Toechter Der Suende
vergessen. Stattdessen weilten ihre Gedanken in einem paradiesischen Land, in dem aus den Brunnen Wein statt Wasser floss und wunderschöne Mädchen tapferen Rittern Blumenkränze flochten.
7.
N ach dem Abschluss des Turniers ritt Gottfried Schenk zu Limpurg zurück nach Würzburg und ruhte sich von den Anstrengungen des Festes aus. Am dritten Tag ließ er Giso rufen.
Der junge Priester trat zögernd in das Schlafgemach des Fürstbischofs, der mit aufgerichtetem Oberkörper in seinem Bett saß und in einem Stoß Papiere blätterte. Den hohen Herrn anzusprechen, wagte er nicht, und so blieb er an der Tür stehen.
Es dauerte eine Weile, bis Herr Gottfried ihn zu bemerken schien. »Komm näher, Bruder in Christo!«
Die freundliche Anrede verwirrte Giso. Immerhin entstammte Gottfried Schenk zu Limpurg einem uralten Adelsgeschlecht und trug zudem den Titel eines Fürstbischofs von Würzburg und eines Herzogs von Franken. Dazu nahmen viele seiner Verwandten hohe Ämter ein. Er hingegen war der Sohn eines schlichten Freibauern, und nur die Gunst der Herrin zu Kibitzstein hatte es ihm ermöglicht, zu studieren und Priester zu werden. Nun trat er zwei weitere Schritte auf das Bett zu und blieb erneut stehen.
Gottfried Schenk zu Limpurg musterte ihn kurz und wies dann auf die Weinkanne, die auf einer Anrichte stand. »Du kannst mir einen Becher Wein einschenken und den zweiten Becher für dich nehmen.«
Giso wusste, dass der Fürstbischof selbst Bürger und Leute von Adel empfing, ohne diesen einen Trunk reichen zu lassen. Bei einem einfachen Priester wie ihm war ein solches Angebot daher verwunderlich. Doch er griff, ohne zu zögern, zu, um den hohen Herrn nicht zu verärgern, und reichte Herrn Gottfried den vollen Becher. »Auf Eure Gesundheit, Euer Durchlaucht, wenn ich so sagen darf.«
»Du darfst!« Auf den Lippen des Fürstbischofs erschien ein Lächeln, dem es jedoch an Fröhlichkeit fehlte. »Du wirst dich vielleicht gefragt haben, weshalb ich ausgerechnet dich nach Rom schicken will?«
»Nun, Herr, ich … Es steht mir nicht zu, Eure Entscheidungen zu hinterfragen«, antwortete Giso.
»In diesem Fall solltest du es aber tun. Ich schicke dich nämlich nicht zum Heiligen Stuhl, um dir einen Gefallen zu tun oder dich zu protegieren, sondern um jemanden dort zu haben, der Augen und Ohren für mich offen hält. Das muss ein Mann sein, der den Kopf nicht allein deswegen auf den Schultern trägt, um einen Hut darauf zu setzen.«
Herrn Gottfrieds unverblümte Worte überraschten Giso, und er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Der Fürstbischof schien keine Antwort zu erwarten, denn er trank einen Schluck und fuhr dann fort. »Es geht um eine sehr wichtige Angelegenheit, mein Freund. Komm näher, damit ich nicht so laut reden muss!« Gottfried Schenk zu Limpurg winkte Giso nahe heran, dass dessen Ohr beinahe seinen Mund berührte.
»Du wirst in Rom ein Natternnest vorfinden! Verrat und Mord sind an der Tagesordnung, und jeder sucht seine Vorteile auf Kosten der anderen zu mehren. Die Franzosen spielen dort munter mit, dazu noch weitere Intriganten, die ich nicht kenne. Du wirst herausfinden müssen, wer unsere Feinde sind, und deren Einfluss bekämpfen. Es geht um sehr viel! König Friedrich III. will zu Beginn des nächsten Jahres nach Rom reisen, um dort seine Braut in Empfang zu nehmen und zu heiraten. Außerdem ist geplant, dass Seine Heiligkeit, Nikolaus V., ihn zum römischen Kaiser krönen soll. Dies gefällt sehr vielen nicht, und daher werden diese alles daransetzen, um die Zeremonie zu verhindern – notfalls auch durch Friedrichs Ermordung.«
Giso fehlten die Worte. Weshalb schickt der Fürstbischof ausgerechnet mich nach Rom, einen kleinen Priester ohne jede Verbindung zu wichtigen Leuten?, fragte er sich. Die Aufgabe, die ihm gerade gestellt worden war, schien ihm unerfüllbar. Doch ein Blick in das verbissen wirkende Gesicht seines Herrn ließ ihn von jedem Widerspruch Abstand nehmen.
»Die beiden jungen Ritter, die dich und meine Nichte nach Rom begleiten, sollen bis zu Friedrichs Besuch dort bleiben und dich unterstützen. Es ist notwendig, dass du Männer bei dir hast, die auf deinen Rücken achtgeben. Ein Freund von mir, Kardinal Foscarelli, wurde vor einiger Zeit ermordet. Es war bekannt, dass er die Sache des Königs am Heiligen Stuhl vertrat und an der Einigung zwischen Herrn Friedrich und dem Papst an wichtiger Stelle beteiligt war. Finde seine Mörder und führe sie ihrer
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