Toechter Der Suende
vermacht. Nach seinem Tod und dem meiner Mutter hat mein Halbbruder die Vormundschaft über mich beansprucht, da ich nach den Regeln der heiligen Kirche doch die Tochter seines Vaters hätte sein können.«
Falko hob abwehrend die Hände. »Erkläre mir das später noch einmal. Jetzt schwirrt mir der Kopf. Ich habe nur verstanden, dass du Reckendorfs Schwester bist!«
»Halbschwester!«, korrigierte Margarete ihn spitz.
»Das hat doch jetzt nichts zu sagen, Falko!«, warf Giso ein. »Hauptsache, du bekommst ein Weib, das sich um deine Kleinen kümmert. Außerdem ist Jungfer Margarete hübsch und wohlgestaltet. Daher kann sie dich auch in dieser Hinsicht zufriedenstellen. Wie tüchtig sie ist, hast du ja bereits erfahren!«
»Wenn du möchtest, kannst du mir mit dem Elfenbeinkamm, den du mir hast schenken wollen, ohne es bisher getan zu haben, die Haare auf meinen Zähnen kämmen!« Auch in dieser Situation war Margarete die Spottlust nicht abhandengekommen, und sie brachte alle einschließlich Falko zum Lachen.
Giso starrte einige Augenblicke auf das Kirchenbuch, lächelte schließlich und blätterte weiter, bis er die erste freie Seite aufschlug. »Da wir uns in einer Kirche befinden und sowohl das Brautpaar wie auch genügend Zeugen vorhanden sind, können wir zur Trauung schreiten. Hat jemand etwas dagegen einzuwenden?«
»Nein!«, erklärte Margarete, und ihr Blick warnte Falko davor, etwas anderes zu sagen.
10.
N ie hätte Falko gedacht, dass ihm der Abschied von Rom schwerfallen könnte, aber er bemühte sich, seine Gefühle vor seinem Gegenüber zu verbergen. Conte Ercole versuchte ebenfalls, kühl zu erscheinen, aber man sah ihm an, dass er am liebsten ebenso geweint hätte wie seine Gemahlin, die sich über Marie Flavia und Michaela Maria beugte und diese ein letztes Mal küsste.
In ihrer Nähe stand Pater Luciano, der Mariangela seinen Segen gab. Dann kam er auf Falko zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich muss sagen, ich habe mich nicht nur ein Mal schwer über Euch geärgert. Aber trotz all Eurer Fehler seid Ihr stets treu geblieben und habt mich und auch Euren Herrn, den Fürstbischof von Würzburg, nicht enttäuscht. Überbringt Herrn Gottfried Schenk zu Limpurg meine Grüße und sagt ihm, dass Ihr mit eigener Hand den Mord an unserem gemeinsamen Freund Taddeo Foscarelli gerächt habt.
Conte Ercole hat mir versichert, dass er den Tod des Kardinals nicht gewollt hat. Sein Auftrag an die d’Specchis hatte gelautet, Foscarelli aufzulauern, ihm die Briefe abzunehmen, die dieser bei sich trug, und ihn dann laufen zu lassen. Doch diese miese Ratte Cirio hat ihn kaltblütig umgebracht.«
Der Pater seufzte bei der Erinnerung und wies auf Giso, der ebenfalls kurz davor zu stehen schien, in Tränen auszubrechen. »Ich werde mich Eures Freundes annehmen«, versprach er.
Damit rührte er an einer Wunde in Falkos Herzen. »Warum muss Giso denn in Rom bleiben?«
»Er wird auf Befehl des Fürstbischofs dessen Belange beim Heiligen Stuhl wahrnehmen. Sorgt Euch nicht um ihn. Giso trägt einen klugen Kopf auf den Schultern, und ich habe Freunde in wichtigen Positionen, denen ich ihn bereits empfohlen habe. Sie haben mir versprochen, sich dafür einzusetzen, dass er zum Prälaten ernannt wird. Ihr werdet sehen, Euer Freund macht hier in Rom Karriere.«
»Und wird womöglich noch selber Papst«, versuchte Falko zu spötteln und wischte sich über die feucht werdenden Augen.
»Das vielleicht nicht, aber Bischof und später möglicherweise sogar Kardinal. Doch nun verabschiedet Euch von ihm. Die Zeit verstreicht, und Ihr wollt Rom gewiss nicht erst bei Dunkelheit verlassen.« Pater Luciano versetzte Falko einen aufmunternden Schlag auf die Schulter und ging weiter, um den restlichen Mitgliedern der Reisegruppe Lebewohl zu sagen.
Falko trat auf Giso zu und umarmte ihn. »Ich wünsche dir alles Glück der Welt«, flüsterte er.
»Ich dir auch!« Mit aller Selbstbeherrschung zwang Giso sich ein Lächeln auf und wies nach Norden. »Wenn du wieder in Kibitzstein bist, dann bete ein Vaterunser am Grab meiner Eltern und sage meiner Mutter, dass es mir gutgeht und Michi bald wieder Vater sein wird. Grüße auch meine Schwestern und Dietmar. Wenn Gott will, werden wir uns wiedersehen.«
Nun konnte Giso die Tränen nicht mehr zurückhalten. Auch die anderen weinten, allen voran Mariangela, die alles hinter sich lassen musste, was sie einmal geliebt hatte. Ihre Mutter und ihre Ziehmutter hatten sich
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