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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Dettelbach hochtreideln lassen und dann nach Kibitzstein reiten.
    Als sie auf dem Fluss jene Gegend passierten, in der Rudolf von Ottmeringens Leute Margarete überfallen und deren Leibmagd und die beiden Waffenknechte ermordet hatten, schauderte es die junge Frau trotz des warmen Tages.
    »Ich wollte, ihr hättet mich damals nicht zu deiner Verwandten Dagoberta geschickt, Tante«, sagte sie zu Edelgunde.
    Diese hob hilflos die Hände und blickte in die Richtung, in der Burg Ottmeringen liegen musste. »Es war Gottes Wille, mein Kind. Daher sollten wir nicht klagen. Er hat unsere Schritte vorherbestimmt.«
    »Um Falko Adler zu heiraten, hätte ich nicht bis Rom reisen müssen. Es hätte gereicht, dem Fürstbischof mein Einverständnis mitzuteilen. Herr Gottfried hätte meinen Halbbruder schon dazu gebracht, vor ihm zu kuschen.«
    »Du magst Junker Bruno nicht besonders?«, fragte Edelgunde ihre Nichte, obwohl sie die Antwort bereits kannte. Sie wollte jedoch die Geister der Toten vertreiben, die diese um sich zu sehen glaubte.
    »Wir haben uns nie besonders nahegestanden. Er hat mich und unsere Mutter verachtet, weil sie mich von einem anderen Mann empfangen hatte, während sein Vater noch lebte.«
    »Dennoch hat er die Vormundschaft über dich erstritten?«, fragte Edelgunde verwundert.
    »Dazu hat ihn sein Stolz gezwungen. Ich bin doch nur acht Monate nach dem Tod seines Vaters geboren worden. Daher musste er sogar vor sich selbst so tun, als wäre ich wirklich seine Schwester.« Margarete lachte bitter und hieb mit der Hand durch die Luft, als müsse sie eine Fliege oder einen unangenehmen Gedanken vertreiben.
    »Was Dagoberta wohl dazu sagen wird, wenn sie hört, dass ihr Sohn in Rom ums Leben gekommen ist?«, fragte sie dann.
    »Ihre Worte werden keine Segenswünsche enthalten. Doch das kann uns gleichgültig sein. Nach Rudolfs Tod erbt ihr Schwager die Burg Ottmeringen, und der hasst sie seit dem Tag, an dem sein Bruder sie zur Frau genommen hat. Wie ich ihn kenne, wird er sie in ein abgelegenes Kloster stecken oder ihr gleich eine Hütte im Wald als Witwensitz zuweisen. Die Frau sehen wir gewiss nicht wieder – und darüber bin ich froh.«
    Edelgunde schüttelte den Gedanken an ihre Verwandte ab und sah dann ihre Nichte an. »Ich möchte dich etwas fragen: Leben Falko und du wirklich wie ein Ehepaar? Immerhin schläfst du des Nachts immer noch in meiner Kammer.«
    »Ich habe ihm gesagt, dass wir damit warten sollen, bis wir zu Hause sind, weil ich nicht auf der Reise schwanger werden will.«
    »Und das hat er hingenommen?«, fragte Edelgunde verwundert.
    »Nicht gerne! Aber mir ist es lieber, wenn wir das erste Mal in der Heimat das Bett teilen. In Rom und unterwegs ist unser beider Erinnerung an Elisabeth und Francesca noch zu frisch.« Margarete wischte eine Träne weg, die ihr beim Gedanken an die beiden Frauen und deren Schicksal über die Wange lief. Francesca ruhte nun schon seit etlichen Monaten unter der Erde, und die junge Äbtissin würde nie mehr in ihrem Leben die Süße der Liebe erfahren.
    Dann aber lachte sie über sich selbst und wies auf den Strom. »Lass uns von etwas anderem reden. Wie lange, glaubst du, werden wir noch bis Mainz brauchen und von dort bis Kibitzstein?«

12.
    E s war Sommer am Main. Eigentlich liebte Marie diese Zeit, die ihr das Reißen in den Gliedern erträglich machte, doch in diesem Jahr spürte sie eine Traurigkeit in sich, die selbst der strahlende Glanz der Sonne nicht vertreiben konnte.
    Dabei hätte sie allen Grund zur Freude gehabt. Lisa war von einem gesunden Knaben entbunden worden, der prächtig heranwuchs, Trudi würde in weniger als vier Monaten wieder Mutter werden, und auf Kibitzstein gedieh alles nach Wunsch.
    Ihre Gedanken galten jedoch dem Sohn, der im letzten Mai nach Rom aufgebrochen war und von dem sie seitdem nichts mehr gehört hatte.
    Obwohl sie wusste, dass es nicht leicht war, Briefe über eine so große Entfernung zu schicken, machte sie sich Sorgen um Falko. So lange hätte er nicht ausbleiben sollen. Marie seufzte, stand auf und legte das Kissen auf ihrem Stuhl so zurecht, dass sie bequemer saß, und blickte erneut in die Ferne. Mit einem Mal beschattete sie die Augen. Obwohl sie nicht mehr so gut sah wie früher, erkannte sie, dass sich ein Wanderer Kibitzstein näherte.
    In der Hoffnung, dieser könne eine Botschaft von Falko bringen, verließ sie den Altan und stieg über die Treppe nach unten. Es ging nicht mehr so flink wie früher, und

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