Toechter Der Suende
sah, dass Giso sich nach vorne schob und ihn mit warnenden Blicken bedachte. Für ihn kam dieser Vorschlag überraschend, erschien ihm aber verlockend. Er hatte nach seinem Dafürhalten keine Möglichkeit, sich ordentlich um die beiden Mädchen zu kümmern. In Flavia Orsini hätten sie eine liebevolle Großmutter, unter deren Schutz sie ohne Sorgen aufwachsen konnten. Bei dem Gedanken erinnerte er sich jedoch an seine Mutter, die dann ihre Enkelinnen niemals zu Gesicht bekommen würde, und er schüttelte den Kopf.
»Dann gebt uns wenigstens eines der Kinder«, fuhr Flavia Orsini fort und zeigte auf Elisabeths Tochter, die ihr ein wenig kräftiger erschien als die kleine Marie Flavia. Hätte sie ihre wahre Enkelin gefordert, wäre Falko in Versuchung geraten, ihr das Kind zu überlassen. Er hielt es jedoch für schändlich, ihr das Kind einer anderen Frau unterzuschieben, und schüttelte erneut den Kopf.
»Nein, es geht nicht! Es sind meine Töchter, und es ist meine Pflicht, für sie zu sorgen.«
Während Giso aufatmete und Margaretes Augen freudig aufleuchteten, fühlte Falko sich, als hätte er sich eben zwei Mühlsteine zugleich auf die Schultern geladen, von denen er kaum einen stemmen konnte.
»So sei es!«, erklärte Pater Luciano zufrieden und bat den Conte und dessen Gemahlin, ihm ins Pfarrhaus zu folgen, damit sie die Seelenmessen für ihre Tochter in Auftrag geben konnten. »Ihr werdet gewiss an ihrem Grab beten wollen. Es ist das letzte Grab einer unbekannten Pilgerin auf dem Friedhof des Campo Santo Teutonico und hat noch keinen Stein. Für den werdet Ihr sorgen müssen«, setzte er mit leiser Stimme hinzu.
Während unterdessen im Kirchenschiff Margarete zu den beiden Ammen hinüberging, um nach den Kleinen zu sehen, klopfte Giso Falko auf die Schulter. »Zum Glück hast du mich nicht enttäuscht! Hättest du dich anders entschieden und auch nur eine ihrer Enkelinnen hier zurückgelassen, so wärst du von deiner Mutter durch eure gesamte Burg geprügelt worden.«
»Das weiß ich ja! Aber trotzdem …« Falko brach ab und senkte den Kopf. Nun stand er vor dem Problem, was er mit den Säuglingen anfangen sollte. Mit einem verkrampften Lächeln sah er die Kinder an und seufzte.
»Meine Mutter wird sich gewiss über den Familienzuwachs freuen, aber sie ist schon zu alt, um für die Kleinen sorgen zu können. Zumindest will ich ihr diese Mühe nicht aufladen.«
»Sie brauchen eine Mutter«, sagte Edelgunde bestimmt und versuchte dabei, sich ihre Hintergedanken nicht anmerken zu lassen.
»Aber wo soll ich eine Frau hernehmen, die sich der Töchter einer fremden Mutter annimmt?«, rief Falko aus.
Auf Margaretes Miene zeichneten sich widerstrebende Regungen ab, doch sie verbarg ihre Gefühle zunächst, indem sie sich über eine der beiden Kleinen beugte. Dann aber warf sie den Kopf in den Nacken. »Ich habe Elisabeth und Francesca versprochen, mich um ihre Töchter zu kümmern. Um diese Zusage einzuhalten, bin ich sogar bereit, dich zu heiraten.«
»Du? Aber wieso?« Niemals zuvor war Falko so verdattert gewesen wie in diesem Augenblick.
Während Margarete aussah, als würde sie ihre Worte bereits wieder bedauern, trat Edelgunde zu Falko und strahlte ihn an. »Diese Ehe hat der ehrwürdige Herr Fürstbischof Schenk zu Limpurg bereits im Frühjahr letzten Jahres stiften wollen. Deshalb war Margaretes Bruder …«
»Halbbruder!«, unterbrach Margarete sie.
»Deshalb war Junker Bruno von Reckendorf so zornig auf dich. Er ist sehr stolz auf das Alter seiner Sippe, musst du wissen.« Edelgunde zwinkerte Falko zu und versetzte ihm einen Stoß. »Zögere nicht zu lange. Eine Frau ist keine Kuh, um die man feilschen kann. Entweder du nimmst Margarete, so wie sie ist, oder wir reisen als eigene Gruppe nach Hause, und du kannst sehen, wo du mit deinen Mädchen bleibst!«
»Tante, nein!«, rief Margarete erschrocken. »Ich habe geschworen, für diese beiden Kinder zu sorgen, und das werde ich auch. Ich liebe die Kleinen von ganzem Herzen, vielleicht auch deswegen, weil sie ebenso wie ich Töchter der Sünde sind.«
Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und sah Falko seufzend an. »Ich bin acht Monate nach dem Tod des ersten Ehemanns meiner Mutter zur Welt gekommen. Doch er konnte nicht mein Vater sein, denn er lag fast ein halbes Jahr mit einer schweren Verletzung darnieder und starb schließlich daran. Auch hat der zweite Gemahl meiner Mutter mich als sein Kind anerkannt und mir ein gewisses Erbe
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