Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
verdammten Vieh den Hals umgedreht und einen Eintopf draus gemacht. Auch deinem Vater habe ich einen Teller davon vorgesetzt. Er meinte, etwas Besseres hätte er in seinem ganzen Leben nicht gegessen.« Mit einem herzlichen Lachen drückte sie Maggie den Teller in die Hand.
»Und, stimmte das?«
»Das Fleisch war fasrig und zäh wie Schuhleder. Aber Tom hat den Teller bis auf den Grund geleert. Gott segne ihn.«
Also machte sich auch Maggie über ihren Teller her, denn es gab für sie nichts anderes zu tun als weiterzuleben wie bisher. Sie lauschte den Geschichten und wartete mit ein paar eigenen Erzählungen auf. Als die Sonne unterging und sich die Küche zu leeren begann, setzte sie sich, den Welpen auf dem Schoß, auf einen Stuhl.
»Er wurde geliebt«, sagte sie.
»Allerdings.« Brianna stand mit einem Geschirrtuch neben dem Herd, und in ihren Augen stiegen Tränen auf. Es war niemand mehr da, den sie versorgen konnte, nichts, das ihre Hände und ihre Gedanken beschäftigt hielt, und die Trauer attackierte ihr Herz wie ein zorniger Bienenschwarm. Um sich noch eine Weile abzulenken, begann sie, die gespülten und abgetrockneten Teller in den Schränken zu verstauen.
Sie war gertenschlank und bewegte sich auf eine kühle, beherrschte Art. Mit dem nötigen Geld hätte sie vielleicht eine
Ausbildung als Tänzerin gemacht. Ihr goldblondes, dichtes Haar war zu einem ordentlichen Knoten zusammengesteckt, und eine weiße Schürze bedeckte ihr schlichtes schwarzes Kleid.
Maggies Haar hingegen fiel ihr in feuerroten Locken ums Gesicht, und sie hatte einen ungebügelten Rock und einen löchrigen Pullover an.
»Ich glaube nicht, daß das Wetter morgen aufklaren wird.« Brianna hatte die Teller in ihren Händen vergessen und starrte durchs Fenster in die stürmische Nacht hinaus.
»Wohl nicht. Aber trotzdem werden die Leute kommen, genau wie sie heute gekommen sind.«
»Und anschließend haben wir sie wieder alle hier zu Gast. Wir haben noch so viel Essen übrig, ich weiß gar nicht, was ich mit all den Sachen anfangen soll …« Briannas Stimme verklang.
»Ist sie überhaupt auch nur für eine Minute aus ihrem Zimmer gekommen?«
Einen Moment lang stand Brianna reglos da, ehe sie die Teller sorgfältig aufeinanderzustapeln begann. »Sie fühlt sich nicht wohl.«
»O Gott, komm mir nicht mit so etwas. Ihr Mann ist tot, und jeder, der ihn kannte, war heute hier. Und sie bringt es noch nicht einmal über sich, so zu tun, als ginge sie die Sache etwas an.«
»Natürlich nimmt Dads Tod sie mit.« Briannas Stimme klang angespannt. Eine Auseinandersetzung wäre in diesem Augenblick, in dem ihr Herz vor Schmerz wie ein Tumor angeschwollen war, einfach zuviel für sie. »Schließlich hat sie mehr als zwanzig Jahre mit ihm zusammengelebt.«
»Und sonst kaum etwas. Warum mußt du sie immer verteidigen? Sogar jetzt?«
Brianna umfaßte den Teller in ihren Händen so fest, daß sie sich wunderte, weshalb er nicht zerbrach. Ihre Stimme jedoch blieb vollkommen vernünftig und ruhig. »Ich verteidige niemanden,
sondern spreche lediglich die Wahrheit aus. Können wir nicht Frieden wahren? Können wir nicht ein einziges Mal Frieden wahren in diesem Haus, wenigstens, bis er begraben ist?«
»In diesem Haus wurde noch niemals der Frieden gewahrt«, sagte Maeve aus Richtung der Tür. Ihr Gesicht wies nicht die geringste Spur von Tränen auf, sondern war wie immer von der ihr eigenen Kälte und Härte und Unerbittlichkeit geprägt. »Dafür hat er schon gesorgt. Er hat zu Lebzeiten dafür gesorgt, so wie er es immer noch tut. Selbst als toter Mann macht er mir das Leben schwer.«
»Sprich nicht über ihn.« Maggie hatte sich den ganzen Tag beherrscht, aber nun brach ihr Zorn sich Bahn, als schleudere man einen kantigen Stein durch dünnes Glas. Sie sprang so plötzlich von ihrem Stuhl, daß der Welpe erschrocken unter den Küchentisch floh. »Wag es ja nicht, schlecht von ihm zu sprechen, wenn ich in der Nähe bin.«
»Ich spreche von ihm, wie es mir gefällt.« Maeve zog ihr Umhängetuch fester um ihre Schultern. Es war aus Wolle, dabei hatte sie immer Seide gewollt. »Sein Leben lang hat er mir nichts als Kummer gemacht. Und nun, da er tot ist, ist es mit dem Elend immer noch nicht vorbei.«
»Ich sehe keine Tränen in deinen Augen, Mutter.«
»Das wirst du auch nicht, denn weder im Leben noch im Tod will ich eine Heuchlerin sein, sondern immer nur sagen, was die Wahrheit ist. Für das, was er mir heute angetan hat, wird er
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