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Töchter Der Finsternis

Töchter Der Finsternis

Titel: Töchter Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Weg dachte sie nach. Darüber, wie es wohl sein würde, den Ringnebel mit eigenen Augen ohne einen Filter davor zu sehen. Oder all die anderen Dinge am Himmel. Sie fühlte ein so starkes Verlangen danach, dass es schmerzte.
    Natürlich war das nichts Neues für sie. Sie hatte diese Sehnsucht schon viele Male vorher gespürt, und normalerweise endete es damit, dass sie sich ein neues Buch über Astronomie oder eine stärkere Linse für ihr Teleskop kaufte. Alles, was sie der Erfüllung ihres größten Wunsches näher brachte.
    Aber jetzt lockt mich eine ganz neue Versuchung, dachte sie. Etwas, das größer und Furcht einflößender ist, als ich es mir je vorstellen konnte.
    Was wäre, wenn ich über mich hinauswachsen könnte? Derselbe Mensch bliebe, doch mit schärferen Sinnen ausgestattet wäre? Eine Mary-Lynnette, die wirklich der Night World angehörte?
    Sie hatte bereits entdeckt, dass sie anders war, als sie geglaubt hatte. Sie war gewalttätiger.
    Schließlich hatte sie Ash getreten, oder? Und zwar sogar öfter. Sie hatte Kestrels Wildheit bewundert Sie hatte die Logik des „Töten oder getötet werden" erkannt. Sie hatte von der Freude der Jagd geträumt
    Was fehlte ihr denn noch, um ein Geschöpf der Nacht zu sein?
    „Da gibt es etwas, das ich dir schon immer sagen wollte", riss Ash sie aus ihren Gedanken.
    „Und?" Soll ich ihn jetzt ermutigen oder nicht? fragte sie sich.
    Aber Ash fragte nur: „Sollen wir nicht endlich aufhören, uns ewig zu streiten?"
    Mary-Lynnette dachte einen Moment nach. Dann sagte sie ehrlich: „Ich weiß es nicht"

    Sie gingen weiter. Die Zedern ragten um sie auf wie die Säulen eines gigantischen, verfallenen Tempels. Die Stille war so tief, dass Mary-Lynnette sich vorkam, als würde sie über den Mond wandern.
    „Du bist so ganz anders als alle, die ich bisher getroffen habe", sagte Ash plötzlich.
    „Das beruht auf Gegenseitigkeit."
    Er hob den abgebrochenen Ast einer Eibe auf und spielte mit der Rinde. „Für mich ist die Situation nicht leicht. Vor allem wegen dem, was ich immer über Menschen gedacht habe, und wegen meiner Erziehung."
    „Ich weiß, was du von uns gehalten hast", sagte Mary-Lynnette scharf und fügte im Stillen hinzu: Nämlich, dass wir Rattengesindel sind.
    „Aber - das wird sich jetzt seltsam anhören", sagte er niedergeschlagen. „Ich scheine dich wirklich bis zur Verzweiflung zu lieben." Er schälte mehr Rinde von dem Ast ab.
    Mary-Lynnette sah ihn nicht an. Sie konnte nicht sprechen.
    „Ich habe alles getan, was ich konnte, um dieses Gefühl wieder loszuwerden. Aber es hat nicht geklappt. Zuerst dachte ich, dass ich dich vergessen werde, wenn ich Briar Creek verlasse. Aber jetzt weiß ich, dass das Wahnsinn ist Wo immer ich auch hingehe, du wirst immer bei mir sein. Ich kann das Gefühl nicht abschütteln. Also muss ich mir etwas anderes einfallen lassen."
    Mary-Lynnette wurde plötzlich aufsässig. „Tut mir Leid", sagte sie kalt. „Aber es ist nicht sehr schmeichelhaft, wenn jemand dir gesteht, dass er dich liebt, gegen seinen Willen, gegen jede Vernunft und selbst gegen ..."
    „... gegen seinen Charakter", beendete Ash den Satz düster. „Ja, ich weiß."
    Mary-Lynnette blieb stehen. Sie starrte ihn an. „Sag bloß, du hast .Stolz und Vorurteil'
    gelesen", sagte sie verblüfft.
    „Warum auch nicht?"
    „Weil es Jane Austen geschrieben hat. Sie war ein Mensch."
    Er sah sie unergründlich an. „Woher willst du das wissen?"
    Ein gutes Argument. Eines, das einem Angst machen konnte. Wie sollte sie wissen, wer in der Geschichte der Menschheit wirklich ein Mensch gewesen war? Was war mit Galileo?
    Newton? Oder Shakespeare?
    „Jane Austen war eine Frau." Sie rettete sich auf ein sichereres Gebiet. „Und du bist ein typischer Macho."
    „Ja, das kann ich nicht abstreiten."
    Mary-Lynnette ging weiter. Er folgte ihr. „Darf ich dir also jetzt gestehen, wie glühend ich dich liebe und anbete?"
    Wieder ein Zitat. „Deine Schwestern haben mir doch erzählt, dass du die ganze Zeit nur auf Partys rumhängst"
    Ash verstand sie. „Das stimmt Aber am Morgen nach der Party ist man so kaputt, dass man im Bett bleibt Und dabei kann man genauso gut etwas lesen."
    Sie gingen weiter.
    „Schließlich sind wir Seelengefährten", fuhr Ash fort. „Ich kann nicht total blöd im Kopf sein, oder ich wäre der völlig Falsche für dich."
    Mary-Lynnette dachte darüber nach. Und über die Tatsache, dass Ash sich fast demütig anhörte. Das war bestimmt eine ganz

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