Toechter Der Suende
du deinen Verlobten, den ehrenwerten Cirio d’Specchi, in aller Öffentlichkeit lächerlich machst und über ihn spottest. Dies ist ein zutiefst verabscheuungswürdiges Verhalten! Dafür wirst du Buße tun und vor der Heiligen Madonna in Santa Maria Maggiore Besserung geloben!«
Wenn Kardinal Orsini geglaubt hatte, er könnte seine Nichte mit diesen Worten zur Einsicht bewegen, so irrte er sich. Francesca war weniger denn je bereit, sich so zu benehmen, wie ihre Eltern und besonders ihr Verlobter es von ihr verlangten. Sie schob die Unterlippe vor und sah den in roten Samt und gleichfarbige Seide gekleideten geistlichen Herrn herausfordernd an. »Es ist nicht mein Wunsch, einen d’Specchi zu heiraten, Euer Eminenz!«
»Seit wann gelten die Wünsche eines Mädchens, wenn ihr Vater sie verheiraten will?«, fuhr der Kardinal sie an und strich sich dabei unbewusst über die makellos schwarzen Haare, als fürchte er, sie würden vor Ärger grau werden.
»Hätte mein Vater einen wirklich edlen Herrn zu meinem Verlobten bestimmt, würde ich diesen mit Freuden heiraten. Die d’Specchis sind jedoch eine Sippe von Schreibern und Notaren, die einst aus der Provinz gekommen sind und sich mit Müh und Not das niedrigste Adelsprädikat erworben haben.« Nur nicht nachgeben, sagte Francesca sich. Wenn sie den Kardinal nicht umstimmen konnte, würde sie sich an das Oberhaupt ihrer Familie wenden. Die nächsten Worte des Kardinals zerstörten jedoch ihre Hoffnung.
»Diese Heirat ist der Wunsch des Herzogs!«
Wenn der Duca di Gravina auf dieser Ehe bestand, würde sie sich auf Dauer nicht dagegen stemmen können. Einen Augenblick lang wollte Francesca schon aufgeben, dann aber richtete sie sich auf und schob das Kinn nach vorne. »Cirio d’Specchi ist einer Orsini nicht würdig! Ich würde eine Mesalliance eingehen, die selbst auf das Wappen Seiner Gnaden einen Schatten würfe!«
»Du verteidigst dich geschickt, ragazza« , antwortete der Kardinal in widerwilliger Anerkennung. »Doch diese Heirat wurde von unserem Sippenoberhaupt bestimmt. Auch wenn ich selbst zugeben muss, dass die d’Specchis nicht gerade dem Hochadel angehören, so handelt es sich doch um eine ehrenwerte Familie. Zudem wird dein Bräutigam bald höher in der Gunst Seiner Heiligkeit emporsteigen und einen Titel verliehen bekommen, der auch dich zufriedenstellen wird.«
»Bis dorthin bin ich eine schlichte Signora, die vor der Tür stehen bleiben und warten muss, bis eine Nobildonna, Baronessa oder Viscontessa vor ihr eingetreten ist, während ich bislang den Vortritt vor jeder anderen Contessa fordern konnte!«
Diesem leidenschaftlichen Appell vermochte Latino Orsini sich nicht zu entziehen. Doch was sollte er tun? Herzog Giacomo Orsini hatte bestimmt, dass Cirio d’Specchi für seine Verdienste und für die seines Vaters die Hand einer Verwandten aus einem unbedeutenden Seitenzweig erhalten sollte. Daher war die Wahl auf Francesca gefallen.
»Niemand wird einer geborenen Orsini den Vortritt verweigern«, sagte er in dem Versuch, seine Nichte zu beruhigen.
»Alle werden über mich lachen!« Francesca brach in Tränen aus.
Bei ihrem Vater verfing diese Taktik jedes Mal. Der Kardinal erwies sich jedoch als härterer Brocken. Im Grunde war das Mädchen eine Fremde für ihn, die zufällig den gleichen Namen trug und die er in seinem bisherigen Leben vielleicht ein halbes Dutzend Mal gesehen, aber nie beachtet hatte.
»Niemand wird es wagen, über eine Orsini zu spotten!«, erklärte er und sah sie scharf an. »Du wirst gehorchen, verstehst du mich? Der Herzog will es so! Auch dein Vater und ich dürfen seinen Willen nicht missachten.«
Francesca spürte, dass ihr nichts anderes übrigblieb, als ein kleines Stück einzulenken. »Also gut, ich werde Cirio d’Specchi heiraten!«
Der Kardinal atmete bereits auf, da setzte das Mädchen mit einem feinen Lächeln hinzu: »Allerdings erst dann, wenn Seine Heiligkeit ihm einen Adelsrang verliehen hat, der es mir ermöglicht, ihn ohne Scham zum Manne zu nehmen.«
»Verfluchtes Weibsbild!« Latino Orsini hob die Hand, als wolle er Francesca schlagen.
Im nächsten Moment aber begriff er, dass gerade diese Forderung sie unangreifbar machte. So, wie die Familie d’Specchi derzeit dastand, war eine Ehe mit deren Spross für seine Nichte tatsächlich ein tiefer Fall in Rang und Ansehen. Ganz Rom würde es verstehen, wenn sie dem Priester bei der Zeremonie ihr Nein entgegenschleuderte.
»Ich werde deine
Weitere Kostenlose Bücher