fuhr herum und lief schnell zum Schrank unter der Spüle. Der Mülleimer quoll fast über, aber ich begann in schmierigen Resten von Haushaltpapier, Plastikfolie und halb vollen Kaffeefiltern zu wühlen.
    Mama starrte mich an.
    „Was um alles in der Welt treibst du da?“
    In diesem Moment erblickte ich den kleinen Glassplitter. Ich klemmte ihn vorsichtig zwischen die Finger und hob ihn hoch.
    „Schau dir das hier mal an!“
    „Glas gehört nicht in den normalen Hausmüll!“, bemerkte Mama kühl.
    „Der lag auf unserem Garagenboden!“
    „Und?“
    „Ein Glück, dass du ihn gefunden hast“, sagte Papa ruhig. „Bevor jemand drauftritt.“
    „Das hier ist der Beweis.“
    „Wofür?“, fauchte Mama. „Dass ich nicht ordentlich sauber mache! Dieser Glassplitter kann schon ewig dort herumgelegen haben!“
    Plötzlich stand sie auf und trat mit energischen Schritten auf mich zu.
    „Komm!“, sagte sie.
    Sie packte mich am Arm und zog mich hinter sich her in die Garage.
    Papas Wagen stand sauber und glänzend da, nur vom Straßenstaub der letzten Reise überzogen.
    Sie zerrte mich um das Auto herum und lockerte ihren Griff erst, als wir

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