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Toechter Aus Shanghai

Titel: Toechter Aus Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa See
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Mein Glaube an China und alles, was der Große Vorsitzende Mao für das Land tut, ist groß. Joy
    Ich hole Luft, und mein Herz klopft ein wenig langsamer. Jetzt bin ich mir sicher, dass Joy auf keinen Fall ernst meint, was sie geschrieben hat. Sie ist ein Tiger. Es liegt in ihrer Natur, wahllos um sich zu schlagen, und genau das hat sie in dieser Nachricht getan, aber sie kann ihre Ankündigung unmöglich in die Tat umgesetzt haben. Doch May scheint es zu glauben.
    »Ist sie wirklich fortgelaufen?«, fragt May, als ich von dem Brief aufsehe.
    »Ich mache mir keine Sorgen, und du solltest es auch nicht tun.« Ich bin böse auf May, weil sie den Tag mit einem weiteren Drama begonnen hat, während ich hoffte, alles in Ruhe mit ihr besprechen zu können. Doch ich lege ihr beruhigend die Hand auf den Arm und versuche, den Anschein von Frieden zwischen uns zu wahren. »Joy war gestern sehr durcheinander. Das waren
wir alle. Wahrscheinlich ist sie rüber zu den Yees gegangen, um mit Hazel zu reden. Sie kommt bestimmt zum Frühstück zurück.«
    »Pearl.« Meine Schwester schluckt und atmet tief ein, ehe sie weiterspricht. »Gestern Nacht hat Joy mich nach Z. G. gefragt. Ich habe ihr gesagt, dass er wahrscheinlich nach wie vor in Shanghai lebt, da auf den Titelbildern immer kleine Details der Stadt zu sehen sind. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie dorthin will.«
    Ich wische die Idee beiseite. »Sie fliegt nicht nach China, um Z. G. zu suchen. Sie kann nicht einfach in ein Flugzeug steigen und nach Shanghai fliegen.« Ich zähle die Gründe an den Fingern ab in der Hoffnung, damit Mays Bedenken zu zerstreuen. »Mao hat vor acht Jahren die Macht übernommen. China ist für Menschen aus dem Westen gesperrt. Die Vereinigten Staaten haben keine diplomatischen Beziehungen zu...«
    »Sie könnte nach Hongkong fliegen«, wirft May zögernd ein. »Das ist eine britische Kolonie. Von da könnte sie zu Fuß nach China gelangen. Vater Louie hat doch immer Leute beauftragt, auf diese Weise Teegeld zu seiner Familie in das Dorf Wah Hong zu bringen.«
    »Das glaubst du doch nicht ernsthaft!«
    May zeigt auf die Nachricht. »Sie will ihren leiblichen Vater kennenlernen.«
    Doch ich weigere mich zu glauben, was meine Schwester sagt. »Joy hat gar keinen Reisepass.«
    »Hat sie wohl. Weißt du das nicht mehr? Dieser Joe hat ihr einen besorgt.«
    Da bekomme ich weiche Knie. May fängt mich auf und hilft mir zum Bett, wo ich mich hinsetze. Ich beginne zu weinen. »Bitte nicht! Nicht nach Sam.«
    May redet mir gut zu, doch ich bin untröstlich. Es dauert nicht lange, bis ich Schuldgefühle bekomme.
    »Sie ist nicht nur gegangen, um ihren Vater zu suchen.« Meine Worte sind rau und kommen stoßweise. »Ihre ganze Welt wurde
entzweigerissen. Alles, was sie zu wissen glaubte, stimmt nicht. Sie läuft vor uns davon. Vor ihrer wahren Mutter... und vor mir.«
    »Sag so was nicht. Du bist ihre wahre Mutter. Schau dir doch den Brief an. Sie nennt mich Tante und dich Mom. Sie ist deine Tochter, nicht meine.«
    Mein Herz hämmert vor Kummer und Furcht, doch ich halte mich an einem Wort fest: Mom .
    May tupft meine Tränen ab. »Sie ist deine Tochter«, wiederholt sie. »Jetzt hör auf zu weinen. Wir müssen nachdenken.«
    May hat recht. Ich muss meine Gefühle wieder in den Griff bekommen, und wir müssen uns überlegen, wie wir meine Tochter davon abhalten können, einen schrecklichen Fehler zu machen.
    »Joy braucht eine Menge Geld, wenn sie nach China fliegen will«, denke ich laut.
    May scheint zu verstehen, was ich meine. Sie ist schon sehr lange modern und hat ihr Geld auf der Bank, doch Sam und ich hielten uns an Vater Louies Tradition, unsere Ersparnisse im Haus aufzubewahren. Wir eilen in die Küche und schauen nach der Kaffeedose unter der Spüle, wo ich den Großteil meiner Barschaft lagere. Sie ist leer. Joy hat das Geld genommen, aber ich verliere noch nicht die Hoffnung.
    »Was glaubst du, wann sie gegangen ist?«, frage ich. »Ihr zwei habt doch noch lange geredet...«
    »Warum habe ich sie bloß nicht aufstehen hören? Warum habe ich sie nicht packen hören?«
    Auch ich quäle mich mit Selbstvorwürfen, und ein Teil von mir ist immer noch zornig und verwirrt wegen allem, was ich gestern Abend erfahren habe, dennoch sage ich: »Wir können uns jetzt nicht über so was den Kopf zerbrechen. Wir müssen uns auf Joy konzentrieren. Sie kann noch nicht weit gekommen sein. Wir können sie noch finden.«
    »Ja, sicher. Ziehen wir uns an. Wir

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