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Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Seitenwand der Sänfte geöffnet hatte. Dann stieg sie aus und blickte sich noch einmal zu den Buden aus Holz und Leinwand um, die ihr so verlockend erschienen.
    »Herrin, zur Kirche geht es in diese Richtung«, mahnte Annunzia, die die Sänftenträger bezahlte.
    »Sollen wir auf die Dame warten?«, fragte einer, da ihm das Trinkgeld zusagte.
    Bevor Annunzia das Wort ergreifen konnte, schüttelte Francesca den Kopf. »Nein, das würde zu lange dauern.«
    Bei diesen Worten raffte sie ihr Kleid, damit es nicht über den schmutzigen Boden schleifte, stieg die wenigen Treppen zu dem von zwölf Säulen getragenen Portikus von Santa Maria Maggiore hoch und trat ein.
    Im Innern der Kirche war es düster, und so dauerte es eine Weile, bis ihre Augen sich an das spärliche Licht gewöhnt hatten. Nur wenige Gläubige beteten in dem großen Gotteshaus, und als Francesca nach vorne ging und vor dem Altar niederkniete, eilte sofort ein Geistlicher herbei und fragte, ob sie beichten wolle.
    Francesca schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, hochwürdiger Vater, ich will nur meine Gebete an unsere Herrin im Himmel richten!«
    Zu ihrer Erleichterung zog der Priester sich sofort zurück und ließ sie allein. Als sie jedoch zu dem Bildnis der Muttergottes mit dem Jesuskind über dem Altar aufblickte, wollte keine fromme Stimmung in ihr aufsteigen.
    Statt der Gottesgebärerin sah sie Kardinal Latino Orsini vor sich und hörte noch einmal dessen mahnende Worte. Es mochte sein, dass er im Recht war und sie die Heirat mit Cirio d’Specchi klaglos hinnehmen musste. Doch alles in ihr bäumte sich gegen diese Ehe auf. Zwar war ihr Verlobter ein gutaussehender junger Mann, doch in seinem Wesen lag etwas, was sie abstieß. Möglicherweise war ihr Abscheu zum guten Teil in der Hast begründet, mit der die d’Specchis die Heirat betrieben.
    Diesen ging es hauptsächlich darum, die Chancen ihrer noch unvermählten Töchter Clementina, Concettina und Cristina auf dem Heiratsmarkt zu erhöhen. Ohne die offizielle Verbindung zur Familie Orsini würden nur Männer im Stand eines Notars oder kleinen Beamten der Stadt oder des Heiligen Stuhles um die drei anhalten. Mit ihr als Schwägerin konnten sie auf bessere Bewerber hoffen.
    Dafür aber wollte Francesca sich nicht opfern. Anstatt hier in der Kirche ihren Seelenfrieden zu finden, wuchs ihre Wut, und sie nahm sich vor, den d’Specchis jeden Tort anzutun, der in ihren Möglichkeiten lag. Mit diesem Gedanken erhob sie sich schließlich, knickste vor dem Marienbild und verließ die Basilika mit so zornglühenden Augen, dass Annunzia erschrocken das Kreuz schlug.
    »Herrin, wir sollten jetzt eine Sänfte rufen, die Euch nach Hause bringt«, schlug sie vor.
    Francesca antwortete ihr nicht, sondern steuerte auf den kleinen Jahrmarkt zu. Dort standen bereits die beiden Diener. Sie hielten je einen Becher in der Hand und sahen den Akrobaten zu.
    Francesca trat ebenfalls unter die Zuschauer und klatschte Beifall, als ein junger Bursche, der ihr gerade bis zur Taille reichte, trotz seiner kurz geratenen Beine einen Salto schlug. Eine Frau, die ebenso wie der Akrobat zwergenhaft gewachsen war, ging anschließend mit einem Tamburin in der Hand reihum und sammelte das Geld ein.
    Der neapolitanische Edelmann Antonio Caraciolo, den Francesca als Gast in ihrem Elternhaus kennengelernt hatte, zeigte der Zwergin lachend einen Dukaten. »Den bekommst du, wenn du hier auf der Stelle einen Handstand machst und so lange in dieser Stellung bleibst, bis ich bis zehn gezählt habe!«
    Die Augen der Zwergin glitzerten begehrlich, denn die Münze war mehr wert als all das, was sie sonst in einer Woche von ihren Zuschauern erhielt.
    Trotzdem hatte sie Bedenken. »Was ist, wenn Ihr so langsam zählt, bis mir die Arme schwer werden und ich mich nicht mehr halten kann?«
    »Das würde ich niemals tun!«, antwortete Antonio Caraciolo lachend und wies auf Francesca, der er zur Begrüßung kurz zunickte. »Wenn du willst, soll diese Dame hier für mich zählen. Seid Ihr dazu bereit, Contessa?«
    Francesca nickte lächelnd. »Gerne, edler Herr!«
    Zum Dank sah der Neapolitaner sie so strahlend an, dass ihre Laune sofort wieder stieg. Antonio Caraciolo war nicht nur ein gutaussehender junger Mann, sondern auch von so hohem Rang, dass sie einer Heirat mit ihm jederzeit zugestimmt hätte. Sie erinnerte sich an all die Belehrungen, die ihr ihre Eltern und nicht zuletzt der Kardinal eingetrichtert hatten und die sie mit wachsendem

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