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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Blut.
    Der Entführer kehrt zurück. Er hat eine graue Windjacke angezogen und sich dünne, geschmeidige Handschuhe übergestreift.
    Als er hereinkommt, hockt Holly auf dem Boden, steht jedoch auf, sobald er auf sie zutritt.
    Ohne sich um Hollys Distanzbedürfnis zu kümmern, stellt er sich so nah vor sie wie jemand, der eine Frau zum Tanz aufgefordert hat und sie nun in die Arme nehmen will.
    »In Rio Lucio leben Duvijio und Eloisa Pacheco in ihrem kleinen Haus. Dort stehen im Wohnzimmer zwei rote Holzstühle mit geschnitzter Lehne.«
    Er legt die rechte Hand auf ihre linke Schulter. Holly ist froh, dass diese Hand in einem Handschuh steckt.
    »Auf einem dieser roten Stühle steht eine billige Keramikfigur des heiligen Antonius. Auf dem anderen Stuhl
steht die Figur eines Jungen, der für den Kirchgang gekleidet ist.«
    »Wer ist dieser Junge?«
    »Die Figur stellt den Sohn der beiden dar, der nach dem heiligen Antonius benannt war. Als er sechs Jahre alt war, wurde er von einem betrunkenen Autofahrer überfahren. Das war vor fünfzig Jahren, als Duvijio und Eloisa in den Zwanzigern waren.«
    Da Holly zwar noch keine Mutter ist, aber bald eine werden wird, kommt ihr der Schmerz, den ein so plötzlicher Verlust verursacht, unvorstellbar vor. »Ein Schrein«, sagt sie.
    »Ja, ein Schrein aus roten Stühlen. Auf diesen Stühlen hat seit fünfzig Jahren niemand gesessen. Sie sind nur für die beiden Figuren da.«
    »Oder für das, was sie darstellen«, korrigiert sie.
    Vielleicht erkennt er das nicht als Korrektur.
    »Stell dir den Gram, die Hoffnung, die Liebe und die Verzweiflung vor, die sich auf diese Figuren gerichtet haben«, sagt er. »Ein halbes Jahrhundert inniger Sehnsucht hat ihnen eine gewaltige Kraft verliehen.«
    Holly erinnert sich an das Mädchen, das mit der Christophorusmedaille und der Cinderellafigur begraben worden ist.
    »Eines Tages, wenn Duvijio und Eloisa nicht zu Hause sind, werde ich sie besuchen, um die Figur des Jungen mitzunehmen. «
    Dieser Mann ist so vieles, darunter ein grausamer Räuber, der den Glauben, die Hoffnung und die liebsten Erinnerungen anderer Menschen plündert.
    »An der Figur des Heiligen habe ich kein Interesse, aber der Junge ist ein Totem mit magischem Potenzial. Ich werde ihn nach Espanola bringen …«

    »… wo sich dein Leben erneut ändern wird.«
    »Und zwar entscheidend«, sagte er. »Aber vielleicht nicht nur mein Leben.«
    Sie schließt die Augen. »Rote Stühle«, flüstert sie, als würde sie sich die Szene vorstellen.
    Das scheint ihm vorläufig zu genügen, denn nach kurzem Schweigen sagt er: »In gut zwanzig Minuten wird dein Mann hier sein.«
    Als sie das hört, schlägt ihr das Herz bis zum Hals, aber in ihre Hoffnung mischt sich Furcht. Sie lässt die Augen geschlossen.
    »Ich werde jetzt gehen und nach ihm Ausschau halten. Er wird das Geld in diesen Raum bringen – und dann ist es Zeit, sich zu entscheiden.«
    »Lebt in Espanola eine Frau mit zwei weißen Hunden?«
    »Siehst du sie vor dir?«
    »Die Hunde verschwinden fast im Schnee.«
    »Von dieser Frau weiß ich nichts, aber wenn du sie siehst, dann muss es sie in Espanola geben.«
    »Ich sehe, wie ich gemeinsam mit ihr lache. Die Hunde sind ganz weiß.« Holly öffnet die Augen und sieht ihm ins Gesicht. »Aber du solltest jetzt wirklich Ausschau nach ihm halten.«
    »Nur noch zwanzig Minuten«, verspricht er und verlässt die Küche.
    Holly bleibt einen Augenblick ganz still stehen und staunt über sich selbst.
    Weiße Hunde, kaum zu glauben. Wo ist das bloß hergekommen? Weiße Hunde und eine lachende Frau.
    Fast muss sie selbst darüber lachen, wie leichtgläubig dieser Mann ist, aber eigentlich ist es gar nicht lustig, dass sie tief genug in sein Denken eingedrungen ist, um zu wissen, welche Bilder bei ihm wirken. Sich in seiner wirren
Welt bewegen zu können, kommt Holly eher beängstigend vor.
    Wieder beginnt sie am ganzen Körper so zu zittern, dass sie sich setzen muss. Ihre Hände sind eisig, und die Kälte kriecht ihr bis ins Mark.
    Sie greift mit der Hand unter den Pullover zwischen ihre Brüste und zieht den Nagel aus dem Stoff des BHs.
    So scharf der Nagel ist, es wäre ihr lieber, wenn er schärfer wäre. Leider hat sie kein Werkzeug, um ihn stärker anzuspitzen.
    Mit dem Nagelkopf kratzt sie eifrig an einer der Gipskartonplatten, mit denen die Wände verschalt sind, bis ein Häufchen pulverisierter Gips entstanden ist.
    Es ist so weit.
    Als Holly ein kleines Mädchen war, hat sie

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