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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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sich eine Weile vor einer ganzen Reihe nächtlicher Monster gefürchtet, die ihrer lebhaften Fantasie entsprungen waren. Sie spukten im Kleiderschrank, unter dem Bett, an den Fenstern.
    Ihre Großmutter, die gute Dorothy, brachte ihr daraufhin ein Gedicht bei, mit dem man angeblich jedes Monster vertreiben konnte. Die im Kleiderschrank wurden verdampft, die unter dem Bett zu Staub verwandelt, und die an den Fenstern wurden in die Sümpfe und Höhlen verscheucht, wo sie hingehörten.
    Jahre später hat Holly erfahren, dass dieses Gedicht, das ihre Furcht vor Monstern geheilt hat, den Titel »Gebet eines Soldaten« trägt. Es wurde von einem unbekannten britischen Soldaten verfasst. Gefunden hat man es in einem Schützengraben während der Schlacht von El Agheila, im heutigen Tunesien.
    Leise, aber nicht lautlos, rezitiert sie es nun:
    »Bleib bei mir, Gott. Die Nacht ist dunkel,
die Nacht ist kalt. Mein kleines Funkeln
von Mut erlischt. Die Nacht ist lang;
bleib bei mir, Gott, und gib mir Kraft.«
    Dann zögert sie, aber nur einen Augenblick.
    Es ist so weit.

64
    Mitchs Schuhe waren mit Lehm und feuchten Blättern verkrustet, seine Kleider zerknittert und schmutzig. In den Armen trug er einen weißen Müllbeutel, den er so fest an die Brust drückte, als handelte es sich um ein krankes Baby, und in seinen Augen loderte Verzweiflung. So hastete er am Rand der Hauptstraße entlang.
    Kein zufällig an ihm vorbeifahrender Polizeibeamter hätte ihn übersehen. Er sah aus wie jemand, der auf der Flucht vor der Justiz war, wie ein Irrer, oder wie beides zusammen.
    Fünfzig Meter vor ihm war eine Tankstelle mit einem kleinen Supermarkt. Bunte Fähnchen flatterten im Wind und warben für einen saisonalen Reifenverkauf.
    Er überlegte, ob er wohl jemanden dazu bringen konnte, ihn für zehntausend Dollar Cash zur Turnbridge-Villa zu fahren. Wahrscheinlich nicht. Angesichts des Eindrucks, den er machte, würden die meisten Leute erwarten, dass er sie unterwegs umbrachte.
    Wenn ein Kerl, der wie ein Landstreicher aussah, mit einem Bündel Dollarscheine herumwedelte, wurde wahrscheinlich auch der Kassierer nervös. Vielleicht rief er die Polizei.
    Dennoch war der Versuch, auf diese Weise einen Chauffeur zu finden, wohl die einzige Möglichkeit, wenn Mitch nicht mit vorgehaltener Waffe ein Auto klauen wollte, und das wollte er nicht tun. Sonst grabschte der Besitzer des Wagens womöglich törichterweise nach der Waffe und wurde versehentlich erschossen.

    Als Mitch die Tankstelle fast erreicht hatte, bog ein schicker SUV von der Hauptstraße ab und hielt an der äußersten Zapfsäulenreihe. Eine groß gewachsene Blondine stieg aus, griff nach ihrer Handtasche und stolzierte in den Supermarkt. Die Fahrertür ließ sie offen stehen.
    Die Zapfsäulen waren samt und sonders zur Selbstbedienung gedacht. Kein Tankwart war in Sicht.
    Ein einziges Fahrzeug wurde gerade betankt. Der Fahrer war jedoch damit beschäftigt, die Windschutzscheibe zu reinigen.
    Mitch schlenderte auf den SUV zu und spähte durch die offene Tür. Der Schlüssel steckte in der Zündung.
    Um sicherzugehen, beugte Mitch sich hinein und warf einen Blick auf den Rücksitz. Kein Opa, kein Kind im Kindersitz, kein Pitbull.
    Er setzte sich ans Lenkrad, zog die Tür zu, ließ den Motor an und lenkte den Wagen auf die Straße.
    Obwohl er eigentlich erwartet hatte, dass mehrere Leute hinter ihm herrennen, die Arme schwenken und brüllen würden, sah er im Rückspiegel keine Menschenseele.
    Die Straße hatte einen begrünten Mittelstreifen. Er überlegte, ob er ihn überqueren sollte. Der SUV wäre leicht damit fertig geworden, aber wie das Schicksal so spielte, fuhr bestimmt gerade in diesem Moment ein Streifenwagen vorbei.
    Glücklicherweise kam bereits nach wenigen Hundert Metern eine Wendespur, über die er gefahrlos die Gegenfahrbahn erreichen konnte.
    Als er an der Tankstelle vorbeifuhr, war draußen immer noch keine wütende Blondine erschienen. Mitch drückte aufs Gas, allerdings mit dem gebührenden Respekt vor der angezeigten Geschwindigkeitsbeschränkung.
    Normalerweise war er kein ungeduldiger Fahrer, der über langsame oder ortsunkundige Zeitgenossen schimpfte. Nun
jedoch wünschte er diesen alle möglichen Seuchen und grässlichen Missgeschicke auf den Hals.
    Um vier Minuten vor zwei hatte er endlich das Viertel erreicht, in der Turnbridges unvollendeter Protzbau stand. Noch bevor die Villa in Sicht kam, lenkte er den Wagen an den Bordstein.
    Auf die

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