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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihre Verkleidung gelungen. »So würde nicht einmal dein Ehemann dich erkennen!«
    »Du siehst aber auch nicht gerade wie eine Burgherrin aus«, antwortete Trudi kopfschüttelnd, denn ihre Mutter wirkte nun wie eine schmierige alte Vettel. Die Kleidung hing ihr in Fetzen vom Leib, und die dunkle Farbe im Gesicht ließ die Haut faltiger und fleckig erscheinen. Nur die bis auf wenige Ausnahmen noch vollständig vorhandenen Zähne verrieten, dass Marie dem Alter besser hatte trotzen können als viele andere. Neugierig, wie sie selbst aussah, ließ Trudi sich von Lisa einen Spiegel reichen und blickte hinein.
    »Ich glaube, du hast arg untertrieben, Mama! Ich erkenne mich ja selbst nicht mehr«, stöhnte sie angesichts ihrer vom Walnusssaft gedunkelten Haut und den wirr und schmutzig ins Gesicht fallenden Haarsträhnen. Wer sie so sah, musste sie für weitaus älter halten als die fünfundzwanzig Jahre, die sie mittlerweile zählte. Ihr Kleid bestand ebenfalls aus grob zusammengenähten Fetzen, war aber so geschickt gestaltet, dass sie einen Dolch und einen Beutel mit Münzen darunter verbergen konnte. Auch ihre Mutter war bewaffnet und mit Geld versehen, denn es mochte sein, dass sie Knechte und Mägde auf Reckendorfs Burg bestechen mussten, um zu erfahren, in welchem Teil Hildegard festgehalten wurde.
    Marie strich ihrer Ältesten über die braune Wange. »So ist es gut! Wenn du dich nicht mehr erkennst, werden auch Reckendorf und seine Schufte es nicht tun. Damit sind wir in der Lage, uns auf seiner Burg aufzuhalten und nach Hildegard zu suchen.«
    »Hoffentlich hat er sie nicht schon woandershin verschleppt«, antwortete Trudi. Es klang wie ein Stoßgebet.
    »Das werden wir erfahren, sobald wir dort sind. Ich habe einen Reiter vorausgeschickt und lasse die Burg überwachen. Der Mann wird uns früh genug warnen, falls Hildegard weggebracht wurde. Die Mägde dort sind, wie Kunner berichtet hat, erstaunlich freigiebig mit Auskünften. Dies sollte uns nützen. Aber nun komm! Wir wollen Jossi und seine Leute nicht warten lassen – und Hildegard auch nicht.«
    Als die beiden die Kammer verließen, watschelte Lisa schwerfällig hinter ihnen her. »Ich finde es ungerecht, dass ich hierbleiben muss. Bei den Gauklern gibt es doch auch schwangere Weiber«, schimpfte sie.
    Mit einem sanften Lächeln drehte Marie sich zu ihr um. »Zwei Monate früher hätte ich dich mitgenommen. Nun aber ist die Gefahr zu groß, dass du ausgerechnet auf Reckendorfs Burg niederkommen könntest. Womöglich müsste ich mich dann zwischen dir und Hildegard entscheiden. Das will ich mir ersparen.«
    »Es dauert gewiss noch ein paar Wochen, bis ich das Kind zur Welt bringe«, erklärte Lisa, konnte aber weder Mutter noch Schwester umstimmen.
    »Mama hat recht!«, erklärte Trudi mit Nachdruck. »Kinder haben die Eigenschaft, ausgerechnet zu Zeiten und an Orten geboren werden zu wollen, an denen man es am wenigsten brauchen kann. Bei mir hat die Hebamme auch gemeint, ich hätte noch genug Zeit. Am gleichen Tag noch haben mich die Wehen während eines Spaziergangs im Wald erfasst. Mein Peter wollte mich auf den Armen nach Hause tragen, doch weiter als zu einer Waldhütte sind wir nicht gelangt.«
    Marie lächelte wehmütig. »Das war sehr schade, denn ich hätte dir gerne beigestanden. Ich hoffe, dass es mir bei Lisa vergönnt ist!«
    Sie drückte ihre Ziehtochter kurz an sich und gab ihr dann einen leichten Klaps. »Sieh zu, dass dein Mann so bald wie möglich nachkommt. Jossi und seine Leute lügen zwar für uns, aber sie werden nicht für uns kämpfen!«
    Lisa nickte mit verkniffener Miene. »Ich habe Otto drei Boten hinterhergeschickt. Einer wird ihn hoffentlich finden.«
    »Peter in Würzburg solltest du ebenfalls informieren. Es ist besser, wenn auch mein Mann Bescheid weiß. Einer von ihnen wird uns gewiss zu Hilfe kommen«, sagte Trudi und tätschelte Lisas Wange. »Mach es gut, kleine Schwester, und bete für uns, damit die Himmlischen uns gewogen sind.«
    »Das werde ich!«, versprach Lisa und folgte ihnen bis auf den Hof, wo bereits eine Sänfte für Marie bereitstand.
    Trudi hingegen bestand darauf, zu Fuß zu gehen. »Schließlich muss ich mich daran gewöhnen«, setzte sie hinzu und richtete den Blick nach Nordosten, wo sie ihre gefangene Schwester wusste.

11.
    A n diesem und den beiden folgenden Tagen hätte Marie sich und der ganzen Gauklertruppe Flügel gewünscht, so sehr sehnte sie sich danach, ihr Ziel zu erreichen. Aber auch so

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