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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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die Dämmerung hereinbrach. In meinem Bauch kribbelte es heftig und ich musste mich sehr zusammennehmen, um nicht kehrtzumachen. Aber gleichzeitig wollte ich unbedingt feststellen, ob die Tasche noch da war.
    Mein Plan war, hinters Haus zu schleichen und das Fahrrad dort hinzustellen, wo ich es geholt hatte. Dabei würde ich auch sehen, ob die Tasche da stand oder nicht. Und falls sie verschwunden wäre, ja, dann würde ich anklopfen und Hedvig fragen, was das für eine Tasche gewesen sei und ob sie mit der Polizei gesprochen hätte.
    Das heißt, wenn ich genügend Mut aufbrachte.
    Im Obergeschoss war Licht, aber nirgends rührte sich etwas. Ich wartete eine Zeit lang, schob das Fahrrad dann aber hinters Haus.
    Unter einer Decke aus Schnee lag alles Gerümpel noch unverändert da. Ich stöberte kurz darin herum, fand die Tasche aber nicht.
    Hatte die Polizei sie trotz allem doch mitgenommen? Vielleicht hatten sie dann festgestellt, dass es die falsche Tasche war, und baten deshalb um Hinweise auf die richtige?
    Ich lehnte das Fahrrad an die Wand, als ein Gedanke in meinem Kopf auftauchte. Womöglich hatte Linus’ Vater die Tasche abgeholt, ohne die Polizei zu verständigen! Ich schüttelte den Gedanken genauso schnell wieder von mir ab, wie er aufgetaucht war. Warum hätte er das tun sollen?
    Ich stand vor der Tür und versuchte all meinen Mut zusammenzunehmen, um bei Hedvig anzuklopfen, als sie mir zuvorkam.
    „Diebin!“, schrie sie schrill. „Du hast mein Fahrrad gestohlen!“
    „Im Gegenteil“, log ich, obwohl mir die Knie weich wurden. „Ich bin gekommen, um es Ihnen zu bringen. Ich … ich hab es im Wald gefunden.“
    Sie machte ein paar Schritte auf mich zu. Ihre Strickjacke war an den Ellbogen geflickt und ihr langer Rock fegte den Schnee unter ihr weg,als sie sich bewegte. Ihr grau meliertes Haar war zu einem losen Knoten hochgesteckt, aber sie wirkte jünger, als ich gedacht hatte. Bisher hatte ich sie nur von Weitem gesehen. Vermutlich war sie nur etwas über fünfzig. Sie musterte mich misstrauisch.
    „Woher hast du gewusst, dass es mir gehört?“
    „Weil Sie es von meiner Mutter bekommen haben. Meins sieht genauso aus.“
    Sie brachte etwas zustande, das an ein Lächeln erinnerte.
    „Deine Mutter ist lieb. Und wo ist die Tasche?“
    „Meinen Sie die rote Reisetasche?“
    Mir fiel ein, dass es keinen erklärbaren Grund für mich gab, etwas über die Tasche zu wissen. Aber Hedvig schien sich nicht darüber zu wundern, dass ich davon wusste.
    Sie nickte stumm.
    „Hat die Polizei nicht mit Ihnen gesprochen?“
    „Nein.“
    „War das Ihre Tasche?“
    Sie grunzte kurz.
    „Der wollte sie ja nicht haben“, murmelte sie.
    „Wer?“
    „Der in dem Auto. Er hat sie in den See geworfen.“
    Plötzlich kam mir der Abend in den Sinn, als Wuff ausgerissen war.
    „Haben Sie die rote Reisetasche im See gefunden?“
    Das war es also, was der waghalsige Fahrer ins Wasser geworfen hatte! Dann musste es Hedvigs bleiches Gesicht gewesen sein, das ich im Wald hatte aufleuchten sehen.
    Aber handelte es sich wirklich um Mikaelas Tasche?
    „Was war denn darin?“
    „Bettwäsche.“
    Oh Gott!
    „Was noch?“
    „Bücher.“
    „Und wo ist die Tasche jetzt?“
    „Verschwunden.“
    Eine Unterhaltung mit Hedvig lief so zäh wie eine Schnecke in Leim, ich zitterte inzwischen vor Ungeduld. Bettwäsche! Bücher! Ich kam der Wahrheit immer näher. Es musste Mikaelas Tasche sein, die Hedvig gefunden hatte!
    „Haben Sie das Auto gesehen?“
    „Ja.“
    „Was war das für eine Marke? Volvo?“
    Ich hatte selbst geglaubt, einen hellen Kombi zu sehen, der wie ein Volvo geklungen hatte.
    Hedvig antwortete nicht.
    „Toyota? Audi? Saab?“
    Sie zuckte die Schultern. Wahrscheinlich kannte sie sich mit Automarken nicht aus.
    „War es ein normaler Personenwagen oder ein Kombi?“
    „Nicht normal.“
    „Also ein Kombi. Und was für eine Farbe?“
    „Hell.“
    „Haben Sie … den Fahrer gesehen?“
    „Ich koch mir jetzt einen Kaffee.“
    Plötzlich drehte sie sich um und ging.
    Ich starrte ihren Rücken an, als sie hinter der Hausecke verschwand. Sie war viel näher an dem Auto gewesen als ich. Hatte sie den Fahrer gesehen oder nicht? Wenn ja, dann hatte sie vielleicht Mikaelas Mörder gesehen! Wer sonst würde versuchen, Mikaelas Tasche mit der Bettwäsche und den Büchern loszuwerden? Bettwäsche, die sie für die Übernachtung bei Hannamaria mitgebracht hatte.
    Der Puls dröhnte mir in den Ohren, während mein Gehirn

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