Toechter Der Suende
sein? Sie wechselte einen kurzen Blick mit Trudi, um dieser mitzuteilen, dass sie etwas erfahren habe, und wich in Richtung des ihr gewiesenen Eingangs zurück.
Unterdessen war Jossis Ringer vorgetreten und präsentierte Reckendorfs Kriegsknechten seine Muskeln. »Nun, wer von euch wagt es, sich mit mir zu messen? Wenn er gewinnt, erhält er einen Gulden auf die Hand, wenn er verliert, kostet es ihn einen Schilling. Ist das kein Angebot?«
Einer der Männer wollte vortreten, doch da schob Bertschmann ihn beiseite. »Den Kerl nehme ich mir vor!«
Der Waffenknecht sah ihn erstaunt an. »Aber Herr! Ihr seid doch von ritterlichem Stand.«
Der Einwand war berechtigt, denn im Grunde besudelte Bertschmann seine Ehre, wenn er sich mit einem aus dem fahrenden Volk schlug.
Jossi und seine Leute erstarrten. Wenn Bertschmann diesen Kampf gewann, würde er seinem Gegner mit Sicherheit etliche Verletzungen beibringen, die dieser erst ausheilen musste, bevor er wieder auftreten konnte. Schlimmer noch wäre es, wenn der Kastellan den Kampf verlor. Sie würden von Glück sagen können, wenn sie nur mit Schimpfworten und Schlägen davongejagt wurden.
Auch die gelenkige Akrobatin begriff dies und war mit mehreren Überschlägen und Spreizschritten bei Bertschmann. »Was zahlt Ihr mir, wenn ich mit Euch ins Bett gehe?«, fragte sie mit einer Stimme, der nur ihre Freunde den Abscheu anmerkten, den sie für diesen Mann empfand. Doch wenn sie den Ringkampf verhindern wollte, musste sie sich opfern.
Marie bewunderte das Mädchen und bedauerte es gleichzeitig. Sein Einsatz war lobenswert, und es hatte eine Belohnung verdient. Zunächst aber galt es, die wenige Zeit zu nutzen, die ihnen noch blieb. Daher winkte sie Trudi zu sich und teilte dieser mit, was sie von der Köchin erfahren hatte.
»Ich bringe diesen Reckendorf um!«, zischte ihre Tochter, als sie von den schmutzigen Lumpen und dem schlechten Essen berichtete.
»Das würde ich auch gerne tun, aber ich will uns keine Blutfehde an den Hals holen«, wies Marie Trudi zurecht und schob sich unauffällig auf den Eingang des Wohnturms zu. Dort angekommen, drehte sie sich noch einmal um. Trudi folgte ihr auf dem Fuß, ebenso zwei von Jossis Töchtern und der als Gaukler verkleidete Kunner.
»Es ist besser, wenn wir vorausgehen! Außer ein paar Ohrfeigen ernten wir nichts, wenn wir auf jemanden treffen«, raunte das größere der Mädchen Marie zu.
»Wir sollten uns beeilen. Der Ringkampf hat bereits begonnen«, erklärte der Waffenknecht.
Jetzt sah Marie selbst, wie der stärkste Mann der Welt eben von seinem einheimischen Gegner in den Schwitzkasten genommen wurde. Wie es aussah, würde er gleich verlieren.
»Keine Angst! Sandor weiß, dass wir Zeit brauchen, und wird sie uns verschaffen«, beruhigte eines der Mädchen sie, öffnete das Portal und schlüpfte hinein. Gleich darauf sah Marie ihre Hand, die ihnen auffordernd zuwinkte, und folgte ihr. Im Flur war es kühl und so dunkel, dass sie das Mädchen mehr erahnte als sah. Eine Berührung am Rücken zeigte ihr, dass Jossis zweite Tochter hereingekommen war. Auch Trudi und Kunner beeilten sich, das Haus zu betreten.
»Hier scheint niemand zu sein. Die sind wohl alle draußen bei den Gauklern«, meinte Trudi.
Marie sah die Zähne ihrer Tochter gegen das spärliche Licht aufblitzen, das durch die Risse der Tür fiel, und begriff, dass diese sich ungesäumt auf die Suche nach Hildegard machen wollte. Schnell hielt sie sie zurück. »Vorsicht! Wir wissen nicht, wo Reckendorf steckt. Wenn wir auf ihn stoßen …«
»Sind wir zu fünft!«, fiel ihr Trudi ins Wort. »Wir müssen nur dafür sorgen, dass er nicht zum Schwert greifen kann und auch nicht zum Schreien kommt!«
In gewisser Weise nahm ihr die Tochter mit ihrer Tatkraft das Heft aus der Hand. Marie hoffte nur, dass Trudi nicht zu übermütig wurde, und forderte Jossis Mädchen auf, die Spitze zu übernehmen.
Sie gelangten etwa bis zur Hälfte der Treppe, da hörten sie oben jemand aus einem Zimmer treten und blieben reglos stehen. Zu ihrer Erleichterung entfernten sich die Schritte, und das Vorwitzigere der beiden Mädchen schlich die Treppe hinauf.
Als es zurückkehrte, zupfte es Marie am Ärmel. »Es muss der Ritter sein. Er ist nach hinten gegangen und hat eine Kammer betreten.«
»Dort soll Hildegards Gefängnis liegen. Kommt jetzt! Vielleicht haben wir Glück und können Reckendorf überraschen.«
Marie wollte die Spitze übernehmen, doch die beiden flinken
Weitere Kostenlose Bücher