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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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suchen, ob ich etwas finde?«, schlug Jossis jüngere Tochter vor.
    Marie schüttelte den Kopf. »Nein! Bis jetzt war das Glück auf unserer Seite. Wir sollten es nicht weiter herausfordern. Knebelt den Mann – und dann verschwinden wir!«
    Auch Reckendorf hatte nun begriffen, wer vor ihm stand, und knirschte mit den Zähnen. Auf diese Weise von der Witwe auf Kibitzstein übertölpelt worden zu sein war erniedrigender als alles, was er bisher erlebt hatte. Er versuchte, sich gegen den Knebel zu wehren, doch da griff ihm der Knecht wie einem Gaul zwischen den Kiefer und zwang ihn, den Mund zu öffnen.
    Hildegard steckte ihm eigenhändig einen der stinkenden Lumpen zwischen die Zähne, die er sie anzuziehen gezwungen hatte. »Schmeckt es, Junker? Dann ist es gut! Mir hat das Gewand, das Ihr mir geschenkt habt, auch gefallen.«
    Es würgte Reckendorf, und er befürchtete, an seinem eigenen Erbrochenen ersticken zu müssen. Einen schmählicheren Tod konnte er sich nicht vorstellen. Ganz Franken würde über ihn lachen und die Kibitzsteiner Brut beglückwünschen, weil sie ihren Gegner so zum Narren gehalten hatte. Ich hätte die Jungfer doch schänden und nackt in den Wald hinaustreiben sollen, dachte er voller Wut, während er zusehen musste, wie Marie ihrer Tochter Gesicht und Hände mit Walnusssaft färbte.
    »So, nun brauchen wir nur noch ein paar bunte Fetzen, dann wird keiner in der Burg merken, dass du nicht zu uns gehörst«, sagte die Witwe zufrieden.
    Bertschmann wird es merken! Der lässt sich von diesen Weibern nicht hinters Licht führen, dachte Reckendorf und beschwor seinen Kastellan im Stillen, die Augen offen zu halten. Da zauberten Jossis Töchter mehrere Lappen unter ihrer Kleidung hervor und hefteten diese mit Nadeln an Hildegards Lumpengewand.
    Beinahe übermütig verließen die Retter und die Befreite die Kammer. Reckendorf hörte, wie draußen der Schlüssel umgedreht wurde, und vernahm noch einen kurzen Wortwechsel.
    Marie und ihre Töchter überlegten, ob sie den Schlüssel auf der Burg lassen oder mitnehmen sollten, entschieden sich dann für Letzteres. Der Junker begriff, dass seine Leute die Tür würden aufbrechen müssen, um zu ihm zu gelangen. Er zerrte an seinen Fesseln, doch die saßen zu fest und der Knoten war so geknüpft, dass er sich zusammenzog, wenn er versuchte, sich zu befreien.
    Wütend rollte Reckendorf sich um die eigene Achse und brauchte mehrere Anläufe, um zur Tür zu gelangen. Dort trat er mit den gefesselten Füßen gegen das Holz, doch das Geräusch erschien selbst ihm viel zu leise, als dass man es auf dem Hof hätte hören können. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu warten, bis er vermisst wurde und jemand seine Gemächer betrat, um nach ihm zu sehen.
    Zwar hatte Marie Adler auf Kibitzstein den Kampf im Augenblick gewonnen. Doch so rasch würde sie mit den Gauklern nicht vorankommen. Sobald er frei war, würde er ihnen folgen und ein Strafgericht über sie verhängen, über das man noch nach Generationen reden würde.

15.
    A ls Marie und ihre Begleiter wieder auf den Hof hinaustraten, war Jossi gerade dabei, seine Künste als Messerwerfer zu zeigen. Er hatte die Umrisse eines Menschen auf ein Brett gezeichnet und darin das Herz besonders hervorgehoben. Nun forderte er die Zuschauer auf, ihm zu sagen, wo er als Nächstes treffen sollte.
    Der Waffenknecht, der mit dem Ringer gekämpft und nach langer und harter Auseinandersetzung doch verloren hatte, wies auf das rechte Knie. »Triff das! Tust du’s nicht, kostet es dich den Schilling, den ich wegen des verlorenen Ringkampfs zahlen musste.«
    »Wenn ich treffe, kostet es aber dich einen Schilling«, antwortete Jossi spöttisch. Er hob das Messer, tat dann aber so, als wäre er gestrauchelt und hätte die Klinge überallhin, nur nicht auf das Brett geworfen. Der Waffenknecht jubelte bereits, doch da bohrte sich die Klinge genau an der Stelle ins Holz, die das rechte Knie bezeichnete.
    Als der Waffenknecht mürrisch in seinen Beutel greifen wollte, hob Jossi die Hand. »Behalte dein Geld! Du bist ein wackerer Kerl und ein verdammt guter Ringer. Aber jetzt werde ich euch etwas zeigen, was noch keiner von euch gesehen hat. Ich werde meine Messer mit verbundenen Augen auf eine Jungfrau werfen, und sie um weniger als eine Handbreit verfehlen. Welches Mädchen aus dieser Burg will es wagen? Es muss aber eine Jungfrau sein! Ist sie es nicht mehr, bohrt meine Klinge sich ins Fleisch.« Jossi sah sich auffordernd um, doch

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