Toechter Der Suende
schüttelte er den Kopf. Man konnte Falko Adler auf Kibitzstein vieles nachsagen, doch bisher hatte der junge Mann es noch nie an der nötigen Umsicht fehlen lassen. Dennoch beschloss er, ihm einen Trupp erfahrener Reisigen mitzugeben.
»Trinkt, meine Gäste! Die Knechte sollen nun das Mahl auftragen. Kämpfen macht hungrig, und ihr wollt morgen ja nicht entkräftet vom Pferd fallen.«
Lachen antwortete auf die launigen Worte. Selbst Falko schmunzelte und zwinkerte dann seinen Schwestern zu. Trudi winkte kurz, während Lisa fröhlich lächelte. Sie mochte Falko, auch wenn dieser den Worten ihres Mannes Otto von Henneberg zufolge noch wie junger Wein war, der erst gären musste. Hildegard hingegen blieb still neben ihrer Stiefmutter sitzen. Als einzige von Maries Töchtern war sie noch unverheiratet und hatte bereits den Wunsch geäußert, als Nonne ins Kloster zu gehen. Zwar hielten ihre Schwestern nichts davon, doch Marie wollte Hildegard die freie Wahl lassen.
Marie blickte ebenfalls zu ihrem Sohn hinüber, der den Ausschluss vom Turnier und die Zurechtweisung durch den Fürstbischof überwunden zu haben schien, und machte sich ihre Gedanken. Gerne ließ sie ihn nicht auf diese Reise gehen. Immerhin würde sie in weniger als zwei Jahren sechzig Jahre alt werden, und da konnte es dem Herrgott jederzeit gefallen, sie abzuberufen. Doch sie wollte nicht sterben, wenn ihr Sohn in der Fremde weilte.
Sie wusste jedoch selbst, dass sie die Entscheidung des Fürstbischofs nicht rückgängig machen konnte. Falko war als Besitzer etlicher Herrschaften auf Würzburger Gebiet dessen Lehensmann und musste für Bischof Gottfried solche Dienste leisten. Außerdem mehrte es seinen Ruhm, wenn er die Äbtissin unversehrt in ihrem römischen Kloster ablieferte.
Sie nahm sich vor, Falko ins Gewissen zu reden, damit er Vorsicht walten ließ. Zudem würde sie, sobald er zurück war, darauf drängen, dass er sich ein Weib nahm. Zwar unterstützte Hildegard sie auf Kibitzstein, doch über kurz oder lang würde ihre Stieftochter entweder ins Kloster gehen oder vielleicht doch heiraten. Dann benötigte Kibitzstein eine Herrin, die das Gesinde anleitete und die Wirtschaftshöfe überwachte. Bei ihrem letzten Besuch in Würzburg hatte der Fürstbischof bereits anklingen lassen, er werde ihr bei der Suche nach einer passenden Braut behilflich sein. Dies war ihr recht, denn eine von Gottfried Schenk zu Limpurg gestiftete Ehe bedeutete nicht nur eine Verbindung mit einem eingesessenen Adelshaus, sondern auch eine stattliche Mitgift, die den eigenen Reichtum angenehm mehren würde.
Zufrieden mit diesen Aussichten wandte Marie sich ihren Töchtern zu. Trudi hatte im letzten Jahr ihren ersten Sohn geboren und führte als Peter von Eichenlohs Ehefrau ein glückliches Leben. Für ihre eigene Tochter hatte der Himmel wahrlich gut gesorgt. Doch auch bei Lisa konnte sie nicht klagen. Zu ihrer und wohl auch aller Überraschung hatte ausgerechnet Otto von Henneberg um sie geworben. Er war ein tapferer Ritter aus gräflichem Geschlecht, der zudem hoch in der Gunst des Fürstbischofs stand. Ohne die weiße Narbe, die sich quer über sein Gesicht zog, wäre er ein hübscher Mann gewesen. Ihrer Ziehtochter Lisa gefiel er so, wie er aussah, und sie selbst fand ihn nach anfänglichen Bedenken recht sympathisch. Genau wie Peter von Eichenloh war auch er stets bereit, ihr beizuspringen, wenn es Probleme gab.
Marie hätte zufrieden sein können, doch als sie kurz zu Reckendorf hinübersah, überkam sie ein ungutes Gefühl. Der Mann zerfraß sich vor Rachsucht, und das nur, weil er in einem ehrlichen Stechen aus dem Sattel gehoben worden war. Diese Haltung hielt sie für verderblich, und sie nahm sich vor, alles zu tun, um ihren Sohn vor Schaden zu bewahren.
Bei dem Gedanken lachte sie über sich selbst. Falko war gewiss in der Lage, auf sich selbst aufzupassen. Zwar nannte sogar sein Freund Hilbrecht ihn einen Tollkopf, doch er hatte früh gelernt, was Gefahr hieß und wie ihr zu begegnen war. Außerdem würde er während der nächsten Monate fern von hier weilen, und bis zu seiner Rückkehr mochte Bruno von Reckendorfs gekränkte Eitelkeit vergessen sein.
6.
D a er von der weiteren Teilnahme am Turnier ausgeschlossen war und Gottfried Schenk zu Limpurg ihm Urlaub gewährt hatte, hielt Falko nichts mehr auf dem Fest. Am nächsten Morgen ließ er sein Pferd satteln und machte sich auf den Weg zu seiner heimatlichen Burg.
Hilbrecht von Hettenheim
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