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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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konnten. Vor allem die junge Akrobatin, die ihren Körper in einer Art und Weise verbog, als hätte sie keinen Knochen im Leib, erregte Bewunderung. Als sie auf dem Boden sitzend ihre Füße hinter dem Nacken kreuzte und dann in einen Handstand überging, fielen den Burgmägden schier die Augen aus dem Kopf.
    »Das ist doch unmöglich!«, keuchte die Köchin, die schon Mühe hatte, beim Bücken mit den Fingerspitzen den Boden zu berühren.
    Marie stellte sich neben sie und lächelte. »Es ist eine Gabe, die nicht viele besitzen. Doch sie muss jeden Tag hart daran arbeiten, ihre Gelenkigkeit zu bewahren.«
    Bei diesen Worten runzelte die Köchin die Stirn. »Ihr redet anders als diese Leute!«
    Marie erschrak, dass sie so verräterisch aus der Rolle gefallen war. Wenn das Weib sie verriet, würden auch sie und Trudi Reckendorf in die Hände fallen. Sie wollte schon ihre Tochter warnen, damit diese die Burg verließ und floh, da fasste die Köchin ihren Arm und streckte den Kopf vor, so dass ihr Mund beinahe Maries Ohr berührte. »Ihr kommt wegen der Jungfer, nicht wahr?«
    Marie hoffte, eine der Frauen vor sich zu sehen, die ihren Späher mit Informationen versorgt hatten, und vertraute auf ihren guten Stern. »Ja, deswegen komme ich!«
    »Es war nicht recht vom Herrn, dass er sie geraubt hat«, erklärte die Köchin leise.
    »Wenn du mir sagst, wo ich Hildegard finden kann, erhältst du von mir genug Geld, um von hier fortgehen zu können«, bot Marie ihr an.
    »Gegen ein bisschen Geld habe ich nichts, aber ich will nicht weg von hier. Das ist meine Heimat. Ich helfe Euch gerne, weil es unrecht ist, eine Jungfer zu rauben und so zu behandeln, wie der Herr es tut!«
    »Wo ist die Gefangene?«, fragte Marie. Ihre Anspannung verführte sie, etwas zu laut zu reden.
    »Vorsicht!«, wisperte die Köchin ihr zu. »Wenn die Männer des Herrn Euch hören, geht es Euch schlecht.«
    Während Marie schuldbewusst zusammenzuckte, fuhr die andere fort. »Die Jungfer ist in einem Raum eingesperrt, der nur über die Gemächer des Herrn zu erreichen ist. Von uns darf niemand zu ihr. Sogar die Mahlzeiten bringt ihr der Herr selbst. Sie bekommt aber kein gutes Essen. Den Brei, den ich für sie kochen muss, würde ich nicht einmal einem Schwein in den Trog schütten. Besseres zu kochen wage ich jedoch nicht, da der Herr genau nachsieht. Die Jungfer musste auch ihre schöne Kleidung ausziehen und läuft jetzt in Fetzen herum.«
    Die Köchin zeichnete ein Bild, bei dem es Marie grauste. Umso stärker wurde ihr Wille, ihre Stieftochter so rasch wie möglich zu befreien.
    »Ich danke dir«, sagte sie zu der Köchin. »Wenn du mir jetzt noch sagst, wie ich zu den Gemächern deines Herrn komme, wäre ich dir dankbar.«
    »Das tue ich gerne! Seht Ihr den Eingang dort drüben? Dahinter führt eine Treppe ins erste Obergeschoss. Dort wohnt der Herr derzeit. Mir wäre lieber, er würde wieder dorthin zurückreiten, woher er gekommen ist. Dann hätten wir nämlich unsere Ruhe. Und noch etwas: Nehmt Euch vor Bertschmann in Acht. Das ist ein ganz übler Kerl!« Dabei deutete die Frau verstohlen auf den Kastellan, der eben vom Turm herunterkam und seine Blicke wie ein hungriger Geier über die Gaukler schweifen ließ.
    Da die zweite Hure nirgends zu sehen war, trat er auf die Akrobatin zu. »Komm mit! Ich will sehen, ob du im Bett ebenso gelenkig bist.«
    Die junge Frau sah ihn zuerst erschreckt an, wies dann aber auf die Zuschauer. »Diese braven Leute wollen meine Kunststücke sehen. Ich will sie nicht enttäuschen.«
    »Die können warten!«, bellte Bertschmann.
    »Hinterher werde ich wohl kaum mehr in der Lage sein, das Rad zu schlagen so wie jetzt!« Ehe der Kastellan sich’s versah, setzte sich die Akrobatin in Bewegung und war mit mehreren Überschlägen auf der anderen Seite des Burghofs.
    Einige der Mägde, die den Kastellan verabscheuten, kicherten, und ein paar Waffenknechte lachten sogar laut. Bertschmann sah die Männer grimmig an und drohte den Weibern mit der Faust. Eine von ihnen kehrte ihm den Rücken zu und lüpfte kurz ihr Kleid.
    Erneut lachten die Leute. Doch als der Kastellan auf die kecke Frau losstürmen wollte, gerieten ihm die anderen Mägde und mehrere Burgknechte wie zufällig in den Weg. Wuterfüllt verteilte er Ohrfeigen, doch hinter seinem Rücken spotteten die Leute noch mehr.
    Marie war entsetzt über die Zustände, die in dieser Burg herrschten. Wenn der Kastellan sich schon so benahm, wie musste da erst der Herr

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