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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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hochgeschlagenen Kragen und über die Ohren gezogenen Mützen durch das Gestöber.
    Linus und ich hatten nicht mehr miteinander gesprochen, seit er sich geweigert hatte, mich zu Hedvig zu begleiten. Aber in der letzten Pause des Tages schickte er mir eine SMS.
    „Kannst du nach der Schule zu mir kommen?“
    Ein paar Stunden später klingelte ich an seiner Tür.
    Er kochte vor Wut, als er mir aufmachte.
    Glöckchen kam in den Flur gehumpelt und begrüßte mich schwanzwedelnd, es fiel ihr aber immer noch schwer, sich zu bewegen.
    „Brav“, sagte ich, als ich sie streichelte. „Wie schön, dass sie so fit ist!“
    „Mhm“, sagte Linus.
    „Was ist denn?“
    „Der blickt einfach gar nichts!“
    „Wer?“
    „Mein Vater. Ich hab ihn gebeten, sich bei der Polizei zu erkundigen, ob sie wissen, wer Glöckchen überfahren hat. Aber er findet, wir sollen sie lieber nicht belästigen .“
    „Während einer laufenden Ermittlung darf die Polizei sowieso nichts sagen“, erklärte ich vorsichtig.
    „Er könnte sich doch trotzdem erkundigen.“
    Plötzlich sah ich ihn nachdenklich an.
    „Weißt du ganz sicher, dass dein Vater die Polizei wegen der Tasche hinter Hedvigs Haus angerufen hat?“
    „Warum?“
    „Sie behauptet, jemand hätte die Tasche gestohlen.“
    „Hast du etwa mit Hedvig gesprochen?“
    „Ja. Sie wirkte etwas verwirrt, aber lieb.“
    „Wo hatte sie die Tasche gefunden?“
    „Im See. An dem Abend, als Wuff ausgerissen ist.“
    „Also darum haben wir damals nichts gefunden!“, rief Linus aus.
    „Genau. Hedvig hatte die Tasche schon herausgeangelt.“
    „Dann muss sie den Mörder gesehen haben, oder?“
    „Das weiß ich nicht, aber sie hat einen hellen Kombi gesehen.“
    Er überlegte kurz, dann warf er mir einen misstrauischen Blick zu.
    „Was soll das Gefasel darüber, ob mein Vater die Polizei angerufen hat?“
    „Mir kam es irgendwie komisch vor, dass sie immer noch nach der Tasche suchen.“
    „Was willst du damit sagen? Glaubst du, er steckt mit dieser Liga unter einer Decke? Dass er die Tasche von Hedvig gestohlen hat, um diese Ganoven zu schützen?“
    Linus starrte mich wütend an. Es war eine Sache, selbst die eigenen Eltern zu kritisieren, aber eine ganz andere, wenn jemand Fremdes das tat. Am besten, ich behielt meine Gedanken über das, was sein Vater getan oder nicht getan hatte, für mich.
    „Ich wollte gar nichts sagen“, murmelte ich.
    „Oder vielleicht glaubst du sogar, er sei derjenige, der Mikaela umgebracht und unseren eigenen Hund überfahren hat? Oder was? Oder was!“
    „Das hab ich nicht gesagt.“
    „Aber er hat einen hellen Kombi und er wusste, wo Mikaelas Taschewar, und die ist jetzt verschwunden. Beweismaterial, das die Fingerabdrücke des Mörders enthalten kann. Oder nicht?“
    Ich selbst hätte meine Vermutungen nicht besser ausdrücken können. Außerdem hatte jemand Glöckchen vom Weg ins Gebüsch geschleppt, und das hätte ein wildfremder Mensch kaum geschafft.
    „Manchmal gehst du zu weit“, sagte er.
    Wir starrten uns an, er wutentbrannt, ich unglücklich.
    „Ich geh jetzt“, sagte ich schließlich.
    Er nickte kurz.
    Ich ging, ohne zu fragen, warum er mich eigentlich gebeten hatte, zu kommen.

KAPITEL 46
    Im Laufe der Nacht war noch mehr Schnee gefallen. Vor dem Fenster breitete sich eine winterliche Bilderbuchlandschaft mit schneebedeckten Tannen und Büschen aus. Selbst die dünnsten Zweige waren von Raureif überzogen. Von den Straßenlampen hingen Eiszapfen herab, die Luft war frisch und klar.
    Die Sonne schien vom leuchtend blauen Himmel, aber weit hinten türmten sich bedrohliche Wolken auf. Sie sahen fast wie Berggipfel aus und ließen mich an unseren Skiurlaub in den Osterferien denken.
    Am Nachmittag begab ich mich mit Wuff in die blaue Dämmerung hinaus. Am Horizont, wo die Sonne soeben untergegangen war, schimmerte der Himmel noch hellblau.
    Papa kam gleichzeitig mit uns nach Hause.
    „Heute schlage ich groß zu“, sagte er und zwinkerte mir zu.
    „Wie denn?“
    „Ich führe deine Mutter aus! Zuerst ins Kino und dann zum Essen. Können wir bis morgen mit dem Schwimmen warten?“
    „Ja … klar.“
    „Es macht dir doch nichts aus, heute Abend allein zu sein?“
    „Ihr könnt gern gehen.“
    Allein war ich sowieso meistens. Außerdem hatte ich selbst ja vorgeschlagen, dass sie etwas Schönes zusammen unternehmen sollten. Allerdings wäre ich gern mitgekommen.
    Bald schwebten nur noch die vertrauten Gerüche im Flur, die Mama und Papa

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