Töchter Der Finsternis
an.
„Was ist denn das?"
Er blieb ebenfalls stehen. „Riecht wie Gummi und öl ..."
„Oh, nein, das Auto", rief Mary-Lynnette. Sie sahen einander einen Moment an, dann begannen sie zu rennen.
Es war wirklich der Jeep. Weißer Qualm quoll unter der geschlossenen Motorhaube hervor.
Mary-Lynnette wollte näher herangehen, aber Ash zog sie zurück auf die andere Straßenseite.
„Ich will nur die Haube öffnen ..."
„Nein, schau."
Sie sah hin und keuchte entsetzt auf. Kleine Flammen brannten in dem Qualm. Sie züngelten aus dem Motor.
„Claudine hat immer prophezeit, dass so etwas passieren wird", sagte sie grimmig, während Ash sie weiter fortzog. „Ich glaube, ihre größte Angst war, dass es passieren könnte, wenn ich im Auto sitze."
„Wir werden zu Fuß nach Hause gehen müssen", sagte Ash. „Es sei denn, jemand sieht das Feuer."
„Keine Chance", antwortete Mary-Lynnette. Das hat man nun davon, wenn man einen Jungen an den einsamsten Platz von ganz Oregon lockt, sagte ihre innere Stimme triumphierend.
„Ich nehme nicht an, dass du dich in eine Fledermaus oder so was verwandeln und zurückfliegen kannst, um Hilfe zu holen", meinte sie.
„Tut mir Leid. Das Fach Gestaltenwandeln habe ich geschwänzt. Und ich würde dich sowieso nicht hier allein zurücklassen."
Mary-Lynnette fühlte sich immer noch tollkühn und unbesiegbar. Und das machte sie ungeduldig. „Ich kann auf mich selbst aufpassen", fuhr sie ihn an.
In diesem Moment sauste der Knüppel nieder, und Ash sackte bewusstlos in sich zusammen.
16. KAPITEL
Danach passierte alles sehr schnell und gleichzeitig wie in Zeitlupe. Mary-Lynnette spürte, wie ihre Arme von hinten gepackt wurden. Etwas zog ihre Hände zusammen. Etwas, das sehr stark war. Dann fühlte sie, wie ein Strick ihr in die Handgelenke schnitt, und ihr ging auf, was passierte.
Ich werde gefesselt, dachte sie. Ich werde völlig hilflos sein. Ich muss schnell etwas tun.
Sie kämpfte, versuchte, sich dem stahlharten Griff zu entwinden, und trat um sich. Aber es war schon zu spät. Ihre Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden, und das tat weh. Ihre Schultern schmerzten höllisch, als sie rückwärts gegen einen Baum gezerrt wurde.
„Hör auf, dich zu wehren", befahl eine Stimme. Eine belegte, verzerrte Stimme, die sie nicht erkannte. Sie versuchte zu sehen, wer es war, aber der Baum war ihr im Weg. „Wenn du dich entspannst, wird es nicht mehr wehtun."
Mary-Lynnette kämpfte weiter, aber es half nichts. Die dicke, tief zerfurchte Rinde des Baums rieb gegen ihren Rücken und ihre Hände. Und jetzt konnte sie sich nicht mehr bewegen. Oh, nein, dachte sie verzweifelt. Ich kann nicht mehr weg. Ich bin schon schwach von dem, was Ash und ich getan haben, und jetzt kann ich mich gar nicht mehr bewegen.
Dann hör auf, in Panik zu fallen, und denk nach, riet ihr ihre innere Stimme. Benutze deinen Verstand, statt hysterisch zu werden.
Sie hörte auf, sich zu wehren. Keuchend hielt sie inne und versuchte, ihr Entsetzen unter Kontrolle zu bringen.
„Ich hab's dir ja gesagt. Es tut nur weh, wenn du dagegen ankämpfst. Das ist bei vielen Dingen so", sagte die Stimme.
Mary-Lynnette drehte den Kopf herum und erkannte sofort, wer es war.
Das Herz wollte ihr brechen. Sie hätte nicht überrascht sein sollen. Aber sie war es.
Überrascht und tief enttäuscht
„O Jeremy", flüsterte sie.
Außer dass es ein anderer Jeremy war als der, den sie kannte. Sein Gesicht, das Haar, die Kleider waren dieselben, aber eine seltsame Aura von ungezügelter Wildheit, die ihr Angst machte, umgab ihn. Seine Augen waren unmenschlich und kalt und tot wie die eines Haies.
„Ich will dir nichts tun", sagte er in dieser verzerrten, fremden Stimme. „Ich habe dich gefesselt, weil ich nicht will, dass du dich einmischst."
Mary-Lynnettes Verstand registrierte verschiedene Dinge auf einmal. Ein Teil von ihr riet ihr, freundlich zu Jeremy zu sein. Ein anderer Teil wollte wissen, wobei sie sich nicht einmischen sollte. Und der dritte schrie einfach nur ein Wort: Ash.
Sie sah zu ihm hin. Er lag ganz still da, und Mary-Lynnette erkannte mit ihren wunderbaren, neuen Augen im Mondlicht, dass sein blondes Haar langsam von Blut durchtränkt wurde. Auf dem Boden neben ihm lag ein Knüppel aus hartem Eibenholz. Kein Wunder, dass Ash bewusstlos war.
Aber wenn er blutet, ist er nicht tot. Bitte, er darf nicht tot sein, flehte sie innerlich. Rowan hat gesagt, dass nur Pfählen und Verbrennen einen
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