Todeswald
hinterlassen hatten. Was macht man so ganz allein an einem Freitagabend? Linus war sauer auf mich und Jo hatte bestimmt vor dem Turnier genug mit ihren Pferden zu tun.
In meinem Zimmer watete ich durch schmutzige Klamotten und im Schrank hingen kaum noch saubere Sachen. Vor allem meine Lieblingsjeans nicht, die ich anziehen wollte, wenn ich morgen Jo besuchte.
Ich könnte natürlich waschen.
Das tat ich nicht übertrieben oft. Eigentlich eher selten. Nie, wenn ich ehrlich sein soll.
Aber irgendwann musste das erste Mal sein. Und wie schwierig konnte das für eine technisch begabte Person wie mich schon sein?
Nachdem ich die Waschmaschine mit Jeans, Schlüpfern, T-Shirts und Pullis gefüttert hatte, war die Trommel immer noch nur halb gefüllt. Ich durchwühlte den Wäschekorb nach weiterer Schmutzwäsche und entschied mich schließlich für Papas blaue Hose. In den Hosentaschen klapperte etwas. Ich angelte eine Handvoll Münzen und einen Zettel heraus.
Kurz bevor ich den Zettel wegwerfen wollte, überprüfte ich sicherheitshalber, was es war. Eine Benzinquittung. Demnach hatte Papa in Jönköping getankt.
Plötzlich fiel mir ein, dass ich vor einer Woche einen Zettel in Papas Auto gefunden und in die Tasche meiner Jeans gesteckt hatte. Wahrscheinlich lag er immer noch dort.
Ich zog die Jeans aus der Trommel und grub den Zettel hervor. Es war eine handgeschriebene Quittung von KS Autoblech & Lack. Auf der Quittung stand ein Datum, das aber so verschmiert war, dass der eigentliche Tag nicht zu lesen war. Jedenfalls stammte die Quittung vom Oktober dieses Jahres.
Ich kratzte mich am Kopf. Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten? KS. Das war doch Kalle Svenssons Werkstatt!
Zwar war es schon spät am Freitagnachmittag, aber ich riskierte dennoch einen Anruf.
Gleich beim ersten Ton wurde abgenommen.
„Kalle Svensson“, meldete sich eine genervte Stimme.
„Hallo, hier ist Svea … also, Sie wissen wahrscheinlich, wer?“
„Ja, schon, aber wir haben geschlossen. Ruf am Montag wieder an.“
„Ich wollte nur kurz was fragen.“
„Ich hab doch gesagt, dass du am Montag anrufen sollst.“
„Bitte, das dauert auch gar nicht lang!“
„Um was geht’s denn?“
„Mein Vater hat seinen V70 in Ihre Werkstatt gebracht. Hatte der Wagen eine Beule?“
„Das ist meistens einer der Gründe, warum man seinen Wagen zu uns bringt. Worauf willst du hinaus?“
„Nur so … ist es möglich, dass er etwas überfahren hatte?“
„Frag ihn doch.“
Er legte auf.
Ich versuchte Klarheit in meine Gedanken zu bringen.
Papas Auto war also doch in einer Werkstatt gewesen. Weil er einen Hasen überfahren hatte? Aber warum behauptete er dann, er hätte das Auto selbst repariert?
Er war ja nicht einmal in der Nähe von Stockholm gewesen, konnte also nichts mit Glöckchens Unfall zu tun haben. Von dem Mord an Mikaela gar nicht erst zu reden.
Er war weit weg gewesen …
Plötzlich erinnerte ich mich an etwas. Papa schrieb immer auf, wo er gewesen und wie viele Kilometer er täglich gefahren war, um das später seinem Chef berichten zu können. Sein Fahrtenbuch lag für gewöhnlich im Handschuhfach.
Das Auto stand in der Garage, war aber abgeschlossen. Er trug doch wohl den Schlüssel nicht mit sich herum?
Ich öffnete die Tür zu seinem Schrank. Der Duft seines Rasierwassers stieg mir in die Nase.
Papas Duft.
Ich biss die Zähne zusammen und machte weiter. Nachdem ich eine Weile gesucht hatte, fand ich den Schlüssel in einer Jackentasche. Schnell lief ich zurück in die Garage und schloss das Auto auf.
Meine Finger zitterten, als ich das Handschuhfach öffnete. Das Fahrtenbuch lag zuoberst. Mit seiner unordentlichen Schrift hatte Papa Tag für Tag notiert, wo er gewesen war, und Angaben über den Zählerstand bei Start und Ankunft gemacht. Die Fahrstrecke variierte von einigen Kilometern pro Tag bis sechs- bis siebenhundert Kilometern täglich.
In mir wurde Hoffnung lebendig.
Mit dem Fahrtenbuch in der Hand lief ich nach oben in mein Zimmer. Im Kalender hatte ich etwas notiert.
22. Oktober. Glöckchen überfahren!
Eine Woche später hatte ich MIKAELA geschrieben. Und ein Kreuz hinter ihren Namen gemalt.
Ich durchsuchte das Fahrtenbuch, getrieben von der wilden Hoffnung, Papa ein für alle Mal von jeglichem Verdacht reinwaschen zu können. Gleichzeitig zitterte ich bei dem Gedanken, einen Beweis für das Gegenteil zu finden.
22. Oktober. Trelleborg. Nicht Stockholm.
Yesss! Ich liebe Trelleborg!
Er war am
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