Töchter des Windes: Roman (German Edition)
an seinen Mund. »Danke für die Suppe.«
»Gern geschehen«, sagte sie verwirrt, und: »Schlafen Sie gut.«
Das täte er zweifellos. Brianna hatte kaum die Tür hinter sich zugezogen, als er seine Kleider abstreifte und sich nackt unter die Decke schob. Die Luft war von einem schwachen Fliederduft und von einem Geruch erfüllt, der ihn an eine Sommerwiese erinnerte und der ihm bereits aus Briannas Haaren in die Nase gestiegen war.
Lächelnd schlief er ein.
2. Kapitel
E s regnete immer noch. Das erste, was Gray bemerkte, als er am nächsten Morgen die Augen öffnete, war die Düsterheit, die keine Tageszeit erkennen ließ. Die alte Uhr auf dem steinernen Kaminsims stand auf Viertel nach neun, doch er war optimistisch genug anzunehmen, daß es nicht Abend, sondern Morgen war.
Letzte Nacht hatte er sich den Raum nicht genauer angesehen. Die Müdigkeit und der hübsche Anblick von Brianna Concannon, wie sie sein Bett machte, hatten sein Hirn umnebelt. Also unterzog er sein Zimmer jetzt einer eingehenden Musterung, während er noch gemütlich unter der kuschlig warmen Decke lag. Die Tapeten an den Wänden erweckten den Eindruck, als rankten sich winzige Veilchen und Rosenknospen vom Boden zur Decke hinauf. Das Feuer, das inzwischen verloschen war, hatte in einem steinernen Kamin geflackert, und in einer bemalten Kiste daneben wurden Torfbriketts aufbewahrt.
Der antike, robuste Schreibtisch war auf Hochglanz poliert, und auf seiner Platte standen eine Messinglampe, ein altes Tintenfaß und eine Glasschüssel, die ein duftendes Potpourri enthielt. Auf dem Ankleidetisch, über dem ein Spiegel hing, stand eine Vase mit getrockneten Blumen, und der kleine Beistelltisch wurde von zwei blaßrosa bezogenen Sesseln flankiert. Auf dem Boden lag ein geflochtener Teppich, der die gedämpften Töne des Raums und der Wildblumendrucke an den Wänden wiedergab.
Gray lehnte sich gähnend gegen das Kopfbrett seines Betts. Er brauchte keine Gemütlichkeit, wenn er arbeitete, aber er schätzte sie durchaus. Alles in allem fand er, hatte er gut gewählt.
Er dachte daran, sich noch einmal auf die Seite zu rollen und weiterzuschlafen. Er hatte die Käfigtür noch nicht hinter sich zugemacht – eine Analogie, die er häufig verwendete, wenn er von seiner schriftstellerischen Arbeit sprach. Kühle, verregnete Vormittage waren überall auf der Welt dazu bestimmt, daß man sie im Bett verbrachte. Aber dann dachte er an seine Wirtin, die hübsche Brianna mit dem rosigen Gesicht, und die Neugier auf sie veranlaßte ihn, die Füße eilig auf den kalten Boden zu stellen und aufzustehen.
Wenigstens ist das Wasser heiß, dachte er, als er, noch nicht ganz wach, unter der Dusche stand. Und die Seife duftete leicht nach Pinienwald. Auf seinen zahllosen Reisen hatte er schon etliche Male eiskalt geduscht. Die schlichte Gemütlichkeit dieses Badezimmers und die weißen, zart bestickten Handtücher jedoch sorgten dafür, daß er innerhalb kürzester Zeit bester Stimmung war. Obgleich er in fast jeder Umgebung, egal, ob in einem Zelt in der Wüste von Arizona oder in einem schwülstigen Hotel an der Riviera, zu Hause war. Gray bildete sich gern ein, daß er die Schauplätze der Handlungen seiner Romane an seine Bedürfnisse anzupassen verstand – es sei denn, natürlich, seine Bedürfnisse änderten sich.
Während der kommenden Monate, dachte er, wäre diese gemütliche Pension in Irland genau das richtige für ihn. Vor allem, da die Wirtin von überraschendem Liebreiz war. Schönheit war immer ein Plus.
Er sah keine Veranlassung, sich zu rasieren und zog sich Jeans und ein zerrissenes Sweatshirt an. Da der Wind nachgelassen hatte, würde er im Anschluß an das Frühstück ein bißchen spazierengehen, um sich die nähere Umgebung anzusehen.
Aber zunächst einmal nähme er ein gemütliches Frühstück ein.
Es überraschte ihn nicht, daß er sie in der Küche fand. Der Raum – der aufgeheizte Ofen, die hellen Wände, die sauberen und aufgeräumten Arbeitsflächen – wirkte wie für sie gemacht.
Heute morgen hatte sie ihr Haar hochgesteckt, wahrscheinlich, weil sie den Knoten auf ihrem Kopf praktischer fand. Und vielleicht war er das auch, dachte Gray, obwohl das Praktische durch die Strähnen, die sich gelöst hatten und sanft um ihren Hals und ihre Wangen flatterten, etwas ungemein Verführerisches bekam.
Doch es war wohl nicht unbedingt von Vorteil, wenn er derartige Gedanken mit seiner Wirtin verband.
Sie buk irgend etwas, und der
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